Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0205
DOI Heft:
Heft 15
DOI Artikel:Das neue Künstlerhaus in Nürnberg
DOI Artikel:Anonyme Kunstausstellungen
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Ow vrerkltsn der ^unlt
keäaktem: Hemrick Stsmback.
V. ILkrg. HM iZ. 8. ^jsan. 1906.
In ctiessin ^sile unserer Leitscki-ist erteilen veir jeäsrn Künstler clsssreieMort. Mr sorgen ctsfür, äLS tunlickst keinerlei
Kngriiie Lus Personen ocler Eenossensckasten abge-lruckt veerclen, okne class vorder cler Angegriffene clis MögUckkeit gedabt
KLtts, in cleniselben IZefte;u erwiclern. Vie ksäaktion kält sicd vollstsnciig unparteiisck uncl gibt cluriS, clsn ^bclruck keineswegs
eins Nebereinstirnrnung init clen aus ciiese Meise vorgstrsgenen Meinungen ;u erkennen. -
L)K§ rssus RimstlerdLUS m Nürnberg.
8t.-ob. Unsere Leser werden sich des vor einigen
Wochen in der „Werkstatt der Kunst" erfolgen Pro-
testes erinnern, mit welchem der Grtsverein Nürn-
berg der Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft
in Sachen des geplanten Baues des neuen Künstler-
hauses in Nürnberg öffentlich hervortrat und zwar,
weil die in diesem Bau vorgesehenen Ausstellungs-
räume sehr unzeitmäßig gedacht waren, nämlich
ohne Oberlicht. Der Ortsverein wendete sich an
alle deutschen Künstler, insbesondere aber an die
Münchener Künstlerschaft als zunächst und sehr
stark beteiligte Aussteller, um derselben ebenfalls
Gelegenheit zu geben, sich in der Angelegenheit zu
äußern und um möglicherweise gemeinsame
Schritte zu unternehmen, damit Nürnberg in dem
Gebäude nicht bloß ein chaus für Gesellschaftszwecke,
sondern in erster Linie ein Ausstellungsgebäude
erhalte, das eben so sehr dem Nürnberger Kunstleben
wie der deutschen Künstlerschaft zum Vorteil gereiche.
Dieser Protest des Nürnberger Ortsvereins
fand, wie wir heute mitteilen können, lebhaftesten
Widerhall. Der „Fränkische Kurier" in Nürnberg
gab von unserem Aufsatze der Nürnberger Bürger-
schaft ill ganzem Umfange Kenntnis und in München
fanden Besprechungen innerhalb der Künstlerschaft
statt. Das Resultat war, daß man von München
aus bei den maßgebenden Stellen sich dem Wunsche
des Grtsvereins Nürnberg nach Aenderung der
Pläne anschloß und daraufhin der erste Bürger-
meister Or. von Schuh in Nürnberg zusagte, daß die
Pläne umgearbeitet und Ausstellungsräume mit
Oberlicht, so wie es der Wunsch der Künstlerschaft
sei, geschaffen werden würden.
Mit großer Freude nehmen auch wir von
diesem Entschlüsse Kenntnis und drücken unsere
Befriedigung aus, daß es auf diesem Wege ge-
lungen ist, eine Verständigung zu erzielen, so daß
es also eines gemeinsamen Schrittes seitens der
Münchener Künstlerschaft, zu welchem man sich hier
sofort bereit erklärte, gar nicht erst bedurft hat.
wir wünschen herzlich, daß Nürnberg, welches trotz
seiner hohen Bedeutung auf allen anderen Gebieten,
dennoch in der Gegenwart sehr vom Wege der
hohen Kunst abseits stand, nunmehr durch den
Bau seiner neuen Ausstellungssäle Gelegenheit er-
hält, mit der gesamten Kunst der Gegenwart in
engsten Verkehr einzutreten.
Anonyme AunstaussteUungen.
wir veröffentlichten vor einiger Zeit nach einer
Mitteilung der „vossischen Zeitung" den Vorschlag
eines wiener Malers, Or. Rudolf Bunzel, betreffend
die Veranstaltung „anonymer" Kunstausstellungen.
Ls hieß da:
„Der Juror könnte, unbehindert durch Rücksicht auf
Stellung, Rang oder Auszeichnung des einschickenden Ur-
hebers, frei von Haß und Gunst, sein Amt verwalten.
Unzählige, die sich überlebt haben, müßten vom Schau-
platz abtreten, junge Talente würden an ihre Stelle treten.
