Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0583
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Heft 42
DOI article:Die Kunst im Bayerischen Landtage
DOI article:Das Recht des Künstlers
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Heft 42.
Die Werkstatt der Kunst.
579
mag nur der, welcher das, was unsere Kunstaus-
stellungen in steigendem Maße jährlich bieten, nicht
kennt. Wir freuen uns, daß der Minister dieser Be-
hauptung mit solcher Energie entgegengetreten ist;
wir hoffen gleichzeitig, daß die Regierung über
unsere Kunst immer in dieser vorbildlichen weise,
wie sie es durch den Mund des Ministers verkün-
digen ließ, denken und daß sie diesen glänzenden
Worten auch die entsprechenden Taten folgen
lassen werde.
Vas Recbt äes Uimstlers.
Aus einer Reihe von Rechtsfragen, welche in
der letzten Zeit an uns gerichtet wurden, veröffent-
lichen wir nachstehend die folgenden mit ihrer Be-
antwortung:
Rönnen einem Künstler, wenn es bezüglich eines
Bildes zwischen Künstler und Auftraggeber zu einem Rechts-
streit gekommen ist, von feiten des Gerichtes in irgend einer
weise Vorschriften gemacht werden, zu welchem Preise die
künstlerische Leistung auszuführen sei?
Bei der vom Bürgerlichen Gesetzbuch normierten
Vertragsfreiheit kann der Künstler natürlich nicht ge-
zwungen werden, seine Arbeit zu einem bestimmten
Preis auszusühren. Hat er allerdings mit dem Be-
steller einen bestimmten Preis vereinbart, so ist er
nach tz 63s des B.G.B. zur Herstellung des ver-
sprochenen Werkes verpflichtet. Stets ist aber Vor-
aussetzung, daß der Künstler selbst den Preis bestimmt
hat. Anders liegt die Sache, wenn Streit darüber
entsteht, zu welchem Preis der Künstler das Werk
zu liefern habe, weil eine Vergütung nicht ausdrück-
lich vereinbart wurde. Nach A 632 ist dann bei
Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in
Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als
vereinbart anzusehen. Hier wird also das Gericht
meistens nach Vernehmung von Sachverständigen,
immer aber nach freiem Ermessen auszusprechen
haben, ob der vom Künstler geforderte Preis der
üblichen Vergütung entspricht. Ein Zwang auf den
Künstler, seine Arbeit zu einem bestimmten Preis
auszuführen, wird aber auch in diesem Lall vom
Gericht kaum ausgeübt werden, da ein Streit über
den Preis in der Regel erst entsteht, wenn das Werk
vollendet ist. Gleichwohl tut der Künstler gut daran,
ehe er seine Arbeit beginnt, Art und Höhe der Ver-
gütung genau festzulegen, damit er den Schutz des
Z 63 s beanspruchen kann.
2. Ist ein Auftraggeber nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch
verpflichtet, den bei Erteilung des Auftrages vom Künstler
im voraus bestimmten Preis, zu welchem sich der Künstler
einzig und allein bereit erklärte, den Auftrag auszuführen,
auch zu bezahlen, wenn der Auftraggeber nach der Vollen-
dung des Bildes sich mit demselben zufrieden erklärte, dies
ausdrücklichst betonte, das Bild abnahm und in seiner Woh-
nung aufhängte?
Der Besteller eines Bildes ist unter allen Um-
ständen verpflichtet, den vereinbarten Preis zu ent-
richten, wenn das Werk die Eigenschaften hat, dis
man billigerweise z. B. bei einein Porträt voraus-
setzen kann. Ist das Porträt nicht von dieser Be-
schaffenheit, so kann der Besteller die Beseitigung
der Mängel verlangen (ß 634 des B.G.B.). Hat
der Besteller sich mit dem Bild zufrieden erklärt, es
abgenommen und in seiner Wohnung aufhängen
lassen, so darf daraus in der Regel geschlossen wer-
den, daß der Besteller die Eigenschaften des Bildes
anerkannt hat. Man darf aber aus diesen Um-
ständen noch nicht folgern, der Besteller habe auf
die Geltendmachung von Mängeln verzichten wollen;
es kann auch möglich sein, daß sich Mängel des Bildes
erst später ergeben, z. B. wenn die Farbe sehr stark
nachdunkelt. Das Recht, Mängel zu rügen und die
Zahlung der Vergütung zu verweigern, ist also durch
ein derartiges Verhalten des Bestellers zwar erschwert,
aber nicht ausgeschlossen.
z. Darf ein Auftraggeber, welchem nach Ausführung des
Auftrages es plötzlich leid tut, die Bestellung erteilt und die
Forderungen des Künstlers genehmigt zu haben, dem Künstler
die Hälfte des vereinbarten Preises abziehen wegen kleiner,
in wenigen Stunden zu bewerkstelligenden Aenderungen, zu
welchen sich der Künstler gerne bereit erklärte?
wie sich aus der soeben erörterten Frage er-
gibt, ist der Besteller berechtigt, von dem Künstler
die Vornahme unerheblicher Aenderungen zu ver-
langen. Führt der Künstler diese Aenderungen aus
und billigt sodann der Besteller das Bild, so hat
der Künstler in gehöriger weise erfüllt und kann
die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne sich
einen Abzug gefallen lassen zu müssen.
