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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 24
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Der Leipziger Künstlerverein und seine Stiftung
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Aus unserem Beschwerdebuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0333

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Die Werkstatt der Kunst.

329

Heft 2H.

Ich hatte bisher zu allen Kundgebungen des Künstler-
vereins geschwiegen, auf die Gefahr, daß die Sache
für mich nur mündlich ungünstig dargestellt wurde.
Ich hätte weiter geschwiegen, wenn nicht diese ge-
druckte Erklärung mich öffentlich in ungünstiges Licht
zu stellen strebte. Ich halte nun eine Klarstellung
vorläufig dieses einen Punktes für nötig, wenn ich
nicht gezwungen werde, das bisherige Material zu
ergänzen. Die mich betreffenden Worte des Leip-
ziger Künstlervereins in Heft Nr. 5 der „Werk-
statt der Kunst" lauteten: „Zwischen den Herren
Pros. Seffner und Prof. Seliger (der übrigens da-
mals gar nicht dem Künstlerbunde angehörte) be-
standen allerdings persönliche Differenzen. Herr Prof.
Seffner unterbreitete diese dem Lhrenrate des Künstler-
vereins, worauf Herr Prof. Seliger seinen Austritt
erklärte. Auch daraus läßt sich wohl kaum ein Vor-
wurf gegen Herrn Prof. Seffner herleiten." Daß
der Herr Vorsitzende des Künstlervereins unsere per-
sönlichen Differenzen einem Lhrenrate unterbreitet
hat, daß ein Ehrenrat in Aktion getreten ist, ist
mir nicht bekannt. Mein Austritt erfolgte vorher,
da ich auch ein Fehmgericht, dessen Zusammensetzung
und Verfahren den Mitgliedern unbekannt ist, nicht
als Gericht anerkenne, vor allem aber, weil ich ein
grundsätzlicher Gegner geheimer Verhandlungen bin.
Aus den folgenden Briefen ist ersichtlich, daß ich
sowohl eine öffentliche Behandlung der Sache im
Künstlerverein mit Benützung der Zeugen der General-
versammlung, als auch eine öffentliche gerichtliche
Verhandlung dem Vorsitzenden zur Wahl stellte.
Am 26. November erklärte ich zwei Gesandten des
Vorsitzenden des Künstlervereins mündlich: Ich sei
mir keiner Beleidigung gegen den Vorsitzenden be-
wußt, ich hätte, was meiner bisherigen Haltung
entspräche, dazu auch nicht die geringste Ursache
und Absicht haben können. Hieraus schrieben die
Vermittler am H Dezember: Meine Erklärung ge-
nüge dem Vorsitzenden nicht und der Vorstand müsse
zu seinem Bedauern nun den Ehrenrat in Kraft
bringen. Unmittelbar darauf wurden folgende Briefe
gewechselt:
An den Vorstand des Leipziger Künstlervereins.
Leipzig, den Dezember
Den Vorstand des Leipziger Künstlervereins bitte ich
davon Kenntnis zu nehmen, daß ich beabsichtige, an dem
nächsten Vereinsabend, Montag, den z. Dezember, 9 Uhr,
eine Erklärung abzugeben, die den Herrn Vorsitzenden und
mich betrifft.
(gez.) Prof. M. Seliger.
Mein Vorhaben wurde dadurch vereitelt, daß
der Vorsitzende nicht erschien, vom Vorstand nur
zwei Herren, die gar nicht amtlich in Aktion traten,
vom Verein ebenfalls nur wenige Herren, von denen
ich zwei als Zeugen der Generalversammlung ge-
beten hatte. Deshalb unterließ ich meine Erklärung
und schrieb den folgenden Bries an jene abgesandten
zwei Vorstandsmitglieder des Prof. Seffner, die
Herren Wustmann und Zeissig:

Leipzig, am 2. Dezember tchOH.
Hochgeehrte Herren l
Da ich eine Beleidigung meinerseits gegen den Herrn
Vorsitzenden in der letzten Generalversammlung des Künst-
lervereins, wie schon gesagt, nicht anzuerkennen vermag,
da ich deshalb auch nichts zurückzunehmen oder zu bedauern
habe — vielmehr meine Auffassung völlig aufrecht erhalte,
überlasse ich dem Herrn Vorsitzenden, die Schritte zu tun,
die er für sich für nützlich hält.
Ich erkläre auch, daß ich einen geheimen Lhrenrats-
spruch in dieser Sache nicht anzuerkennen vermag, daß ich
vielmehr entschlossen bin, nur einem öffentlichen gericht-
lichen Urteil mich zu unterwerfen.
Ich erkläre zugleich, daß, was ich nächsten Montag
beabsichtigte zu tun, jetzt tue, daß ich hiermit meinen Aus-
tritt aus dem Künstlerverein nehme. Ich will einem Verein
nicht angehören, in dem Meinungen, die von denen des
Vorstandes abweichen, als Beleidigungen aufgefaßt werden.
— Meinen Austritt bitte ich dem übrigen Vorstand zur
Kenntnis zu geben.
In vorzüglicher Hochachtung
(gez.) Pros. M. Seliger.
Darauf erhielt ich als (Quittung folgende Zeilen:
Leipziger Künstlerverein.
Leipzig, am Dez. tstOH.
Hochverehrter Herr Professor!
Den Inhalt Ihres gefälligen Schreibens vom 2. d. M.
teilte ich dem Vorstande des Künstlervereins mit und bin
ich nun beauftragt, Ihnen unser großes Bedauern über
Ihren Austritt auszudrücken.
In vorzüglicher Hochachtung ergebenst
(gez.) G. Zeissig, z. Z. II. Schriftführer.
Kus unserem Vesck^erclebuck.
8t-cb. Der in diesen Tagen zur Erledigung ge-
langte Wettbewerb, künstlerische Ehrenpreise zur dies-
jährigen Herkomer-Konkurrenz betreffend, gibt uns
Veranlassung zu einigen Beanstandungen. Die öffent-
liche Bekanntmachung des Preisausschreibens erschien
in München am (0. Januar mit der Bestimmung,
daß die Entwürfe bis zum 5. Februar an den mit
der Abwicklung des Preisausschreibens von den drei
Automobilklubs beauftragten Bayerischen Kunst-
gewerbeverein abzuliefern seien, also innerhalb
einer Frist von nur dreieinhalb Wochen. Erregte
die Gewährung einer so kurzen Spanne Zeit sogleich
allgemeines Erstaunen und entschiedenen Unwillen
unter der Künstlerschast, so konnte jedoch für ein
solches Verfahren der genannte Verein nicht ver-
antwortlich gemacht werden. Nun aber erwartete
man wenigstens, daß, wenn offenkundig zur Erledi-
gung der gesamten Angelegenheit nur noch eine sehr-
kurze Zeit zur Verfügung stünde, das Urteil des
Preisgerichtes sofort bekannt gegeben werden würde,
damit die preisgekrönten Künstler ungesäumt sich mit
der Ausführung der Entwürfe befassen könnten, was
geschah indessen? Volle drei Wochen, bis zum
28. Februar, dauerte es, bis die Entscheidung des
Preisgerichtes den Preisträgern mitgeteilt wurde:
also fast ebensoviel Zeit, als man den Künstlern
zur Herstellung ihrer Entwürfe einräumte. Ist ein
 
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