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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 12
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Zur internationalen Kunstausstellung in Mannheim
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Der Badische Kunstverein
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Das neue Künstlerhaus in Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0163

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heft s2.

Die Werkstatt der Kunst.

f59

So also denkt man in Mannheim! Glänzend
beweist inan damit, inwiefern man dort die innere
Berechtigung besitzt, sofort mit „internationalen"
Kunstausstellungen vor die Nation zu treten oder
in der Mannheimer Sprache: „ein Bild der ge-
samten künstlerischen Produktion aller
Kulturstaaten vorzuführen", denn der Mund
muß natürlich recht voll genommen werden. Eben
weil man in Deutschland einem Ausländer die
geforderten 30 000 M., ohne mit der Wimper zu
zucken, sofort auf den Tisch legt, dagegen den
Pfennig zehnmal umdreht, ehe man einem be-
scheidenen, jedoch nicht minder tüchtigem Deutschen
5000 M. opfert, deswegen allerdings, aus dieser
unseligen, ja rasenden Sucht, sich vor dem Aus-
lande auf die Kniee zu werfen, aus diesem Grunde
wird die Konkurrenz des Auslandes den deutschen
Künstlern zum Verderben, deswegen wünscht man
sie nicht, daher einerseits die Proteste gegen das
Mannheimer Unternehmen, sowie überhaupt generell
gegen die „internationalen" Ausstellungen.
Ferner: was denn bei uns nationale
Kunst sei?, so fragt man im Lande Pans
Thomas! wer mag denn überhaupt der Kunst-
kenner sein, bei welchem sich die Zeitung ihre
Wissenschaft über das gegenwärtige Vorhandensein
deutscher Kunst in Deutschland geholt hat? Den Satz
„daß von einer nationalen, d. h. von deutschem
Geiste getragene und deutschen Geist verewi-
gende Schöpfung sehr wenig zu sehen ist" —
einen solchen Satz schreibt eine deutsche Zeitung.
Im Namen der deutschen Künstlerschaft, welcher auf
diese Weise für ihre mühsame Arbeit im Dienste
unserer nationalen Kultur ein Kompliment aller-
ersten Ranges gemacht wird, quittieren wir dankend
für diese Kritik aus einem Lande am Rhein? was
sagt, nebenbei bemerkt, der dortige „Verband der
Kunstfreunde in den Ländern am Rhein" dazu? In:
übrigen hören sich die Mannheimer Worte in ihrer
Gesamtheit ganz besonders schön an in einen:
Augenblick, in welchem der Kanzler des Deutschen
Reiches uns aufs neue ganz kolossal vor Augen
geführt hat, wessen wir uns über kurz oder lang vor
dem Auslande zu versehen Habei: werden. Die
ganze Entgegnung charakterisiert sich ohne Zweifel
überhaupt sogleich iu der ersten Zeile: Animo-
sität nennt man die Entrüstung und Empörung
der Künstlerschaft. Möge man ii: Mannheim nur
fortfahren, sich so zu verteidigen! Die „Werkstatt
der Kunst" will auch fernerhin gerne dazu bei-
tragen, die deutsche Künstlerschaft von solchem
Kunstverständnis eingehend zu unterrichte::.
Oer Oaäiscke Runstverem
hat seit Mitte November in den früheren Ladenränmen des
ersten Stocks seines Vereinshauses in Karlsruhe eine Ver-
kaufsstelle für Werke in Baden ansässiger Künstler er-
richtet. Die Verkaufsstelle beabsichtigt zwischen Kauflustigen
und Künstlern engere Beziehungen herbeizuführen und will

nicht nur im allgemeinen für den Verkauf der eben einge-
lieferten Werke bemüht sein, sondern im besonderen den Wün-
schen von Kauflustigen nachkommen, „wenn solche bezüglich
Urheber, Gegenstand und Preislage laut werden", während
in der ständigen Ausstellung des oberen Stockwerks Kunst-
werke nur in der kurzen Zeit bis zu drei Wochen Aufstellung
finden können, soll in der Verkaufsstelle dem Künstler Ge-
legenheit gegeben werden, dem Publikum Einblick in sein
Schaffen zu bieten durch Ausstellung von Skizzen, Studien
und früher gezeigten Werken in unbeschränkter Zahl und Zeit.
Es kann das sowohl durch Einsendung mehrerer Arbeiten auf
einmal, als auch durch öfteren Wechsel mit Einzelwerken er-
reicht werden. Die Verkaufsstelle ist werktäglich von 9—6 H2 Ahr
bei freiem Eintritt für jeden eröffnet.
Es ist hiermit ein praktischer Versuch unternommen,
den Künstlern zur Selbsthilfe im verkauf Gelegenheit
zu geben. Das Unternehmen wird durch Einsendungen nahm-
hafter Künstler unterstützt und findet auch namentlich Anklang
bei solchen Kunstliebhabern, die nicht gern direkt in das Atelier
des Künstlers gehen. K. H.
Das neus Kimstlerbaus m Nürnberg.
Man schreibt uns aus München:
Unter den: Titel „Das neue Künstlerhaus
in Nürnberg" unterzieht der Vrtsverband Nürnberg
der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft in
Pest fO der „Werkstatt der Kunst" die mehr als
80jährige Tätigkeit des Kunstvereins München fol-
gender liebenswürdigen Kritik:
„Eiue pebung des Kunstlebens ist aber doch nur
dann möglich, wenn Ausstellungen veranstaltet werden
können, wir denken dabei nicht an den Umfang der
Münchner Iahresausstellungen, sondern an kleinere Aus-
stellungen von einzelnen Künstlern oder Künstlergruppen,
wofür einige Säle vollständig genügen. Daß diese pebung
des Kunstlebens dem Albrecht Dürer-Verein bis jetzt nur
sehr wenig gelungen ist, das werden alle bezeugen können,
welche es mit der Kunst ehrlich meinen. Die Verhältnisse
liegen in München ähnlich. Niemand wird dort behaupten
wollen, daß der Ruf Münchens als Kunststadt dem dor-
tigen Kunstverein zu verdanken sei, der eine ähnliche Rolle
wie der hiesige Albrecht Dürer-Verein spielt."
Der Verfasser dieser Zeile:: scheint sich etwas
unklar darüber zu sein, daß „die Kunst heben" und
„eine Stadt zur Kunststadt machen", zwei grund-
verschiedene Dinge sind. Ersteres ist einen: einzelnen
Verein erreichbar, letzteres ist für ihn überhaupt
unmöglich. Der Kunstverein München hat einem
solchen Phantom ja auch nie nachgejagt.
Daß München seinen Ruf als Kunststadt neben
seinen Museen und Galerien einzig und allein
seiner hervorragenden, rastlos vorwärtsstrebenden
Künstlerschaft verdankt, die sich, gestützt von dem
Interesse eines kunstsinnigen perrscherhauses, herrlich
entfalten konnte, sollte man als bekannt voraus-
setzen dürfen.
Den: Kunstverein München wird man aber
daran: gerechterweise doch noch nicht das Verdienst
absprechen dürfen, in Münchens Mauern ein kunst-
fördernder Faktor ersten Ranges zu sein. Seine
Säle waren Jahrzehnte hindurch die einzigen Träger
des Kunstlebens in München, wo Künstler und
Kunstfreunde einander nähertraten, sich gegenseitig
verstehen und schätzen lernten. Damals war es ein
 
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