Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0374
DOI Heft:
Heft 27
DOI Artikel:Schöner, Anton: Ein Vorschlag zur Reform der Jury
DOI Artikel:Die Deutsche Kunstausstellung zu Köln: eine Berichtigung
DOI Artikel:Aus unserem Beschwerdebuch
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Die Werkstatt der Kunst.
Heft 27.
Gruppen ihre Tätigkeit auch in den betreffenden
Gruppen nur ausübten, würde eine solche Art Ku-
rierens verständnisvoller und eingehender stattfinden
können.
Ls kann jemand ein sehr guter Plastiker sein,
aber man kann ihm keinen Vorwurf machen, wenn
ihm gleich großes Verständnis für andere Gebiete,
z. B. der Malerei oder Architektur, Graphik, ab-
geht; es kann ferner jemand ein erster Landschafter
sein, gleichzeitig aber z. B. über Porträts ein ganz
irriges Urteil besitzen, und so auch umgekehrt. Da
aber bei der Aufnahme von Kunstwerken jede Stimme
ausschlaggebend sein kann, so ist man berechtigt, zu
verlangen, daß die Kollegen, welche über ein Kunst-
werk aus diesem oder jenem Gebiet urteilen sollen,
auch wirklich Fachleute darin sind und auch die nö-
tige sichere Sachkenntnis besitzen. Bei einer solchen
sachlichen, eingehenden Prüfung nach Spezialfächern
würde den verschiedenen Juroren ihre Tätigkeit
erleichtert und die Arbeit ihnen auf ihr Gebiet
konzentriert. Die Spezialgruppen hätten dann auch
durch ihre eingeschränktere Tätigkeit die Gelegen-
heit, die Ablehnung eines Werkes sachlich zu be-
gründen und beweiskräftig zu rechtfertigen. Lin
System aber, wo man nur die Hand aufzuheben
braucht, ob man für oder gegen die Aufnahme
eines Werkes ist, ohne jegliche Begründung und
oft noch von Juroren, die gar nicht auf dem Ge-
biete Fachleute sind, worüber sie urteilen sollen, ist
unhaltbar, ebenso die bis jetzt stattgefundene Art,
daß bei Stimmengleichheit die Stimme des Vor-
sitzenden über die Aufnahme entscheidet; man denke
sich z. B., der Vorsitzende sei diesmal ein Architekt
oder ein Bildhauer, nun soll er als Nichtfachmann
z. B. über ein Werk der Malerei die entscheidende
Stimme abgeben. Ist das nicht eine höchst merk-
würdige Einrichtung? Ist es nicht in hohem Grade
verwunderlich, daß es noch dazu diesem Linen mög-
lich ist, die andern sechs Stimmen vielleicht, die ein
Werk bereits hatte, ungültig zu machen? Bei einer
Iurytätigkeit nach Spezialgruppen aber fällt eine
solche Art der Entscheidung von selbst fort, da nur
die einzelnen Gruppen zu entscheiden haben.
Gegen den Beschluß der ersten Jury sollte dann
die Entscheidung der Ober- oder Revisions-Jury an-
gerufen werden können, die natürlich auch aus Spezial-
fachleuten bestehen müßte, vielleicht mit Hinzuziehung
von Unparteiischen aus der Ausstellungskommission,
wenn die Zurückweisungen begründet werden müß-
ten von den Spezial-Iury-Gruppen, so wären die
Juroren schon dadurch verpflichtet, eingehender und
gewissenhafter zu sein in der Ausübung ihres Richter-
amtes über die eingesandten Werke. Der Gerechtig-
keit wegen sollte unbedingt auch festgesetzt werden,
daß, wie es früher der Fall war, absolut kein Künst-
ler, sei er Juror oder Ausstellungskommissions-Mit-
glied, oder Mitglied der Akademie, mehr als je drei
Werke ausstellen dürfe. Ls bleibt stets eine Un-
gerechtigkeit gegen die anderen, wenn einzelnen ge-
stattet wird, 5—60 Werke auszustellen, wobei, wie
dies bei den Sonder-Ausstellungen der Fall ist, oft
sehr viele flüchtige Werke und Skizzen darunter sind,
während andern selbst f—2 vollendet durchgeführte
Werke abgelehnt werden. Kollektiv- und Sonder-
Ausstellungen müßten nur allerersten Ranges sein;
nur höchst selten, in wenigen Fällen, wären derar-
tige Ausstellungen angebracht. Auch dürfte keinem
Mitglied einer korporativ ausstellenden Genossen-
schaft gestattet sein, mehr als 2—3 Werke auszu-
stellen; diese korporativen Ausstellungen sollte man
vielmehr überhaupt nicht mehr zulassen, weil es
eine unangebrachte Begünstigung ist, daß diese jury-
frei auf den Berliner Ausstellungen ausstellen können.
