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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 6
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Eine deutsche Kunstakademie in Rom
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Ein Preisausschreiben
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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 6.

Akademieprojekt zu gestalten schien, um immer wieder in
Nebel zu zerfließen. Einmal nur war es seiner Verwirk-
lichung nahe, als man es in bescheidenere Grenzen fassen und
auf ein neu zu bauendes Heim verzichten wollte. Damals
gedachte man anfangs der neunziger Jahre die vor der Dorla
äel Dopolo auf einem Hügel gelegene Villa Strohl-Fern,
einem Schweizer gehörig, zu kaufen, allein auch dies Projekt
zerschlug sich, und man begnügte sich damit, eine Anzahl
Ateliers und kleinere lvohnräume in der Villa zu mieten, in
denen noch heute die preußischen Stipendiaten unter Aufsicht
des alten Gerhardt Hausen und arbeiten.
Inzwischen haben sich aber unzweifelhaft die Kunst-
anschauungen vielfach geändert und es wäre falsch, davor die
Augen verschließen zu wollen. Mit dem Auftreten der mo-
dernen Richtung in Malerei und Skulptur hat zweifellos das
Axiom von der Unentbehrlichkeit römischer Studien an Gültig-
keit verloren. Die jungen Maler aus dem Norden des Reichs
gehen nach Paris und München und nur noch in der Minder-
zahl nach Rom. Der Bildhauer hält es vollends nicht mehr
für erforderlich, seine Studien auf die klassischen Werke im
Vatikan und Villa Albani zu stützen. Es hat daher eine ge-
wisse Tragik, daß sich das Projekt der deutschen Kunstaka-
demie in einem Augenblick verwirklichen soll, in dem seine
Basis unzweifelhaft schmaler geworden ist als früher. Nun
würde man aber wohl fehl gehen, wenn man die Lösung aus-
schließlich in dem Villa Falconiere-Projekt erblicken wollte.
Niemand leugnet die malerischen Reize der Villa in Frascati,
die Richard Voß nicht weniger entzückt als den Geh. Kom-
merzienrat Mendelssohn-Bartholdy, der sie den Trappisten
abkaufte. Kann denn aber eine Kunstakademie ihren einzigen
Sitz in Frascati oder überhaupt außerhalb der Stadt haben? —
Gewiß nicht, denn außer dem Landschafter würden alle anderen
Künstler dabei zu kurz kommen, vor allem der Bildhauer,
der Eindrücke verarbeiten und verwerten soll, die er in Fras-
cati gewiß nicht empfangen kann. Man geht denn wohl auch
nicht fehl, wenn man in der bevorstehenden Annahme des
Geschenks der Villa Falconieri durch den Kaiser nur einen
Teil der Lösung sieht. Die Villa kann der herrliche Sommer-
sitz einer Akademie werden, aber diese Akademie selbst muß
in die Stadt. Und damit werden viele Schwierigkeiten auf-
gerührt, denn es ist in Rom kaum ein Gebäude dafür vor-
handen, man wird sich zu einem Neubau entschließen müssen,
wird man diesen Entschluß, an dem bisher das Akademie-
projekt scheiterte, nun durchführen oder wird die Villa Fal-
conieri ein Akademietorso bleiben? — Das ist die Frage, die
man sich in Rom vorlegt und deren Beantwortung von
Berlin man erwartet.
6m Preisausschreiben,
auf welches wir besonders aufmerksam machen müssen,
von uns schon in Heft 2 kurz verzeichnet, veröffentlicht
gegenwärtig, mit letztem Termin am s5. November,
die Berliner Gesellschaft für plastische
Malerei
und zwar mit Preisen im Gesamtbeträge von
500V Mark.
Da verlohnt es sich in der Tat, sich ein solches
Preisausschreiben einmal genauer anzusehen, was
wir um so lieber tun, als ja die genannte Gesell-
schaft selbst die Redaktion der „Werkstatt der Kunst"
ersucht hat, unsere Leser darauf hinzuweisen.
Also Preise im Gesamtbetrags von fünf-
tausend Mark! Garantiert von den Unterzeichnern
des Ausschreibens, den Herren Gurlitt und Da-
bisch. wer sind aber die Herren Gurlitt und Da-
bisch? wodurch legitimieren sie sich der eingeladenen
Rünstlerschaft gegenüber, die Aufsichtsinstanz über die

