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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 23
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Der Oesterreichische Künstlerbund
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0317

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V. IsbrA. Hskt 22. Z. Mär^ Z906.

Ir> diessrn rteUe uusei-ei-LeUsckrUt erteilen wir Zedern «Lnstler das freie Morl. Mir sorgen dafür., das MnUd,st keinerlei
TIngrisfs auf Personen ocier Genossensckatien abgedrucki werden, okne dass vorder cier Angegriffene die MögUdrkeit gekabt
kalte, in dsrnselben tzetts zu erwidern. Vie Redaktion kält sick vollständig nnparteiisdr und gibt durd, clen Abdruck keineswegs
-. eine visbereinstirnrnung rnit den aus diese Meise vorgetragensn Meinungen zu erkennen. ' --

Der Oesterrelcbiscke Mnstlerbunch

der, wie wir kurz schon mitteilten, in diesen Tagen
zu Wien ins Leben gerufen wurde, spricht sich über
das zweite Hauptgebiet seiner ins Auge gefaßten
Tätigkeit, nämlich über die wirtschaftliche Organi-
sation der österreichischen Künstlerschaft, solgender-
maßen aus:
Ls wird allgemein anerkannt, wenn auch von mancher
Seite nicht offen ausgesprochen, daß eine wirtschaftliche Orga-
nisation der Rünstlerschaft ein Gebot unabweisbarer Not-
wendigkeit ist; bilden doch die Künstler den einzigen Stand,
der wirtschaftlich vollständig desorganisiert ist. Alle Stände,
mögen sie sich intellektuel betätigen oder ihre Existenz auf
manueller Arbeit aufbauen, haben das Bestreben, durch Maß-
nahmen verschiedenster Art sich Hilfsmittel für den Lebens-
kampf zu schaffen, für den Fall der Krankheit, der Invali-
dität, des Alters vorzusorgen, eine Sicherung der Hinter-
bliebenen herbeizuführen, nur die bildenden Künstler entbehren
bis jetzt jeder sozialen Fürsorge; in dieser Richtung Wandel
zum Besseren schaffen, ist somit eine der wichtigsten Aufgaben
des Vereines, deren Lösung einen Aufschub absolut nicht
mehr gestattet.
Der „Oesterreichische Künstlerbund" hat in erster Linie
den Gedanken ins Auge gefaßt, dem notleidenden Künstler,
dessen Existenz nur auf die Umsetzung des Produktes seiner
Arbeit in Geldwerte gestellt ist, durch Gewährung von Vor-
schüssen unter die Arme zu greifen. Die bestehenden Künstler-
vereinigungen besitzen keine Fonds zu diesem Zwecke, denn
sie befassen sich ausschließlich mit der pflege und Fortent-
wicklung ihrer Kunsttendenzen und können naturgemäß eine
wirtschaftliche und charitative Tätigkeit im Interesse aller
Künstler nicht entfalten, viele Künstler sind aus diesem
Grunde oft nicht imstande, ihre Werke irgendwo zur öffent-
lichen Schau zu stellen, geschweige denn sie zum verkaufe zu
bringen. Wir stellen nun die Frage: Mas soll ein Künstler
machen, der zwar in seiner Arbeit einen, und manchmal nicht
geringen Geldwert besitzt, ihn aber nicht realisieren kann?
Er verfällt dem Wucher und geht zu Grunde, oder er muß
sein Merk verschleudern und drückt damit auf alle Kunst-
werke gleicher Art; es entsteht eine künstlerische Unterbilanz,
die sich, manchmal unbewußt, in dem Budget jedes Künstlers
in der unangenehmsten weise fühlbar macht.
Um in dieser Beziehung Abhilfe zu schaffen, ist beab-
sichtigt, die Sache so einzurichten, daß die über die Annahme
der Werke entscheidende Jury, im Bedarfsfalls und nur über
Wunsch des Künstlers, auch eine Wertschätzung vornimmt,
und daß ein aliquoter Teil der Schätzungssumme dem Künstler
als Vorschuß gegeben und nach verkauf des Werkes gegen
eine mäßige Verzinsung, unter Umständen auch zinsenfrei, in
Abzug gebracht wird. Bleibt das betreffende Werk in den
Ausstellungen des Salons oder in den periodischen Wander-
ausstellungen unverkauft, und ist der Künstler nicht in der
Lage, innerhalb einer bestimmten Zeit den Vorschuß zurück-
zuzahlen, so kann er unter gleichen Bedingungen ein anderes
juriertes Objekt in gleicher Werthöhe dem Vereine zur Ver-
fügung stellen. Sicher ist, daß der gewährte Vorschuß min-
destens dem anläßlich eines Zwangsverkaufes zu erzielenden
Erlöse gleichkommen wird. Der Bund glaubt, auf diese Art eine