Das wäre, was ich zur Sache zu sagen hätte.
Vie Deutsche Kunstausstellung zuKöln.
Line Berichtigung.
wir machten in unserem Hefte 2H, wie sich
unsere Freunde erinnern werden, ausführliche Mit-
teilungen über eine Sonderausstellung von Me-
daillen und Plaketten, welche mit der Kölner
Ausstellung verbunden werden solle, und zwar mit
dem Zusatze, daß diese Sonderausstellung den
Künstlern aller deutschen Gaue zur Beteiligung
offen stünde. Jetzt wird uns mitgeteilt, daß die
Meldung über diese unbeschränkte Beteiligung
eine irrtümliche sei und daß im Gegenteil an dieser
Sonderausstellung sich nur von der Ausstellungs-
leitung eingelaäene Künstler beteiligen könnten,
wir bedauern sehr, unsere Freunde unrichtig unter-
richtet zu haben. Gin Verschulden trifft uns jedoch
nickil, da wir von jener Stelle, welche uns diese
Nachricht übermittelte, keinesfalls eine irrtüm-
liche Meldung erwarten konnten.
Aus unserem Vesckweräebuck.
Die Vorstandschaft des Bayerischen Kunstge-
werbevereins übersendet uns zu unserer Kritik der Er-
ledigung des Preisausschreibens, künstlerische Ehren-
preise zur Herkomer-Konkurrenz betreffend, enthalten
in Heft 2H, die folgenden Ausführungen:
„Auf Ihren Lt-cll. gezeichneter: Artikel „Aus unserem
Beschwerdebuch", Heft 2^, Seite 329, erlaubt sich die Vor-
standschaft des Bayerischen Kunstgewerbevereins nachstehen-
des auszuführen:
Der Kunstgewerbeverein hat es seinerzeit lebhaft be-
dauert, daß der definitive Auftrag, den Wettbewerb zur Er-
langung von Entwürfen für Ehrenpreise zur diesjährigen
Herkomer-Konkurrenz zu erlassen, so spät an ihn herange-
treten ist und er der verfügbaren Zeit nach genötigt war,
den Wettbewerb auszuschreiben, bevor alle gegenseitigen Fragen
völlig geklärt^waren. Daher dann der kurze Termin — da-
her die gerügten „vollen drei Wochen" bis zur Mittei-
lung des Entscheides an die Preisträger. Diese sind dem
Verein jedenfalls am unangenehmsten gewesen, da er unvor-
hergesehen lange über vier Wochen seinen besten Ausstellungs-
Die Werkstatt der Kunst.
Heft 27.
Gruppen ihre Tätigkeit auch in den betreffenden
Gruppen nur ausübten, würde eine solche Art Ku-
rierens verständnisvoller und eingehender stattfinden
können.
Ls kann jemand ein sehr guter Plastiker sein,
aber man kann ihm keinen Vorwurf machen, wenn
ihm gleich großes Verständnis für andere Gebiete,
z. B. der Malerei oder Architektur, Graphik, ab-
geht; es kann ferner jemand ein erster Landschafter
sein, gleichzeitig aber z. B. über Porträts ein ganz
irriges Urteil besitzen, und so auch umgekehrt. Da
aber bei der Aufnahme von Kunstwerken jede Stimme
ausschlaggebend sein kann, so ist man berechtigt, zu
verlangen, daß die Kollegen, welche über ein Kunst-
werk aus diesem oder jenem Gebiet urteilen sollen,
auch wirklich Fachleute darin sind und auch die nö-
tige sichere Sachkenntnis besitzen. Bei einer solchen
sachlichen, eingehenden Prüfung nach Spezialfächern
würde den verschiedenen Juroren ihre Tätigkeit
erleichtert und die Arbeit ihnen auf ihr Gebiet
konzentriert. Die Spezialgruppen hätten dann auch
durch ihre eingeschränktere Tätigkeit die Gelegen-
heit, die Ablehnung eines Werkes sachlich zu be-
gründen und beweiskräftig zu rechtfertigen. Lin
System aber, wo man nur die Hand aufzuheben
braucht, ob man für oder gegen die Aufnahme
eines Werkes ist, ohne jegliche Begründung und
oft noch von Juroren, die gar nicht auf dem Ge-
biete Fachleute sind, worüber sie urteilen sollen, ist
unhaltbar, ebenso die bis jetzt stattgefundene Art,
daß bei Stimmengleichheit die Stimme des Vor-
sitzenden über die Aufnahme entscheidet; man denke
sich z. B., der Vorsitzende sei diesmal ein Architekt
oder ein Bildhauer, nun soll er als Nichtfachmann
z. B. über ein Werk der Malerei die entscheidende
Stimme abgeben. Ist das nicht eine höchst merk-
würdige Einrichtung? Ist es nicht in hohem Grade
verwunderlich, daß es noch dazu diesem Linen mög-
lich ist, die andern sechs Stimmen vielleicht, die ein
Werk bereits hatte, ungültig zu machen? Bei einer
Iurytätigkeit nach Spezialgruppen aber fällt eine
solche Art der Entscheidung von selbst fort, da nur
die einzelnen Gruppen zu entscheiden haben.
