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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 9
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Eine internationale Kunstausstellung in Bremen
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Eine internationale Kunstausstellung in Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0122

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Die Werkstatt der Kunst.

heft 9.

US

teln und aus namhaften freiwilligen spenden für
die Sammlungen der Kunsthalle gemacht werden."
Also schon wieder eine internationale Kunst-
ausstellung! Lesen wir recht? jawohl, wir haben
es schwarz auf weiß: eine internationale Kunst-
ausstellung in Bremen! Die „Große" genügt nicht
mehr, eine „internationale" muß es sein! hat man
in Bremen die in der „Werkstatt der Kunst" bis-
her veröffentlichten Proteste gegen die Ausländerei
nicht gelesen? Nein? Nun so lese man wenigstens
den in diesen Angelegenheiten abermals einge-
laufenen folgenden Aufsatz über „Mannheim".
Die Künstlerschaft aber bitten wir dringend
um Meinungsäußerung über diese neuesten
internationalen Bremer Absichten.
Eine internationale Kunstausstellung
in Mannheim.*)
von einem Berliner Künstler.
warum steht die deutsche Kunst im Aus-
lande nicht in demjenigen Ansehen, welches
ihr doch mit Recht zu ko Minen müßte?
Schicken wir doch einmal, bevor wir uns mit
der Sache selbst beschäftigen, diese Frage voraus und
versuchen wir sie zu beantworten.
Die Antwort nun auf diese Frage ist mir sehr
leicht gegeben. Freilich ist es mir peinlich genug,
die Wahrheit sagen zu müssen, aber es ist nötig,
daß dieselbe einmal offen und ehrlich von einem
deutschen Künstler hier wiedergegeben wird, von
einem Maler, der seine persönlichen Eindrücke in
Frankreich, England, Belgien, Holland und
anderwärts im Auslande gesammelt hat, der in den
Hauptstädten dieser Länder sich persönlich in den
dortigen Kunstsalons und Kunstausstellungen davon
überzeugen wollte, ob deutsche Kunst auch so heran-
gezogen wird, wie es bei uns in Deutschland mit
Beziehung auf die Ausländer geschieht: nicht zum
Ansehen der deutschen Kunst, noch zum Nutzen der
deutschen Künstler, sondern sogar auf Kosten der
Achtung der deutschen Kunst und Künstler im Aus-
land überhaupt, wenn es, Gott sei Dank, bei
uns auch gewiß viele Ausnahmen gibt, so habe
ich auf meinen Auslandsreisen doch den Eindruck
bekommen, daß die Künstler aller Länder vor allein
mehr Nationalstolz, mehr Sebstbewußtsein be-
sitzen als wie die deutschen. Die Ausländer sind
vor allem so klug und stolz, daß sie in ihren Län-
dern in erster Linie nur nationale Kunstausstel-
lungen veranstalten, sowohl aus anerkennenswertestem
National- und echtem Künstlerstolz, als auch um sich
H Soeben, bei Schluß der Redaktion, geht uns aus
Mannheim ein Aufsatz zur Darlegung des dortigen Stand-
punktes zu. wir werden diesen Aufsatz in bseft :o zum Ab-
druck bringen. D. Red.

selbst und die Kunst ihres Landes nicht zu
schädigen durch die Kunst anderer Nationen. Dies
wäre bei uns zur Nachahmung sehr zu empfehlen,
denn bei uns ist die Auslandssucht, die Sucht nach
internationalen Kunstausstellungen zu einem krank-
haften, höchst ungesunden Zustand geworden, der
seinen Gipfelpunkt bis jetzt darin gefunden hat, daß
man am schönen deutschen Rhein zu Mannheim
im Jahre ss)O? das 300jährige dortige deutsche
Stadtjubiläum nicht mit einer -entsch-natronalen,
sondern mit einer internationalen Kunstausstellung
zu feiern gedenkt. Eine deutsche Kunstausstellung
bei dieser Gelegenheit liegt doch so nahe, ist doch
so selbstverständlich, daß man sich an den Kopf faßt,
daß dem nicht so sein soll. Zn diese Ausstellung
hätte jeder hervorragende schaffende deutsche Künstler
wenigstens ein Werk ausstellen können, wäre dies
nicht die schönste nationale Feier geworden? wäre
dies nicht von echtesten wirklich deutschen Sinn
gewesen? Nein, man leistet sich das Unglaublichste,
aber doch Tatsächliche: Man weiht dort ein deutsches
Kunstausstellungs-Gebäude, ein deutsches Städte-
Zubiläum mit einer internationalen Kunstausstel-
lung ein. Diese Tatsache zeigt eben, daß das Deutsch-
tum jener Stadt trotz der nunmehr verflossenen
300 Jahre noch nicht so zum Selbstbewußtsein
und zum Nationalstolz sich emporgerungen hat,
von welchem wir oben mit besonderer Beziehung
auf die Künstler gesprochen haben. Ist ein solches
Verfahren, um keine stärkeren Worte zu gebrauchen,
nicht ein trauriges Armutszeugnis, ausge-
stellt der deutschen Kunst dem Auslande gegen-
über, jenen: Auslande, nicht zu vergessen, das unser
Deutschland, wie wir vor kurzen: gesehen haben, an:
liebsten in Stücke reißen möchte?
Ich begreife jetzt alles, was ich im Ausland
über Deutschland, über deutsche Kunst und Künstler
wahrgenommen und anhören mußte. Kann man
es den Ausländern nach diesen: Vorgehen der Stadt
Mannheim noch verdenken wenn dieselben hoch-
fahrend werden, über uns hinwegsehen und sich ein-
bilden, daß es mit der deutschen Kunst sehr schlecht
bestellt sei und daß es ohne sie nicht gehe, eine
sehenswerte Kunstausstellung in Deutschland zu ver-
anstalten? Kann man es den Ausländern verdenken,
wenn sie eine niedrige Meinung von deutscher Kunst,
deutschen: Nationalstolz und Charakter bekommen,
wenn sie sehen, daß ein deutsches Stadt-Jubiläum
nicht mit einer deutsch-nationalen Kunstausstel-
lung gefeiert wird? Höhnisch lachen werden sie,
die Herren Ausländer, daß nun auch Städte wie
Mannheim, also die kleinen, kann: daß sie sich ein
wenig rühren können, beginnen, vor den: geliebten
Auslande auf den Knien zu rutschen. Immer ver-
schulden es die Deutschen selbst, wenn das Ausland
von unserer Kraft keine höhere Meinung hat.
Mann Hein: setzte diesen: Verhalten die Krone auf.
Jetzt fehlt nur noch eines: Nämlich daß in Zu-
kunft in irgend einem deutschen Bundesstaat bei An-
 
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