Der gewissenhafte Juror — auch der Gewissenhafteste
unterliegt leicht der Suggestion, die von einem großen
Namen ausgeht — hätte leichtere Arbeit, jedenfalls eine
dankbarere und wohl auch erfolgreichere als jetzt. Das
Publikum der anonymen Ausstellung aber träte in ein
ganz anderes Verhältnis zu den ausgestellten Werken als
jetzt; ohne Voreingenommenheit, unbeeinflußt vom eigenen
Vorurteil und vom Vor-Urteil der Juroren könnte es
objektiv urteilen. Die Käufer würden Bilder und nicht
Namen kaufen und der Kritiker immer nur Bilder und
niemals — wie es heute manchmal geschehen soll —
Namen kritisieren. Erst einige Tage vor Schluß der Aus-
stellung hätte die Jury das Recht, die zugleich mit den
Bildern überschickten verschlossenen Kuverts, welche die
Namen der Maler enthalten, zu öffnen und bekanntzu-
geben. was Maler Rudolf Bunzel vorschlägt, ist, wie er
selbst sagt, nichts anderes als die Verallgemeinerung des
Prinzips namenloser Konkurrenzen künstlerischer Werke
vor der Jury und, was viel reizvoller und wertvoller ist:
vor der Kritik und dem bilderkaufenden Publikum. Rang
und Ruhm müßte der Künstler immer von neuem sich
erobern. Die neuen Talente aber hätten nur mit Talenten
und nicht mit den ewigen Nutznießern einmal erworbenen
Ruhmes zu konkurrieren."
Nachdem durch die Berliner Beschlüsse, betr.
die Große Kunstausstellung, die Jury-Frage wieder
sehr aktuell geworden ist, wollen wir bei dieser Ge-
legenheit über „anonyme" Kunstausstellungen folgen
lassen, was uns damals von zwei verschiedenen
Seiten, freilich ebenso verschieden, geschrieben wurde.
So von einem Künstler aus dem Kanton Freiburg:
Sie brachten in der letzten Zeit so manche Auf-
sätze von Künstlern, die gewiß nicht verfehlen wer-
den, reges Interesse unter der Künstlerschaft zu er-
wecken. So der letzte Aufsatz über „Anonyme Kunst-
ausstellungen". Die meisten der bildenden Künstler
sind über die Ausstellungsjuroren gewiß schon oft
genug in Aufregung geraten und über die oftmals
wirklich ungerechten Zurückweisungen von Gemälden,
wenn ich bei dieser Gelegenheit sehr bedaure, daß
sich der Salon der Zurückgewiesenen in Paris nicht
halten konnte, so geschah dies nach meiner Ansicht
keäaktem: Hemrick Stsmback.
V. ILkrg. HM iZ. 8. ^jsan. 1906.
In ctiessin ^sile unserer Leitscki-ist erteilen veir jeäsrn Künstler clsssreieMort. Mr sorgen ctsfür, äLS tunlickst keinerlei
Kngriiie Lus Personen ocler Eenossensckasten abge-lruckt veerclen, okne class vorder cler Angegriffene clis MögUckkeit gedabt
KLtts, in cleniselben IZefte;u erwiclern. Vie ksäaktion kält sicd vollstsnciig unparteiisck uncl gibt cluriS, clsn ^bclruck keineswegs
eins Nebereinstirnrnung init clen aus ciiese Meise vorgstrsgenen Meinungen ;u erkennen. -
L)K§ rssus RimstlerdLUS m Nürnberg.
8t.-ob. Unsere Leser werden sich des vor einigen
Wochen in der „Werkstatt der Kunst" erfolgen Pro-
testes erinnern, mit welchem der Grtsverein Nürn-
berg der Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft
in Sachen des geplanten Baues des neuen Künstler-
hauses in Nürnberg öffentlich hervortrat und zwar,
weil die in diesem Bau vorgesehenen Ausstellungs-
räume sehr unzeitmäßig gedacht waren, nämlich
ohne Oberlicht. Der Ortsverein wendete sich an
alle deutschen Künstler, insbesondere aber an die
Münchener Künstlerschaft als zunächst und sehr
stark beteiligte Aussteller, um derselben ebenfalls
Gelegenheit zu geben, sich in der Angelegenheit zu
äußern und um möglicherweise gemeinsame
Schritte zu unternehmen, damit Nürnberg in dem
Gebäude nicht bloß ein chaus für Gesellschaftszwecke,
sondern in erster Linie ein Ausstellungsgebäude
erhalte, das eben so sehr dem Nürnberger Kunstleben
wie der deutschen Künstlerschaft zum Vorteil gereiche.
