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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 21
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Die Jahrhundert-Ausstellung in der Nationalgalerie zu Berlin
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Eine glücklich unterdrückte Revolution im Münchener Kunstverein
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0292

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288

Die Werkstatt der Aunst.

Heft 2 t.

seine Kunst. Als Kolorist, zugleich von eingehendster
Intimität der Durchbildung, zeigt er sich in mancher
Staats- und Privatgalerie. Professor Paul Meyer-
Heim schlug dringend vor, fünf der Bilder in die
Ausstellung zu nehmen, aber der leitende Mann
dieser Ausstellung hielt es für angemessen, Wilhelm
Gentz fortzulassen mit all den früher Genannten.
Und was nun dafür? Künstler, wie z. B.
Trübner, die wir ja in- und auswendig kennen,
deren Bilder jahraus jahrein Herumreisen und
überall ausgestellt sind, in ganzen Sälen. All' die
Geliebten der Sezession, wie Hans von Marses
mit seinen Skizzen, die Jugendarbeiten Lieber-
manns und anderer, während von den fortge-
lassenen Meistern (875 so mancher schon ein
Großer war, hingegen diese doch noch Anfänger
und Jünglinge. Lin falscheres Iahrhundertbild
deutscher Kunst als dieses hätte nicht gut gegeben
werden können. Der Titel der Ausstellung ist nach
keiner Richtung hin gerechtfertigt. Darum sollte
die Künstlerschaft und das Volk nicht stillschweigend
darüber hingehen, sondern sich lebhaft aufbäumen
gegen ein Verfahren, wie es hier beliebt worden ist.
Daß die Ausstellung sehr schön und interessant, auch
so wie sie ist, sich präsentiert, unterliegt keinem
Zweifel. Hat man doch fast nie so viel wunder-
volle Feuerbachs beisammen gesehen, kaum wohl
in seiner Gedächtnisausstellung Ende der siebziger
Jahre. — Aber der Hauptcharakter des Gegebenen
ist der der Sezession, welche in den unteren Räumen,
wo man noch frisch und zum Sehen und Genießen
aufgelegt ist, sich bläht, während unsere Größten,
wie Menzel und andere, erst in der oberen Etage
zu finden sind. Hoffen wir, daß in Zukunft unsere
Nationalgalerie stets so all' und jedem wie ehedem
gratis geöffnet bleibt, wie sie seit Jahrzehnten, seit
Mitte der siebziger Jahre eingerichtet ist und wie
sie stetig erweitert wurde und wie man immer noch
ein besseres Bild der Kunst jener Zeit gewinnt,
als auf dieser sogenannten Jahrhundert-Ausstellung
des Jahres (906. ll. 6.
glückUcb unterärückts Revolution
lm Müncbener Runstverem/ )
Als in: Verlauf der letzten ordentlichen General-
versammlung des Kunstvereins am Zs. Januar (906
der Vorsitzende Herr Oberzeremonienmeister Graf Moy
die Anträge des Malers von Faber du Faur zur
Sprache brachte, tat er es also, daß er dem Kind,
das er aus der Taufe hob, sofort den Totenschein
in die Hand drückte. Er unterließ zunächst die Mit-
H Obiger Aufsatz eines Münchener Künstlers zu der
Art der Behandlung der Anträge von Faber du Faur (siehe
„Werkstatt der Kunst" Heft ^s) in der Generalversammlung
des Münchener Kunstvereins wurde uns bereits am 6. Fe-
bruar zur Veröffentlichung übergeben, wir bedauern, wegen
Platzmangels denselben erst heute veröffentlichen zu können.
Die Schriftleitung.

teilung der Unterschriften. Wenn der Antragsteller
sich die Mühe nahm, 25 Künstler und ( ( angesehene
Kunstfreunde, Vertreter der verschiedensten Stände,
für seine Idee zu gewinnen, so war es wohl kaum
in der Absicht, daß die Namen derselben als „be-
langlos" der Generalversammlung nicht bekannt
gegeben würden.
Nennung von Namen (aus der Reihenfolge der
Unterzeichnungen herausgegriffen) wie F. Gino Parin,
Karl Hartmann, Erich Niefstahl, Ernst Gerhard,
Büchtger, Kuschel, H. Lindenschmit, Ernst Liebermann,
Leopold Schönchen, M'Lynch von Town, Stockmann,
oder unter den Kunstfreunden (in alphabetischer
Reihenfolge) Geheimer Rat v. Angerer, Professor
vr. Holland, Freiherr W. v. pöllnitz, Professor Ioh.
Ranke, Staatsminister vr. Freiherr v. Riedel, Freiherr
v. Wendelstadt wären doch wohl kaum ganz ohne Ein-
fluß gewesen auf die Art der Behandlung des Ant-
rages und der Leitung der Diskussion.
Zwar wurde dem Antragsteller in liebens-
würdigster Weise das Wort gegeben, aber die feier-
lichen Totenrichterzeremonien, nut denen die Statuten
zu Recht und Unrecht aufgefahren wurden, wirkten
erkältend auf die Versammlung und erweckten, wohl
nicht ohne Absicht, den Eindruck, als ob Herr von
Faber den feindseligsten Angriff mit der roten Fahne
in der Hand gegen die ganze Vorstandschaft in Ab-
sicht gehabt hätte.
Trotz der nachdrücklichsten Gegenerklärung des
Antragstellers wurde die Verhandlung von der ersten
vorbereitenden Einleitung des Vorsitzenden ab bis zu
der das Resultat in der presse zusammenfassenden
Schlußnotiz in das Dilemma des „Vertrauens"
oder „Mißtrauens" gegen die Personen der an-
wesenden Juroren gedrängt. Es war unmöglich, die
Frage auf einen allgemeinen Standpunkt, jenseits
alles persönlichen, zu erheben. Warum konnte man
nicht dazu kommen, die ideellen Vorteile und die
praktischen Möglichkeiten eingebend und sachlich zu
beraten? Wäre man nicht vielleicht dazu gekommen,
wenn z. B. ein Franz v. Defregger die Debatte über
derartige Dinge geleitet hätte?
Daß der Herr Vorsitzende das vom konservativen
Standpunkte aus Beste des Kunstvereins zweifellos
aufs energischste im Auge hatte, wollen wir mit
keinem Wort in Abrede stellen. Andererseits muß
ich aber doch aufs nachdrücklichste betonen, daß keiner
der Antragsteller den Saal betrat in der Erwartung,
daß auch nur die leiseste Animosität bei ihm voraus-
gesetzt werden würde. Daß es möglich war, die
Anträge als allgemeine, künstlerische Interessen be-
handelnde, aufzufassen, beweist der Aufsatz in der
„Werkstatt der Kunst" Heft (9 (5. Febr. (906),
dessen Verfasser Eduard Daelen in Düsseldorf
den Antragstellern gänzlich fernsteht und persönlich
unbekannt ist. Da heißt es z. B.: - Sodann
sind die Vorschläge, die in dem schon erwähnten
Artikel eines Mitgliedes des Münchener Kunstvereins
gemacht werden, sehr beherzigenswerter und annehm-
 
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