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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 22
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Kayser-Eichherg, Karl: Ein Beitrag zur Reform der Ausstellungswesens
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Redakteur: Hemrick Stemback.

V. Jakrg. Heft 22. 26. ^ebr. 1906.

äiesern L!eile unserer Leitsikrist erteilen wir jectern Künstler clas freieMort. Mir sorgen ciafür, ctas tunlickst keinerlei
Angriffe aus Personen ocler Genossenschaften Lbgsclruckt wercien, okne ctass vorder cler Angegriffene clie Möglichkeit gekabt
katte, in äernsslben tzefte zu erwidern. Vie keclaktion kält sich vollstänctig unparteiisch uncl gibt clurch clen Abciruck keineswegs
— eins Nebereinstirnrnung rnit äsn aus cliese Meise vorgetragenen Meinungen zu erkennen. - - . — —

bin beitrag zur Reform cles UussteUungsxvesens.
von Karl Rayser-bkcbberg in Steglitz.

Wenn heutzutage eine Ausstellung in die Wege
geleitet wird, so wandern die betreffenden Aus-
stellungs-Formulare hinaus in alle Teile des Lan-
des, in alle Kunstzentren und direkt zu denjenigen
Künstlern, die bereits seit einiger Zeit beständig
Aussteller an dem betreffenden Ausstellungsort ge-
wesen sind. Der Künstler braucht also nur je nach
der Wichtigkeit und Bedeutung der betreffenden Aus-
stellung das Ausstellungs-Gbjekt auszuwählen, als-
dann gibt er es wohlgemut zum Spediteur, der das
weitere gewissenhaft und gegen hohe Bezahlung er-
ledigt. So wäre also alles in bester Ordnung und
es läge kein Grund zu irgendwelcher Beschwerde vor.
Tritt nun indessen der peinliche Fall ein, daß
das Gemälde eine Ablehnung erfährt, so hat das
natürlich die nicht minder peinliche Folge, daß auf
Grund des üblichen Paragraphen das Bild dem
Künstler unter Zuschiebung sämtlicher Unkosten zu-
rückgestellt wird, wofern er nicht schleunigst anders
darüber verfügt.
Erfahrungsgemäß kann aber einem auswär-
tigem Bilde, das selbst mit Ehren auf ganz gewich-
tigen Ausstellungen bereits gehangen hatte, das
Schicksal einer Ablehnung sehr leicht begegnen.
Keineswegs verdient darum die betreffende Aus-
stellungsleitung bezw. -Zury irgend welchen Vor-
wurf. Kann es doch gar zu leicht vorkommen, daß
sich diese einfach wegen Raummangels in einer
Zwangslage befindet, daß sie sich eingestehen muß:
„Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los!"
Auch ist es ja ganz gerechtfertigt, daß die auswär-
tigen Bilder bei gleichen Eigenschaften hinter den
einheimischen zurückstehen müssen.
Wer hat nun in solch' einem Falle den Schaden?
Sehr einfach: Der Künstler, der ja ans Bezahlen
durch jahrelange Uebung gewöhnt ist, sintemalen
seine Einnahmen schon ohnehin nicht zu seinen Aus-
gaben im Einklang stehen.
wer aber hat andererseits den Nutzen? Zn
erster Linie dürfte dies wohl der Herr Spediteur-
sein, der selbstverständlich mit einer bedenklich hohen
Rechnung aufwarten muß: Vor-Spesen, Nach-Spesen,
Abholung, Kistenleihgebühr, Verpackung, Rollgeld,
Fracht hin, Fracht zurück, — in Summa: Neunund-
vierzig Mark und neunundneunzig Pfennig, oder
mehr, oder weniger, je nach Größe und Gewicht

des Objektes. Sorgt also der Künstler auf diese
weise für den Stand der Spediteure und indirekt
auch für die ehrsame Zunft der Kistenmacher, so
hat er — dem es vielleicht schon schwer genug
wird, seiner Steuer-Verpflichtung nachzukommen
andererseits noch das Hochgefühl, für den Staat
selbst und zwar für die Kasse der Eisenbahn etwas
getan zu haben. Aber noch ist damit die Reihe der
verdienenden nicht zu Ende. Selbst jeder Laie weiß,
daß ein Nahmen vom vielen Transport nicht ge-
rade besser wird, und der Fachmann wird oft genug
die traurige Erfahrung gemacht haben, daß von
einem kostspieligen Nahmen ein Ornament, vielleicht
gar eine ganze Ecke abgestoßen wurde. Grund ge-
nug, den Rahmen zum Vergolder zu bringen, da-
mit auch dieses edle Handwerk, dessen Rechnungen
ohnehin die erste Stelle in dem Ausgaben-Budget
des Künstlers einzunehmen pflegen, noch einige
Extra-Groschen zugewendet bekommt.
was liegt angesichts dieser Tatsachen näher,
als in dieser Beziehung dringend eine Reform
zu verlangen, um so mehr als ein beträchtlicher Teil
der Künstlerschaft nicht zu der besitzenden Klasse ge-
hört und als andererseits gerade hier eine Abän-
derung der bestehenden Verhältnisse leicht möglich
sein würde?
wozu soll des Künstlers oft so dünner Geld-
beutel zu ganz unnötigen Ausgaben herangezogen
werden? wozu muß ein Bild, um für München
abgelehnt zu werden, erst meinetwegen von Berlin
nach München wandern? Wozu muß umgekehrt ein
Bild von München eine Vergnügungsreise nach
Berlin unternehmen, um hier das Los einer Ab-
lehnung zu erfahren?
Nun ist es ja allerdings schon oft der Fall ge-
wesen, daß man den größeren Kunstzentren eigene
Zury zugestanden hat, so daß also der entsetzliche
Umstand und die unnötigen Geldkosten wegfielen.
Allein bisher hat meines Bedünkens eine solche Zu-
billigung mehr den Charakter einer Auszeichnung
oder gewissermaßen einer Ehrung getragen, anstatt
daß man diese Einrichtung zur beständigen Regel
macht. Gibt es doch in jedem Kunstzentren Männer
von gediegenem Ruf, denen man die Auswahl der
Bilder zutrauen kann. Ueberall ließe sich eine ge-
eignete Zury zusammenstellen und ebenso ließe sich
 
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