Gegen den Beschluß der ersten Jury sollte dann
die Entscheidung der Ober- oder Revisions-Jury an-
gerufen werden können, die natürlich auch aus Spezial-
fachleuten bestehen müßte, vielleicht mit Hinzuziehung
von Unparteiischen aus der Ausstellungskommission,
wenn die Zurückweisungen begründet werden müß-
ten von den Spezial-Iury-Gruppen, so wären die
Juroren schon dadurch verpflichtet, eingehender und
gewissenhafter zu sein in der Ausübung ihres Richter-
amtes über die eingesandten Werke. Der Gerechtig-
keit wegen sollte unbedingt auch festgesetzt werden,
daß, wie es früher der Fall war, absolut kein Künst-
ler, sei er Juror oder Ausstellungskommissions-Mit-
glied, oder Mitglied der Akademie, mehr als je drei
Werke ausstellen dürfe. Ls bleibt stets eine Un-
gerechtigkeit gegen die anderen, wenn einzelnen ge-
stattet wird, 5—60 Werke auszustellen, wobei, wie
dies bei den Sonder-Ausstellungen der Fall ist, oft
sehr viele flüchtige Werke und Skizzen darunter sind,
während andern selbst f—2 vollendet durchgeführte
Werke abgelehnt werden. Kollektiv- und Sonder-
Ausstellungen müßten nur allerersten Ranges sein;
nur höchst selten, in wenigen Fällen, wären derar-
tige Ausstellungen angebracht. Auch dürfte keinem
Mitglied einer korporativ ausstellenden Genossen-
schaft gestattet sein, mehr als 2—3 Werke auszu-
stellen; diese korporativen Ausstellungen sollte man
vielmehr überhaupt nicht mehr zulassen, weil es
eine unangebrachte Begünstigung ist, daß diese jury-
frei auf den Berliner Ausstellungen ausstellen können.
Das wäre, was ich zur Sache zu sagen hätte.
Vie Deutsche Kunstausstellung zuKöln.
Line Berichtigung.
wir machten in unserem Hefte 2H, wie sich
unsere Freunde erinnern werden, ausführliche Mit-
teilungen über eine Sonderausstellung von Me-
daillen und Plaketten, welche mit der Kölner
Ausstellung verbunden werden solle, und zwar mit
dem Zusatze, daß diese Sonderausstellung den
Künstlern aller deutschen Gaue zur Beteiligung
offen stünde. Jetzt wird uns mitgeteilt, daß die
Meldung über diese unbeschränkte Beteiligung
eine irrtümliche sei und daß im Gegenteil an dieser
Sonderausstellung sich nur von der Ausstellungs-
leitung eingelaäene Künstler beteiligen könnten,
wir bedauern sehr, unsere Freunde unrichtig unter-
richtet zu haben. Gin Verschulden trifft uns jedoch
nickil, da wir von jener Stelle, welche uns diese
Nachricht übermittelte, keinesfalls eine irrtüm-
liche Meldung erwarten konnten.
Aus unserem Vesckweräebuck.
Die Vorstandschaft des Bayerischen Kunstge-
werbevereins übersendet uns zu unserer Kritik der Er-
ledigung des Preisausschreibens, künstlerische Ehren-
preise zur Herkomer-Konkurrenz betreffend, enthalten
in Heft 2H, die folgenden Ausführungen:
„Auf Ihren Lt-cll. gezeichneter: Artikel „Aus unserem
Beschwerdebuch", Heft 2^, Seite 329, erlaubt sich die Vor-
standschaft des Bayerischen Kunstgewerbevereins nachstehen-
des auszuführen:
Der Kunstgewerbeverein hat es seinerzeit lebhaft be-
dauert, daß der definitive Auftrag, den Wettbewerb zur Er-
langung von Entwürfen für Ehrenpreise zur diesjährigen
Herkomer-Konkurrenz zu erlassen, so spät an ihn herange-
treten ist und er der verfügbaren Zeit nach genötigt war,
den Wettbewerb auszuschreiben, bevor alle gegenseitigen Fragen
völlig geklärt^waren. Daher dann der kurze Termin — da-
her die gerügten „vollen drei Wochen" bis zur Mittei-
lung des Entscheides an die Preisträger. Diese sind dem
Verein jedenfalls am unangenehmsten gewesen, da er unvor-
hergesehen lange über vier Wochen seinen besten Ausstellungs-