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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 28
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Weiss, Emil Rudolf: Offener Brief an Herrn Extraneus
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0385

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LDw Werkstatt <>er Kunst

l^eäaktem: Hemrick Stemback.

V. Jakrg. He?1 28. * 9. April 1906.

In ctiesern LleUe unserer LeitsckrNt erteilen rvir j eciern Künstler clss freie Mort. Mir sorgen clasür, clss tunlickst keinerlei
Angriffe auf Personen ocler Eenossensckaften abgeclruckt tverclen, okne class vorker cler Angegriffene clie MögUUikeN gekabt
Kälte, in clernselben IZeftezu errviäern. Oie kieclaktion kält sick vollstänclig unparteiisck uncl gibt clurck» clen Abclruck keineswegs
.... - eine Nebereinstirnrnung rnit clen auf cliese Meis« vorgetragenen Meinungen zu erkennen.
Olkener Kriek an Herrn Extraneus.
von 6. k. Meiss.

Ich nenne diese Antwort einen „Offenen Brief",
verehrter Unbekannter, damit Sie wenigstens in for-
maler Hinsicht recht haben, wenn Sie sagen, ich
hätte Ihnen nichts „entgegnet". Ihre eigene letzte
„Entgegnung" läßt sich eingangs ganz sachlich an
und endet in der mehrfach versuchten Mohrenwäsche
der Karlsruher Ausstellung und ihrer Jury. Am
Ende des Endes hängt dann noch ein kleines
Schwänzchen, ein Satyrspielchen (damit auch dies
nicht fehle), dessen Kosten meine Person tragen
muß. Ich habe sehr darüber gelacht. Es liegt
mir nun nichts ferner, als die Streiterei um „inter-
national" oder „national" weiterzuführen, noch viel
ferner, meine Kritik der Karlsruher Vorkommnisse
aufzuwärmen. Was ich darüber zu sagen hatte,
habe ich deutlich genug gesagt. Ich will heute nur
noch ein paar der groben Entstellungen festnageln,
welche Sie sich geleistet haben.
Da ist es zum ersten nichts weiter als eine Be-
hauptung zu sagen, ich hätte gegen den Inhalt des
Thoma'schen Artikels nichts vorgebracht, als einen
„leeren" Hinweis auf veränderte Zeiten. Was ich
alles gesagt habe, lesen Sie, bitte, selbst nach. Ich
bin kein Wiederkäuer.
Zweitens schien mir das, was Thoma von
der notwendigen Unterbrechung der „abstumpfenden
Uniformierung der Ausstellungen" durch das Aus-
land sagt, kein Hauptsatz zu sein. Das ist eine per-
sönliche Anschauungsfrage. Eine Ausstellung kann
mit und ohne Ausland gut oder schlecht sein. Und
ich wüßte nicht, inwiefern die ewigen internationalen
Ausstellungen weniger abstumpfend wären, als die
nationalen, deren bis 6ato viel zu wenige waren,
als daß sie hätten abstumpfend wirken können. Tat-
sächlich waren sie interessanter für verständige, als
die internationalen, um nur diese Eigenschaft zu
nennen und von den wertvolleren ganz zu schwei-
gen. Die Abstumpfung des Beschauers ist außerdem
seine Privatangelegenheit und geht uns in unserer
Frage nichts an. Wie ich mir den Begriff der „Uni-
formierung" vollends vorzustellen habe, ist mir rätsel-
haft. Drittens ist es nicht nötig, daß alle Gelder
nur noch deutschen Künstlern zustießen. Es wird
dies vor allem durch den privaten Kun st Han del
nie der Fall sein. Sie werfen aber fröhlich und
schlau diesen und die Ausstellungen, von denen

die Sache handelt, in den einen Topf „Kunst-
markt". Manchem mögen Sie damit wohl Sand
in die Augen gestreut haben. Sie lassen aus der
Nationalisierung des „Kunstmarkts" mit der Zeit
viel ärgere Zustände folgen, als die heutigen sind.
Bleiben wir aber bei den Ausstellungen. Und bei
diesen handelt es sich wiederum in erster Linie um
die Ankäufe aus öffentlichen Mitteln, für die
Lotterien und die Galerien. Privatleute können
kaufen, was sie wollen.
Viertens: Warum gerade mein rein willkür-
licher vergleich zwischen Malerei und Bäckerei so
besonders charakteristisch sein soll für meinen Stand-
punkt und den meiner „Parteigänger", ist mir ein
Rätsel, für dessen Lösung ich Ihnen dankbar wäre.
In jenem, was Sie daran anknüpfend sagen, sind
wir uns wirklich so „klar und einig", daß ich mir
sedes weitere Wort darüber sparen kann. Ls wäre
schade für die Druckerschwärze, auf diese platten
Selbstverständlichkeiten zu antworten.
Fünftens: Es nützt uns allerdings nichts, wenn
wir „Pläne" darüber machen, wie wir das deutsche
Leben zu einem Kulturleben umwandeln können.
Da nützen nur Taten etwas. Und zwar jede, nicht
die auf morgen aufgesparte, sondern die heutige.
Denn sie wäre wenigstens ein Anfang.
Sechstens: Wo sprach ich einem „in sich abge-
schlossenen Provinzleben" das Wort? Ich bin Ihrer
Meinung darüber und über das in der Diaspora
lebende Publikum, das die Kunst besitzt. Aufgabe
aber gerade dieses Publikums, des offiziellen und
des privaten, ist es, die „anderen" durch das, was
ich eine „planvolle Kunstförderung" nannte, zu er-
ziehen. (Ich nenne Ihnen hier nochmals Lichtwark.
Lxempla ckocevi.) Zu erziehen für wen und für
was anders aber zuerst, als für ihm notwendige
und organische Zwecke, für nationale also! Und
ist die Kunst eines Volkes kein solcher? Kunst im
allerweitesten Sinn genommen? Einen einzigen Satz
knüpfen Sie da an, der mich freut: „Der geistige
Zusammenhang dieses Publikums und sein Einstuß
auf seine jeweilige Umgebung ist die Basis der zu-
künftigen Sicherstellung eines geistigen Deutschlands."
Na also! Aber sagte ich etwas anderes? Wer
und was aber diese „zukünftige Sicherstellung" för-
dert, das war's, was ich in meiner „Entgegnung"
 
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