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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 44
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Das Recht des Künstlers
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Bilderwucherer in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0611

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Die Werkstatt der Kunst.

607

Bezahlung dafür verlangen. Um mit einem An-
spruch auf Bezahlung durchzudringen, muß der Arbeit-
nehmer nachweisen, daß er die Arbeit auf Grund
eines Vertrages geleistet hat. Das ist zwar selten
der Fall, kommt aber doch vor. Zum Beispiel: Der
Besitzer eines Terrains will dieses möglichst vorteil-
haft bebauen, er wendet sich an einen Architekten
und erteilt ihm den Auftrag, einen Bauplan aus-
zuarbeiten. Er nimmt diesen Auftrag an und führt
ihn aus. Dadurch ist ein Werkvertrag zustande ge-
kommen. Der Auftraggeber muß für das geleistete
Werk angemessen bezahlen, auch wenn betreffs der
Bezahlung nichts vereinbart ist. Maßgebend ist hier-
für ß 632 des Bürgerlichen Gesetzbuches: „Tine
Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn
die Herstellung des Werkes den Umständen nach
nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Zst die
Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem
Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in
Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als
vereinbart anzusehen." Der Arbeitnehmer, der nicht
Kaufmann ist, hat hiernach darzutun, daß nach der
Verkehrssitte die von ihm auf Bestellung geleistete
Vorarbeit nur gegen Vergütung geleistet wird. Tine
solche Verkehrssitte besteht im allgemeinen bei Vor-
arbeiten, die mit größerer Mühewaltung verknüpft
sind oder technische Kenntnisse erfordern. Wird die
Verkehrsfitts vom Beklagten bestritten, so muß sie
der Kläger beweisen. Günstiger ist in dieser Be-
ziehung der Kaufmann gestellt. Die Verkehrssitte
der Bezahlung, die ein anderer Arbeitnehmer be-
sonders nachzuweisen hat, besteht bei ihm kraft ge-
setzlicher Vermutung. Denn wer in Ausübung seines
Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt
oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verab-
redung nach H 35^ des Handelsgesetzbuches Ver-
gütung fordern. Die günstigere Stellung des Kauf-
manns besteht aber nur in prozessualer Beziehung,
in der anderen Verteilung der Beweislast, wenn
die Dienste nach der Verkehrssitte nicht vergütet zu
werden pflegen, so fällt auch für den Kaufmann
der Anspruch auf Vergütung fort. Denn alle Ver-
träge, also auch die Verträge des Kaufmannes über
Anfertigung von Entwürfen und Kostenanschlägen,
sind so auszulegen, wie es Treu und Glauben mit
Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Gerade
der Kaufmann ist aber daran gewöhnt, in der Er-
wartung einer Bestellung Arbeit und Kosten aufzu-
wenden, für die er bei ausbleibendem Auftrag nichts
berechnet. Insbesondere ist es in vielen Branchen
üblich, Kostenanschläge, auch wenn sie ausdrücklich
von dein anderen Teile eingefordert sind, unentgelt-
lich zu liefern.
Haben wir bisher nur solche Fälle in Betracht
gezogen, wo der erwartete Auftrag dem, der die
Vorarbeiten liefert, nicht zuteil wird, so soll zum
Schluß noch der Fall, wo auf Grund dieser Vor-
arbeiten der Auftrag gegeben wird, kurz erwähnt
werden. Zn diesem Fall besteht die Verkehrssitte,

die Vorarbeiten nicht besonders zu bezahlen. Der
Baumeister, der auf Grund der auftragsgemäß ange-
fertigten Zeichnung den Bau übertragen erhält, be-
kommt mangels entgegengesetzter Abrede keine be-
sondere Vergütung für die Zeichnung; die Vorarbeit
wird mit dem Vertragspreise für die Arbeit mit-
bezahlt.
Vilclsr^ucdsrsr m Müncberi.
Von den Erlebnissen junger Künstler, welche
Bilderwucherern in die Hände fallen, erzählen die
„Münchener Neuesten Nachrichten" folgendes:
„Diese Sorte Wucherer ist schlimmer als die,
welche 20 Prozent Zinsen verlangen. Sie suchen sich
nicht unbekannte Künstler heraus, sondern solche,
deren Stern gerade zu steigen beginnt. Denen stellen
sie sich vor als uneigennützige Kunstfreunde, die den
sprichwörtlich gewordenen Bruch der Künstler kennen.
Ls sei ihnen eine Freude, ein Talent zu unterstützen.
And ob ihm vorläufig mit 200 Mk. gedient sei?
Mit dem Nückzahlen pressiere es ja nicht so. Und
welchem jungen Künstler wäre nut zwei blauen
Lappen nicht gedient. Da greift jeder zu. Und
wenn dies Geld verjubelt ist, hat ja der Mäoen
neues! Aber plötzlich, wenn der Künstler recht in
der Tinte sitzt, lassen diese Kunstfreunde hinter ihrer
Maske ihr wahres Gesicht hervorgrinsen. Sie brau-
chen plötzlich Geld. Zn vier Woche:: müssen sie
500 Mk. haben und in abermals vier Wochen die
anderen 500 Mk. Der Künstler kann natürlich keine
50 Mk. auftreiben. Und nun muß er mit feiner
Kunst herhalten. Um einen Spottpreis muß er ihnen
Bilder malen, welche die .Kunstfreunde' um das zehn-
fache verkaufen können. Zahrelang bleibt er in ihrer
Abhängigkeit."
Von einen: sehr bekannten jungen Maler ferner-
wird folgender Fall erzählt: „Er hatte an eine
hiesige Firma eine Serie Kartenentwürfe geliefert,
für die er 300 Mk. in drei Raten erhalten sollte.
Statt dessen wurden ihm drei Raten mit je s50 Mk.
zugesandt. Der Maler glaubte die mehr erhaltenen
s50 Mk. als nobles Entgegenkommen der Firma
auffassen zu sollen, was er um so leichter konnte,
da Hunderttausende seiner Karten in kurzer Zeit
verkauft worden waren. Eines Tages wurden ihn:
aber diese s50 Mk. zurückverlangt. Er konnte natür-
lich trotz wiederholter Mahnungen nicht zahlen. Da
erhielt er den Besuch eines Herrn, der ihm mit-
teilte, daß er schon viel Gutes von ihn: gehört und
gesehen hätte. Er wisse auch, daß er in Schulden
stecke und wolle ihm 200 Mk. vorstrecken, damit er
die Hostkartenfirma bezahlen könne. Der Künstler-
war einverstanden und sollte am nächsten Tage die
200 Mk. erhalten. An: Abend aber erfuhr er, daß
der .Kunstfreund' einen Kollegen durch feine Mani-
pulationen vollständig ruiniert hätte. Er nahm des-
halb das Geld an: nächsten Tage nicht an. Ein
Monat später teilte ihm der abgewiesene Kunstfreund
 
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