Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0133
DOI issue:
Heft 10
DOI article:W., F.: Die Internationale Kunstausstellung in Mannheim 1907
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L)w rverklwn -er
^eäakleur: Heinrich Steinbach.
V. Jabrg. Hskt io. 4. ve^. 1905.
In cUssern ^eUe urissi-er LeUsckrUt erteilen wir iscisrn llünstier cias freie Mort. Mir sorgen clasür, ciss tunlickst keinerlei
Angriffe aus Personen ocler EenossensckÄften akgeclruckt werclen, okne class vorksr cler Angegriffene clis MögliÄ>keit geksbt
KLtts, in ciernselben IZefte zu erwiclsrn. Oie Reclaktion kält Lick vollstänclig unparteiisck uncl gibt clurck clen TIbclruck keineswegs
.. eine Nebereinstirnrnung niit clen uuf ciiese Meise vorgetragenen Meinungen zu erkennen. —
Vie Internationale Runstausstsllung in Mannheim 190^.
von F. M.
Mehrfach schon war in dieser Zeitschrift die
Rede von der Internationalen Kunstausstellung, zu
der sich die Stadt Mannheim rüstet, wenn auch
ich als Mannheimer das Wort hierzu erbitte, so
geschieht es nicht, um auf frühere gereizte Angriffe
zu erwidern, sondern nur um den Bemerkungen des
rheinischen Bildhauers im Hefte vom so. November
einiges hinzuzufügen. Nationaler Sinn ist etwas
Hohes und heiliges, aber er darf nicht zu engherziger
Abgeschlossenheit führen. Am wenigsten auf den
Gefilden der Kunst: Dort sollte es, wie jene Einsen-
dung mit Recht sagt, keine nationalen Schranken
geben. Aber, so schließt der Verfasser, Mannheim
dürfe seiner Ausstellung kein internationales Gepräge
geben, weib es diese Ausstellung zur Feier seiues
„300jährigen Bestehens als deutsche Stadt, also bei
einer durch und durch nationalen Feier" veranstalte.
Gewiß ist das ein Fest, das auch tiefnationale
Dankesgefühle auslösen wird; denn wie wäre das
kraftvolle Emporblühen der modernen deutschen
Städtekultur zu denken ohne die neuen Wurzeln
nationaler Macht? Aber wenn Mannheim auf die
300Zahre seiner städtischen Entwicklung zurückschaut,
mischen sich doch allerhand Züge internationaler Art
in das wechselvolle Bild. Niederländer, Wallonen,
Franzosen halfen die Stadt gründen — Fremde aus
aller Herren Länder strömten herbei, und als Kur-
fürst Karl Ludwig nach den verheerenden Stürmen
des Dreißigjährigen Krieges ihre Gerechtsame er-
neuerte, da lud er „alle ehrlichen Leute von
allen Nationen" ein, sich an der Neckarmündung
anzusiedeln und in freiem Wettstreit ihre Kräfte zu
erproben. Und wie stark damals der internationale
Charakter Mannheims überwog, ist daraus ersicht-
lich, daß im Magistrat die Mehrzahl der Mitglieder
aus fremdsprachlichen Elementen bestand.
Auch Mannheims künstlerische Glanzzeit im
k8. Jahrhundert trägt durchaus internationalen
Charakter. Aus allen Himmelsrichtungen zog Karl
Theodor die Musiker, Maler, Bildhauer uud Kupfer-
stecher in seine Residenz. Da wirkte neben dem
Deutschen der Ztaliener, neben dem Franzosen der
Niederländer. Und mit welch internationaler
Weitherzigkeit dieses fürstliche Haus für seine Mann-
heimer Gemäldegalerie sammelte, das zeigen noch
heute die Schätze der — Münchener Pinakothek.
Aus weiter Ferne pilgerten damals die Fremden ins
„pfälzische Athen", wie sie Mannheim nannten, und
Karl Theodors nationalste Schöpfung, das Mann-
heimer Nationaltheater, richtete in seinem Spielplan
nichts weniger als nationale Schranken auf. Nicht
nur Schiller, auch Shakespeare brach es Bahu!