H. Ist ein Künstler berechtigt, einen höheren Preis zu
fordern, wenn der Auftraggeber zum Zwecke des porträtierens
nicht, wie es sonst üblich, den Künstler im Atelier aufsucht,
sondern der Künstler den Auftraggeber in einem weitentfern-
ten Wohnort aufsuchen und dort sich längere Zeit aufhalten
muß, um zu warten, bis der Auftraggeber zur Sitzung Zeit hat?
Dem Maler, der ein Bild ausführt, können
auch Nebenverpflichtungen erwachsen. Allerdings
ist der Besteller primär nur zur Entrichtung der ver-
einbarten Vergütung verpflichtet. Aber das Prinzip
von Treu und Glauben, welches das B.G.B. (Z 242)
beherrscht, bringt es mit sich, daß der Besteller auch
zur Vergütung von Nebenauslagen, wie Reisen rc.,
verpflichtet sein kann. Ob für letztere eine beson-
dere Vergütung zu beanspruchen ist, kann nur nach
den Umständen des einzelnen Falles beurteilt wer-
den (Motive zum Entwurf eines B.G.B., Bd. II,
272). Beruhen die Nebenverpflichtungen auf Ver-
trag, so ist eben die zu ermittelnde Vertragsabsicht
maßgebend, wurde z. B. mit dem Künstler ver-
einbart, er müsse zur Aufnahme des Porträts größere
Reisen machen und hat der Künstler in Kenntnis
dieser Verpflichtung den Preis festgesetzt, so wird
er nichts weiter sordern dürfen. Hatte aber der
Künstler bei Vertragsabschluß hiervon keine Kennt-
nis und konnte sie auch nicht haben, und steht an-
dererseits zu erwarten, daß der Künstler bei Kennt-
nis dieser Neben Verpflichtungen einen höheren Preis
gefordert hätte, so kann er für verhältnismäßig hohe,
unvorhergesehene Auslagen Ersatz verlangen. All
Die Werkstatt der Kunst.
579
mag nur der, welcher das, was unsere Kunstaus-
stellungen in steigendem Maße jährlich bieten, nicht
kennt. Wir freuen uns, daß der Minister dieser Be-
hauptung mit solcher Energie entgegengetreten ist;
wir hoffen gleichzeitig, daß die Regierung über
unsere Kunst immer in dieser vorbildlichen weise,
wie sie es durch den Mund des Ministers verkün-
digen ließ, denken und daß sie diesen glänzenden
Worten auch die entsprechenden Taten folgen
lassen werde.
Vas Recbt äes Uimstlers.
Aus einer Reihe von Rechtsfragen, welche in
der letzten Zeit an uns gerichtet wurden, veröffent-
lichen wir nachstehend die folgenden mit ihrer Be-
antwortung:
Rönnen einem Künstler, wenn es bezüglich eines
Bildes zwischen Künstler und Auftraggeber zu einem Rechts-
streit gekommen ist, von feiten des Gerichtes in irgend einer
weise Vorschriften gemacht werden, zu welchem Preise die
künstlerische Leistung auszuführen sei?
Bei der vom Bürgerlichen Gesetzbuch normierten
Vertragsfreiheit kann der Künstler natürlich nicht ge-
zwungen werden, seine Arbeit zu einem bestimmten
Preis auszusühren. Hat er allerdings mit dem Be-
steller einen bestimmten Preis vereinbart, so ist er
nach tz 63s des B.G.B. zur Herstellung des ver-
sprochenen Werkes verpflichtet. Stets ist aber Vor-
aussetzung, daß der Künstler selbst den Preis bestimmt
hat. Anders liegt die Sache, wenn Streit darüber
entsteht, zu welchem Preis der Künstler das Werk
zu liefern habe, weil eine Vergütung nicht ausdrück-
lich vereinbart wurde. Nach A 632 ist dann bei
Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in
Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als
vereinbart anzusehen. Hier wird also das Gericht
meistens nach Vernehmung von Sachverständigen,
immer aber nach freiem Ermessen auszusprechen
haben, ob der vom Künstler geforderte Preis der
üblichen Vergütung entspricht. Ein Zwang auf den
Künstler, seine Arbeit zu einem bestimmten Preis
auszuführen, wird aber auch in diesem Lall vom
Gericht kaum ausgeübt werden, da ein Streit über
den Preis in der Regel erst entsteht, wenn das Werk
vollendet ist. Gleichwohl tut der Künstler gut daran,
ehe er seine Arbeit beginnt, Art und Höhe der Ver-
gütung genau festzulegen, damit er den Schutz des
Z 63 s beanspruchen kann.
