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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 6
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Die Deutsche Kunst auf der Weltsausstellung in St. Louis 1904
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Eine deutsche Kunstakademie in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0079

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heft 6.

Die Werkstatt der Kunst.

75

So stark ist die Wirkung des immer wiederholt
gedruckten Wortes, auch wenn es der Wahrheit
nicht entspricht. Tatsächlich waren beide Ausstellungen
im wesentlichen durchaus gelungen. Fehler, wie sie
bei solchen Gelegenheiten überall vorkommen, waren
auch hier gemacht worden, sie wurden von der presse
allein besprochen, der Gesamterfolg verschwiegen.
Nach dem Vorbilde von München und Berlin
hatten sich überall in den kleinen Kunststädten Sonder-
gruppen gebildet, deren Anschauungen bei den Re-
gierungen der betreffenden Bundesstaaten ein ge-
neigtes Ohr fanden. So war es auch in Dresden,
als der Hauptvorstand von Berlin hierher überging.
Jetzt schien der günstige Augenblick gekommen, zur
Ausführung der lange gehegten Absicht, die alte
Genossenschaft beiseite zu schieben und an ihrer
Stelle die Leitung der wichtigsten Geschäfte, vor-
allem die Leitung der Arbeiten für die Ausstellung
in St. Louis, in die Hände der Sezessionen zu bringen.
Die Ausführung dieses planes ist nicht gelungen
und auf der Ausstellung in St. Louis, der die im
Deutschen Künstlerbunde vereinigten Sezessionen fern-
blieben, kam es anders, als die Wortführer des
Bundes prophezeiten. Nicht eine „Weltblamage" hat
die deutsche Kunst dort erlebt, sondern das Gegen-
teil, größte Anerkennung ist ihr zuteil geworden,
wenn dabei oft bedauert wurde, daß die Sezes-
sionen nur unvollständig vertreten waren, so war
dies nicht Schuld des Hauptvorstandes. Er hat alles
getan, um ein vollständiges Bild der gesamten deut-
schen Kunstbestrebungen vorznführen, aber die Sonder-
interessen und die Uneinigkeit waren unter den deut-
schen Künstlern stärker, als der Gemeinsinn und die
Liebe zum Vaterlande.
Das wenig glänzende Ergebnis der Künstler-
bund-Ausstellungen in München und sß)05 in
Berlin gegenüber dem entschiedenen Erfolge der
von der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
organisierten deutschen Kunstabteilung in St. Louis
gibt uns die Hoffnung auf einen Umschwung der
Meinungen zu Gunsten der Allgemeinen Deut-
schen Kunstgenossenschaft. —
Ueber den Eindruck der Ausstellung
schrieb Professor Marr dem Hauptvorstande
den nachstehenden Bericht:
Die deutsche Kunstausstellung in St. Louis macht
einen überaus würdigen und vornehmen Ein-
druck. Das Resultat unzähliger und mannigfacher
Vorarbeiten dieserhalb ist ein bedeutend günstigeres,
als es selbst von Optimisten zur Zeit erwartet wer-
den konnte, und dieser Optimisten gab es damals
verzweifelt wenige. Daß sie überhaupt noch vor-
handen, angesichts der immer wieder auftauchenden
Zwistigkeiten, der immer wieder erneuerten Kämpfe
in dieser Angelegenheit, der unablässig neu geschaf-
fenen Schwierigkeiten, ist geradezu ein Wunder zu
nennen. — Jetzt geben auch die Pessimisten zu, daß
der Gesamteindruck der Ausstellung mit zu dem vor-

nehmsten gehört, was die Kunstabteilung in St. Louis
überhaupt aufzuweisen hat.
Freilich fehlen bedauerlicherweise die Sezessionen,
in denen gleichsam die Jugend unter den deutschen
Künstlern ihre Kraft entfaltet, und es entstand durch
diesen Umstand nicht das Bild deutscher Kunstäuße-
rung, wie man es sich wohl gewünscht hätte und
wie es bekanntlich ja auch der Wille und Wunsch der
Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft war. —
Immerhin! Die Ausstellung machte einen günstigen
Eindruck, der dadurch noch gehoben erscheint, daß
die meisten der anderen Nationen merkwürdig wenig
Gewicht auf eine wirklich gute Repräsentation ge-
legt zu haben scheinen. . . .
Der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
wird gewiß in diesem ihrem Unternehmen — und
zwar unter Berücksichtigung der enormen Schwierig-
keiten, mit denen sie zu kämpfen hatte, unter Be-
rücksichtigung jener Ausfälle an Kunstwerken, die
trotz redlichster Anstrengung nicht mehr beizubringen
waren — ein voller Erfolg bedingungslos zuge-
sprochen werden müssen.
Dieser Erfolg aber wäre ein zweifacher ge-
wesen, der Sieg ein zweifelloser, wenn die Sezes-
sionen beigetreten wären, statt fern zu bleiben —
und es wäre dieser Sieg für deutsche Kunst und
Künstler von größerer Tragweite und Bedeutung
gewesen, als wie man das jetzt im entferntesten
zu berechnen vermag.
Es war anders bestimmt — und tröstend bleibt
nur die Hoffnung, daß unter den deutschen Künst-
lern die Einigkeit wieder einmal blühen möchte,
und daß sie mit dieser eine nächste Gelegenheit zu
einem Siege besser auszunützen verstehen möchten.
Eme äsutscbs Runstakaclemie in Rom.
Der „Allgemeinen Zeitung" in München
wird aus Rom geschrieben:
Die Nachricht von dem bevorstehenden Uebergang der
Villa Falconieri in Frascati an den Deutschen Kaiser und
ihrer Bestimmung als deutsche Kunstakademie ist von allen
Seiten mit Genugtuung ausgenommen worden. Man kann
aber wohl versichern, daß diese Genugtuung etwas vager Art
war, mehr fußend aus allgemeinen Erwägungen als auf
spezieller Prüfung der Sachlage. Der Gedanke, in Rom eine
deutsche Kunstakademie zu errichten neben der französischen
in Villa Medici und neben der spanischen auf San Pietro in
Montorio ist nicht neu und das ist auch ganz begreiflich. Lin
solcher plan mußte zunächst in der Zeit entstehen, in der
einerseits die erfolgte deutsche Einigung jeder Zusammen-
fassung deutscher Kräfte im Ausland günstig war und in der
andrerseits Rom auch tatsächlich noch für jeden Künstler eine
kaum zu übergehende Station auf seinem künstlerischen Pfad
war. Das Archiv des seit I8H5 bestehenden deutschen Künstler-
vereins in Rom enthält eine Fülle von Material über solche
Pläne, es sind sogar fertige Entwürfe für eine in Rom zu
errichtende Kunstakademie darunter. Mehr als einmal hat
die Berliner Akademie der Künste mit ihrem römischen Ver-
treter Rat darüber gepflogen, und dieser Vertreter, der heute
82jährige Bildhauer Professor Gerhardt — der „alte Ger-
hardt", der am Weihnachtsabend "ach Rom kam, um
ein „paar Monate" hier zu bleiben und der noch immer in
Rom ist — kann bestätigen, daß sich ein halbdutzendmal das
 
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