ohne Zweifel in Mengen einlaufenden künstlerischen
Arbeiten zu sein? wissen die Herren, daß man gänz-
lich unbekannterweise eine mit 5000 Mk. beschwerte
Einladung nicht so mir nichts dir nichts in die Welt
setzen darf? wissen die Herren, daß die Rünstlerschaft
ein moralisches Recht hat, Garantien zu for-
dern, Garantien, wer da wachen wird über das
Wohl und wehe der eingereichten Arbeiten? warum
wird nicht, wie dies erst kürzlich eine Nürnberger-
Firma mit dem Bayerischen Gewerbemuseum ge-
tan — warum wird nicht der Berliner Run st -
gewerbeverein als diese Aufsichtsinstanz an-
gerufen und bestimmt, daß an diesen sämtliche Ent-
würfe einzusenden seien? — wir kommen ferner zu
folgenden Sätzen:
„ ... Die weder prämiierten noch angekauften Ent-
würfe gelangen portofrei an ihre Urheber zurück..."
wann? Innerhalb vier oder sechs Wochen
nach dem Termin? Oder eines Jahres oder zwei?
Steht das so ganz im Belieben der Gesellschaft?
Da fordert man unter Vorzeigung von 5000 Mk.
die Rünstlerschaft zu intensivster Arbeitsbetätigung
auf — sich selbst aber hält man ganz bestimmter
Gegenleistungen auch den nicht prämiierten gegen-
über durchaus nicht verpflichtet.
„...Das Preisrichteramt haben die Herren: Pro-
fessor Emil Döpler d. I., Professor Max Koch, Professor
Alfred Grenander, Professor Lurt Stoeving über-
nommen ..."
Ja, aber wann treten denn die Herren
zusammen? In einem Jahre? Oder innerhalb
der auf den Termin folgenden vierzehn Tagen bis
drei Wochen?
„ ... Erste Bedingung für die Konkurrenzfähigkeit der
Arbeiten ist, daß sie dem modernen Geschmack ent-
sprechen, ohne dessen Auswüchsen zu huldigen
und sich zur Ausführung in plastischer Malerei eignen.
Ueber das lvesen der letzteren ... wollen Künstler-
und Architektenkreise sich in unseren Geschäftsräumen,
Granienburgerstraße die täglich von y Uhr vor-
mittags bis Uhr nachmittags geöffnet sind, gütigst orien-
tieren. Die dort von uns bis jetzt bewirkten Ausfüh-
rungen werden jeden Kunstfreund überraschen ..."
„Die Orauieuburgerstraße von uns bewirkten
Ausführungen..." welche Ausführungen? Von
wem ausgeführt? Von der Berliner Gesellschaft für-
plastische Malerei? Oder von dein Künstler Her-
mann Schn-t, -em Erfinder -er plastischen
Malerei? welche Ausführungen sind denn da ge-
meint? Sind inzwischen noch andere hinzugekommen,
als die, welche Hermann Schudt seinerzeit, als die
„Berliner Gesellschaft für plastische Malerei" noch gar
nicht existierte, in jenen Räumen betätigte? Ist etwan
das dort von Hermann Schudt in Verbindung
mit seiner Technik angewendete Mosaikverfahren,
das geistige Eigentum eines anderen, gemeint, oder
was denn eigentlich?
An wen ist ferner der mit „Werter Herr" über-
schriebene Brief Hubert v. Herkomers, welcher in dem
das Preisausschreiben begleitenden Prospekte abge-
druckt ist, gerichtet? An den Herrn Gurlitt oder
 
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