Und nun das moderne Mannheim! Trägt es
bei aller nationalen Gesinnung nicht ein entschieden
kosmopolitisches Antlitz? welch buntgemischte Be-
völkerung, welch lebhaftes Zneinanderwogen von
Zn- und Ausland! Zn seinem Hafen vernimmst
du den jDulsschlag des Weltverkehrs, in den Kon-
toren seiner Handelshäuser gewahrst du die Fäden
eines vielmaschigen überseeischen Netzes.
Diese Stadt, die zu neuem Leben erwachte und
emporzuwachsen begann in dem Augenblicke, als die
Fesseln enger Territorialität sielen, als ihr wag-
mutiges Bürgertum internationale Beziehungen an-
knüpfen und verwerten konnte — sie sollte in ihrem
Zubeljahr, wo sie zeigen will, daß sie nicht bloß
den materiellen, sondern auch deu geistigen und
künstlerischen Znteressen ihre Kräfte leiht, einen Zaun
aufrichten, der ihrem ganzen historischen Werdegang
widerstreitet?
Nein! Sie hat alles Recht dazu — wie jener
weise Herrscher — „alle ehrbaren Leute von
allen Nationen" zu sich einzuladen! — — —
Zu den vorstehenden Zeilen äußert sich
der Herr Verfasser jenes ersten Aufsatzes in
unserem Heft 2, welcher mit diesem Aufsatze
den Stein ins Nollen brachte, wie folgt:
Die Zuschriften über die geplante internationale
Kunstausstellung in Mannheim welche die
Spalten der „Werkstatt der Kunst" nun wiederholt
in breitem Raume füllten, beweisen, daß eine Frage
berührt wurde, die aktuell ist, welche, über die lokale
Bedeutung des Mannheimer Falles hinaus, ein tiefes
Znteresse für die deutsche Küustlerschaft besitzt.
Ein Mannheimer Herr bemüht sich nun, die
Berechtigung einer Znternationalen für Mannheim
darzutun, indem er sie, wie vorauszusehen war, aus
der Handelsstellung Mannheims und vor allem aus
seiner Geschichte zu begrüuden sucht. Nun, wenn
Mannheim gelegentlich seiner Zubelfeier eine na-
tionale Ausstellung machte, so ließe sich auch dies
^eäakleur: Heinrich Steinbach.
V. Jabrg. Hskt io. 4. ve^. 1905.
In cUssern ^eUe urissi-er LeUsckrUt erteilen wir iscisrn llünstier cias freie Mort. Mir sorgen clasür, ciss tunlickst keinerlei
Angriffe aus Personen ocler EenossensckÄften akgeclruckt werclen, okne class vorksr cler Angegriffene clis MögliÄ>keit geksbt
KLtts, in ciernselben IZefte zu erwiclsrn. Oie Reclaktion kält Lick vollstänclig unparteiisck uncl gibt clurck clen TIbclruck keineswegs
.. eine Nebereinstirnrnung niit clen uuf ciiese Meise vorgetragenen Meinungen zu erkennen. —
Vie Internationale Runstausstsllung in Mannheim 190^.
von F. M.
Mehrfach schon war in dieser Zeitschrift die
Rede von der Internationalen Kunstausstellung, zu
der sich die Stadt Mannheim rüstet, wenn auch
ich als Mannheimer das Wort hierzu erbitte, so
geschieht es nicht, um auf frühere gereizte Angriffe
zu erwidern, sondern nur um den Bemerkungen des
rheinischen Bildhauers im Hefte vom so. November
einiges hinzuzufügen. Nationaler Sinn ist etwas
Hohes und heiliges, aber er darf nicht zu engherziger
Abgeschlossenheit führen. Am wenigsten auf den
Gefilden der Kunst: Dort sollte es, wie jene Einsen-
dung mit Recht sagt, keine nationalen Schranken
geben. Aber, so schließt der Verfasser, Mannheim
dürfe seiner Ausstellung kein internationales Gepräge
geben, weib es diese Ausstellung zur Feier seiues
„300jährigen Bestehens als deutsche Stadt, also bei
einer durch und durch nationalen Feier" veranstalte.