wirklich soziale und charitative Tat zu setzen und vielen Künstlern
eine Erleichterung im Kampfe um die Existenz zu bieten.
Weiters ist in Aussicht genommen die Verteilung von
Kunstprämien und Vereinswidmungen an beitragende Mit-
glieder; hierdurch soll einem Teile der Künstlerschaft eine, im
Anfänge allerdings nur bescheidene Subsistenz gesichert werden.
In weiterer Folge der Vereinstätigkeit und nach Maßgabe der
zur Verfügung stehenden materiellen Mittel wird die Errich-
tung einer Kranken- und Unterstützungskassa, einer Alters- und
Invaliditätsversorgung und die Gewährung von Pensionen,
beziehungsweise Erziehungsbeiträgen an Witwen und Waisen
nach Künstlern angestrebt.
Die ganze Organisation erfordert große materielle Mittel;
sie sollen zunächst auf privatem Wege aufgebracht und dann
durch die angedeuteten Einnahmequellen beschafft werden. Der
Bund appelliert aber auch vertrauensvoll an die kollegiale Mit-
arbeit aller bildenden Künstler ohne Unterschied der Partei-
richtung; er baut auf die rasche und ausgiebige Förderung der
Bestrebungen des Vereines durch die österreichische Kunstver-
waltung, auf die moralische und materielle Unterstützung aller
Kunstfreunde und der ganzen Oeffentlichkeit. In die Macht
der Künstlerschaft ist es somit gegeben, durch möglichst zahl-
reichen Beitritt zum Vereine die zu ihrem Wohle gegründete
Institution zu erhalten und weiter auszubauen.
Die bildenden Künstler in Oesterreich haben
also mit einer wirtschaftlichen Organisation be-
gonnen, welche alle Künstler umfassen soll, worauf
wir in Deutschland bekanntlich immer noch warten,
obwohl schon viel darüber geschrieben worden ist.
Inzwischen haben wir selbst die Hoffnung, daß auch
die reichsdeutschen Künstler sich zu entscheidenden
Schritten entschließen werden, noch keineswegs ver-
loren, sondern find sogar unsererseits voll bester
Hoffnung. In: Hinblick übrigens auf die oben darge-
legten Gesichtspunkte, nach welchen der Gesterreichische
Künstlerbund zu verfahren gedenkt, möchten wir den
Bund auf die Ideen aufmerksam machen, welche „zur
wirtschaftlichen Organisierung aller bildenden Künst-
ler" im Sommer vorigen Jahres in der „Werkstatt
der Kunst", Heft 37, entwickelt wurden. Dort, wie
hier tritt z. B. der Gedanke des Vorschußzahlens
auf Bilder fast in derselben Gestalt zutage. Sehr
interessant ist ferner, daß der Bund, neben vielen
besonderen Betätigungen auf dem Gebiete der Kunst-
pflege, auch einer anderen, gegenwärtig wiederum
auf das stärkste in den Vordergrund getretenen, Frage
seine ganz besondere Aufmerksamkeit zuwendet, näm-
lich der Frage des Jury-Wesens. Der Verein, der
einen Ausstellungssalon begründen wird, gedenkt bei
der Iurierung folgenden Vorgang einzuhalten:
Es sollen zwei periodische Kommissionen, bestehend aus
Anhängern der verschiedenen Kunstrichtungen, gebildet werden.
 
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