2. Ist ein Auftraggeber nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch
verpflichtet, den bei Erteilung des Auftrages vom Künstler
im voraus bestimmten Preis, zu welchem sich der Künstler
einzig und allein bereit erklärte, den Auftrag auszuführen,
auch zu bezahlen, wenn der Auftraggeber nach der Vollen-
dung des Bildes sich mit demselben zufrieden erklärte, dies
ausdrücklichst betonte, das Bild abnahm und in seiner Woh-
nung aufhängte?
Der Besteller eines Bildes ist unter allen Um-
ständen verpflichtet, den vereinbarten Preis zu ent-
richten, wenn das Werk die Eigenschaften hat, dis
man billigerweise z. B. bei einein Porträt voraus-
setzen kann. Ist das Porträt nicht von dieser Be-
schaffenheit, so kann der Besteller die Beseitigung
der Mängel verlangen (ß 634 des B.G.B.). Hat
der Besteller sich mit dem Bild zufrieden erklärt, es
abgenommen und in seiner Wohnung aufhängen
lassen, so darf daraus in der Regel geschlossen wer-
den, daß der Besteller die Eigenschaften des Bildes
anerkannt hat. Man darf aber aus diesen Um-
ständen noch nicht folgern, der Besteller habe auf
die Geltendmachung von Mängeln verzichten wollen;
es kann auch möglich sein, daß sich Mängel des Bildes
erst später ergeben, z. B. wenn die Farbe sehr stark
nachdunkelt. Das Recht, Mängel zu rügen und die
Zahlung der Vergütung zu verweigern, ist also durch
ein derartiges Verhalten des Bestellers zwar erschwert,
aber nicht ausgeschlossen.
z. Darf ein Auftraggeber, welchem nach Ausführung des
Auftrages es plötzlich leid tut, die Bestellung erteilt und die
Forderungen des Künstlers genehmigt zu haben, dem Künstler
die Hälfte des vereinbarten Preises abziehen wegen kleiner,
in wenigen Stunden zu bewerkstelligenden Aenderungen, zu
welchen sich der Künstler gerne bereit erklärte?
wie sich aus der soeben erörterten Frage er-
gibt, ist der Besteller berechtigt, von dem Künstler
die Vornahme unerheblicher Aenderungen zu ver-
langen. Führt der Künstler diese Aenderungen aus
und billigt sodann der Besteller das Bild, so hat
der Künstler in gehöriger weise erfüllt und kann
die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne sich
einen Abzug gefallen lassen zu müssen.
H. Ist ein Künstler berechtigt, einen höheren Preis zu
fordern, wenn der Auftraggeber zum Zwecke des porträtierens
nicht, wie es sonst üblich, den Künstler im Atelier aufsucht,
sondern der Künstler den Auftraggeber in einem weitentfern-
ten Wohnort aufsuchen und dort sich längere Zeit aufhalten
muß, um zu warten, bis der Auftraggeber zur Sitzung Zeit hat?
Dem Maler, der ein Bild ausführt, können
auch Nebenverpflichtungen erwachsen. Allerdings
ist der Besteller primär nur zur Entrichtung der ver-
einbarten Vergütung verpflichtet. Aber das Prinzip
von Treu und Glauben, welches das B.G.B. (Z 242)
beherrscht, bringt es mit sich, daß der Besteller auch
zur Vergütung von Nebenauslagen, wie Reisen rc.,
verpflichtet sein kann. Ob für letztere eine beson-
dere Vergütung zu beanspruchen ist, kann nur nach
den Umständen des einzelnen Falles beurteilt wer-
den (Motive zum Entwurf eines B.G.B., Bd. II,
272). Beruhen die Nebenverpflichtungen auf Ver-
trag, so ist eben die zu ermittelnde Vertragsabsicht
maßgebend, wurde z. B. mit dem Künstler ver-
einbart, er müsse zur Aufnahme des Porträts größere
Reisen machen und hat der Künstler in Kenntnis
dieser Verpflichtung den Preis festgesetzt, so wird
er nichts weiter sordern dürfen. Hatte aber der
Künstler bei Vertragsabschluß hiervon keine Kennt-
nis und konnte sie auch nicht haben, und steht an-
dererseits zu erwarten, daß der Künstler bei Kennt-
nis dieser Neben Verpflichtungen einen höheren Preis
gefordert hätte, so kann er für verhältnismäßig hohe,
unvorhergesehene Auslagen Ersatz verlangen. All