Dieser Protest des Nürnberger Ortsvereins
fand, wie wir heute mitteilen können, lebhaftesten
Widerhall. Der „Fränkische Kurier" in Nürnberg
gab von unserem Aufsatze der Nürnberger Bürger-
schaft ill ganzem Umfange Kenntnis und in München
fanden Besprechungen innerhalb der Künstlerschaft
statt. Das Resultat war, daß man von München
aus bei den maßgebenden Stellen sich dem Wunsche
des Grtsvereins Nürnberg nach Aenderung der
Pläne anschloß und daraufhin der erste Bürger-
meister Or. von Schuh in Nürnberg zusagte, daß die
Pläne umgearbeitet und Ausstellungsräume mit
Oberlicht, so wie es der Wunsch der Künstlerschaft
sei, geschaffen werden würden.
Mit großer Freude nehmen auch wir von
diesem Entschlüsse Kenntnis und drücken unsere
Befriedigung aus, daß es auf diesem Wege ge-
lungen ist, eine Verständigung zu erzielen, so daß
es also eines gemeinsamen Schrittes seitens der
Münchener Künstlerschaft, zu welchem man sich hier
sofort bereit erklärte, gar nicht erst bedurft hat.
wir wünschen herzlich, daß Nürnberg, welches trotz
seiner hohen Bedeutung auf allen anderen Gebieten,
dennoch in der Gegenwart sehr vom Wege der
hohen Kunst abseits stand, nunmehr durch den
Bau seiner neuen Ausstellungssäle Gelegenheit er-
hält, mit der gesamten Kunst der Gegenwart in
engsten Verkehr einzutreten.
Anonyme AunstaussteUungen.
wir veröffentlichten vor einiger Zeit nach einer
Mitteilung der „vossischen Zeitung" den Vorschlag
eines wiener Malers, Or. Rudolf Bunzel, betreffend
die Veranstaltung „anonymer" Kunstausstellungen.
Ls hieß da:
„Der Juror könnte, unbehindert durch Rücksicht auf
Stellung, Rang oder Auszeichnung des einschickenden Ur-
hebers, frei von Haß und Gunst, sein Amt verwalten.
Unzählige, die sich überlebt haben, müßten vom Schau-
platz abtreten, junge Talente würden an ihre Stelle treten.
Der gewissenhafte Juror — auch der Gewissenhafteste
unterliegt leicht der Suggestion, die von einem großen
Namen ausgeht — hätte leichtere Arbeit, jedenfalls eine
dankbarere und wohl auch erfolgreichere als jetzt. Das
Publikum der anonymen Ausstellung aber träte in ein
ganz anderes Verhältnis zu den ausgestellten Werken als
jetzt; ohne Voreingenommenheit, unbeeinflußt vom eigenen
Vorurteil und vom Vor-Urteil der Juroren könnte es
objektiv urteilen. Die Käufer würden Bilder und nicht
Namen kaufen und der Kritiker immer nur Bilder und
niemals — wie es heute manchmal geschehen soll —
Namen kritisieren. Erst einige Tage vor Schluß der Aus-
stellung hätte die Jury das Recht, die zugleich mit den
Bildern überschickten verschlossenen Kuverts, welche die
Namen der Maler enthalten, zu öffnen und bekanntzu-
geben. was Maler Rudolf Bunzel vorschlägt, ist, wie er
selbst sagt, nichts anderes als die Verallgemeinerung des
Prinzips namenloser Konkurrenzen künstlerischer Werke
vor der Jury und, was viel reizvoller und wertvoller ist:
vor der Kritik und dem bilderkaufenden Publikum. Rang
und Ruhm müßte der Künstler immer von neuem sich
erobern. Die neuen Talente aber hätten nur mit Talenten
und nicht mit den ewigen Nutznießern einmal erworbenen
Ruhmes zu konkurrieren."
Nachdem durch die Berliner Beschlüsse, betr.
die Große Kunstausstellung, die Jury-Frage wieder
sehr aktuell geworden ist, wollen wir bei dieser Ge-
legenheit über „anonyme" Kunstausstellungen folgen
lassen, was uns damals von zwei verschiedenen
Seiten, freilich ebenso verschieden, geschrieben wurde.
So von einem Künstler aus dem Kanton Freiburg:
Sie brachten in der letzten Zeit so manche Auf-
sätze von Künstlern, die gewiß nicht verfehlen wer-
den, reges Interesse unter der Künstlerschaft zu er-
wecken. So der letzte Aufsatz über „Anonyme Kunst-
ausstellungen". Die meisten der bildenden Künstler
sind über die Ausstellungsjuroren gewiß schon oft
genug in Aufregung geraten und über die oftmals
wirklich ungerechten Zurückweisungen von Gemälden,
wenn ich bei dieser Gelegenheit sehr bedaure, daß
sich der Salon der Zurückgewiesenen in Paris nicht
halten konnte, so geschah dies nach meiner Ansicht