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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 6
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Die deutsche Kunstausstellung zu Cöln im Jahre 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0077

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keäaklem: Hemrick Stemback.

V. Jakrg. Hekt 6. 6. vov. 1905.

In Äieseni ^eNe unserer LeitsÄirNt erteilen wir jeciern Rünstier clas freie Mort. Mir sorgen clafür, clas tuniickst keinerlei
Angriffe auf Personen oäer Eenossenscksften abgeclruckt wsrclen, okne class vorder cler Angegriffene clie Möglickkeit gekabt
Kälte, in äernselben IZefte zu erwidern. Vie Reclaktion kalt si<k vollstsnclig unparteiisik uncl gibt clurik rlen Abdruck keineswegs
— eine riebsreinstirnniung rnit clen auf äiese Meise vorgetrsgenen Meinungen zu erkennen. - - -

Vie cleulscke Kunstausstellung zu Oöln im Jakre 1906.

Man schreibt uns vom Rhein:
Nicht um rheinische Aunst gegen deutsche aus-
zuspielen ist der Verband der Aunstfreunde in den
Ländern am Rhein gegründet worden, sondern um
aus dem alten Aulturboden Deutschlands einen
Sammelpunkt deutscher Aunst zu geben. So kann
auch die erste Ausstellung des Verbandes in Töln,
die durch großes Entgegenkommen der Stadt und
ihrer Bürger vom s. Mai bis Ende Oktober sHOS
in den Gartenanlagen der Flora stattfinden soll,
nur eine deutsche sein; nicht aus dem Gefühl heraus,
daß unsere Aunst wertvoller sei als eine fremde,
sondern daß sie uns mehr angehe.
Wenn nicht ganz mit Unrecht gesagt wird, die
deutsche Aunstgeschichte sei eine Reihe von Zufällen,
so daß unsere großen Aünstler mangels einer künst-
lerischen Tradition in Deutschland jeder sür sich
ihre Methode neu schaffen müßten, wodurch Ver-
schwendung mit den kostbarsten Aräften getrieben
würde: so gibt es für einen Verband der Aunst-
freunde keine würdigere Aufgabe, als diesem Mangel
nach seinen Aräften abzuhelfen, der in ursächlicher
Beziehung zum Erbübel der Deutschen steht, alles
Fremde zu überschätzen. Wenn schon die Verstän-
digung der Aünstler untereinander und mit ihrem
Volk, also die bewußte pflege einer künstlerischen
Tradition fehlt, so muß der maßlose Import von
fremder Aunst noch mehr verwirren. Die gern ge-
nannte Universalität der Deutschen (nur teilweise
ein Vorzug) hat uns, statt zu Herren der Welt, wie
wir vermeinten, in künstlerischer Beziehung viel-
fach zu Anechten gemacht, so daß zu Gunsten
abwechselnd der Holländer, Schotten und Fran-
zosen diejenigen Aünstler, in denen wir die Träger
einer deutschen Tradition sehen, als altmodisch,
als Heimatkünstler, als Malerpoeten verächtlich ge-
macht werden.
Auch der alten deutschen Aunst ist diese Unter-
schätzung zu Gunsten der italienischen zuteil gewor-

den; und wenn wir bedenken, daß selbst Dürer
lange damit zu kämpfen hatte, so wundern wir
uns nicht so sehr, wenn wir verkündigen hören:
daß es niemals eine deutsche Malerei gegeben habe,
daß wir, immer durch fremde Vorbilder angeregt,
nur als barbarische Anhängsel in die Geschichte
der Malerei gehörten, daß wir wohl bedeutende
Aünstler, aber nie eine innere Fortentwicklung deut-
scher Malerei gehabt hätten.
Wenn dem so wäre, wenn sich in der bildenden
Aunst unsereVolksart nicht ausprägte, wenn wir nicht
in der deutschen Malerei von Anfang an bis heute
bestimmte Wesenszüge unseres Volkes künstlerisch
verwertet sähen: so hätte die deutsche Aunst ihre
innere Berechtigung verloren, wäre sie nur ein Not-
behelf für etwas, was uns eigentlich versagt bliebe,
ginge also das deutsche Volk im Grunde nichts an.
So gibt es für die Aunstpslege wie für die Aunst-
übung in Deutschland keine entscheidendere Frage
als diese.
Sie kann nur untersucht und deutlich ge-
macht werden durch eine vergleichende Zu-
sammenstellung deutscher Malerei aus allen
Zeiten und Schulen, nicht geschichtlich, son-
dern wesentlich geordnet.
Dieser Versuch soll in Töln, an der Stätte ruhm-
reicher deutscher Malerschulen, gemacht werden, um
ein gemeinsames Vertrauen wieder zu gewinnen, aus
dem allein deutsche Aunst schaffen und wirken kann.
In dem großen Hauptsaal dieser Ausstellung
sollen charakteristische Werke deutscher Malerei aus
allen Zeiten und Schulen vereinigt werden. Leibl
neben Holbein, Böcklin neben Grünewald und
Tissarz neben Schwind; und wenn der plan ge-
lingt, wird hier sür einen Sommer eine Ruhmes-
halle deutscher Aunst beisammen sein, unserm Volk
zur Ehre, unsern Aünstlern und Aunstfreunden zur
Verständigung und Mahnung.
 
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