Gewiß ist das ein Fest, das auch tiefnationale
Dankesgefühle auslösen wird; denn wie wäre das
kraftvolle Emporblühen der modernen deutschen
Städtekultur zu denken ohne die neuen Wurzeln
nationaler Macht? Aber wenn Mannheim auf die
300Zahre seiner städtischen Entwicklung zurückschaut,
mischen sich doch allerhand Züge internationaler Art
in das wechselvolle Bild. Niederländer, Wallonen,
Franzosen halfen die Stadt gründen — Fremde aus
aller Herren Länder strömten herbei, und als Kur-
fürst Karl Ludwig nach den verheerenden Stürmen
des Dreißigjährigen Krieges ihre Gerechtsame er-
neuerte, da lud er „alle ehrlichen Leute von
allen Nationen" ein, sich an der Neckarmündung
anzusiedeln und in freiem Wettstreit ihre Kräfte zu
erproben. Und wie stark damals der internationale
Charakter Mannheims überwog, ist daraus ersicht-
lich, daß im Magistrat die Mehrzahl der Mitglieder
aus fremdsprachlichen Elementen bestand.
Auch Mannheims künstlerische Glanzzeit im
k8. Jahrhundert trägt durchaus internationalen
Charakter. Aus allen Himmelsrichtungen zog Karl
Theodor die Musiker, Maler, Bildhauer uud Kupfer-
stecher in seine Residenz. Da wirkte neben dem
Deutschen der Ztaliener, neben dem Franzosen der
Niederländer. Und mit welch internationaler
Weitherzigkeit dieses fürstliche Haus für seine Mann-
heimer Gemäldegalerie sammelte, das zeigen noch
heute die Schätze der — Münchener Pinakothek.
Aus weiter Ferne pilgerten damals die Fremden ins
„pfälzische Athen", wie sie Mannheim nannten, und
Karl Theodors nationalste Schöpfung, das Mann-
heimer Nationaltheater, richtete in seinem Spielplan
nichts weniger als nationale Schranken auf. Nicht
nur Schiller, auch Shakespeare brach es Bahu!
Und nun das moderne Mannheim! Trägt es
bei aller nationalen Gesinnung nicht ein entschieden
kosmopolitisches Antlitz? welch buntgemischte Be-
völkerung, welch lebhaftes Zneinanderwogen von
Zn- und Ausland! Zn seinem Hafen vernimmst
du den jDulsschlag des Weltverkehrs, in den Kon-
toren seiner Handelshäuser gewahrst du die Fäden
eines vielmaschigen überseeischen Netzes.
Diese Stadt, die zu neuem Leben erwachte und
emporzuwachsen begann in dem Augenblicke, als die
Fesseln enger Territorialität sielen, als ihr wag-
mutiges Bürgertum internationale Beziehungen an-
knüpfen und verwerten konnte — sie sollte in ihrem
Zubeljahr, wo sie zeigen will, daß sie nicht bloß
den materiellen, sondern auch deu geistigen und
künstlerischen Znteressen ihre Kräfte leiht, einen Zaun
aufrichten, der ihrem ganzen historischen Werdegang
widerstreitet?
Nein! Sie hat alles Recht dazu — wie jener
weise Herrscher — „alle ehrbaren Leute von
allen Nationen" zu sich einzuladen! — — —
Zu den vorstehenden Zeilen äußert sich
der Herr Verfasser jenes ersten Aufsatzes in
unserem Heft 2, welcher mit diesem Aufsatze
den Stein ins Nollen brachte, wie folgt:
Die Zuschriften über die geplante internationale
Kunstausstellung in Mannheim welche die
Spalten der „Werkstatt der Kunst" nun wiederholt
in breitem Raume füllten, beweisen, daß eine Frage
berührt wurde, die aktuell ist, welche, über die lokale
Bedeutung des Mannheimer Falles hinaus, ein tiefes
Znteresse für die deutsche Küustlerschaft besitzt.
Ein Mannheimer Herr bemüht sich nun, die
Berechtigung einer Znternationalen für Mannheim
darzutun, indem er sie, wie vorauszusehen war, aus
der Handelsstellung Mannheims und vor allem aus
seiner Geschichte zu begrüuden sucht. Nun, wenn
Mannheim gelegentlich seiner Zubelfeier eine na-
tionale Ausstellung machte, so ließe sich auch dies