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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 43
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Künstler und Kunstindustrie
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0597

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OIL Werkstatt der rrun st

sseäaklem: Hemrick Stemback.
V. Jakrg. V Hekt 43. A 4. August 1906.
In äieseni Oeile unserer Lsitschrist erteilen wir jeclern Künstler clas freie Mort. Mir sorgen ciafür, ciss tunlichst keinerlei
Angriffe auf Personen ocier Genossenschaften abgeclruckt wercten, okne class vorder clsr Angegriffene clie Möglichkeit gekabt
Kälte. in demselben yefte zu erwiciern. Oie «eclaktion kält sich vollständig unparteiisch uncl gibt -iurch clen Abdruck keineswegs
—--- -lne OeKer-lnsNrnrnung rnit clen auf cliese Meise voraetragenen Meinungen zu erkennen. -
Das nächstfolgende Heft der „Werkstatt der
Kunst", Nr. 44, erscheint am A'ugttst.

Rimstler unä Runstmäustrie.

Gegen einen Aufsatz von Cornelius Gurlitt
(s. diesen im „Dresdner Anzeiger" vom 5. April ss>06)
und mittelbar gegen das Direktorium der Dritten
Deutschen Runstgewerbeausstellung wenden sich, wie
wir schon in unserem Hefte 38 mitteilten, in einer
Eingabe an die deutschen Negierungen 22 Vereine
(s5 aus Dresden, der allgemeine Handwerkerverein,
verschiedene Innungen, der Gewerbeverein u. s. w.,
dann der Verband deutscher Juweliere in Berlin und
je ein Verein in Düsseldorf, Gumbinnen, Mainz und
Zittau, zwei in Stuttgart), dazu 20H einzelne Firmen
aus ganz Deutschland. In dieser Eingabe heißt es:
„In dem Aufsatz eines Mitgliedes des Ausstellungs-
direktoriums, betitelt: ,Die Ziele der Dritten Deutschen Kunst-
gewerbe-Ausstellungs welcher zu Anfang April dieses Jahres
in fast allen Dresdener und vielen auswärtigen Tageszeitungen
erschien, wird ausgeführt, daß diese Ziele dahin gehen, die
kunstgewerbliche Industrie von dem Künstler insofern ab-
hängig zu machen, als bei zu vergebenden Arbeiten der
Künstler derjenige sein soll, welcher die ihm geeignet erschei-
nenden Fabrikanten, Kunsthandwerker u. s. w. zur Ausfüh-
rung derselben zu bestimmen hat. Die in diesem Aufsatze ent-
wickelten Grundsätze dürfen wohl als von der Ausstellungs-
leitung selbst befolgt angesehen werden, denn tatsächlich wurde
von dem Direktorium der Kunstgewerbe-Ausstellung nach
ihnen verfahren. Durch eine derartige Auffassung und das
Bemühen, diese Idee zu verallgemeinern, wird aber dem kau-
fenden Publikum das vertrauen zu den bestehenden kunst-
gewerblichen Firmen entzogen, die durch ihre bisherige Be-
teiligung an Ausstellungen des In- und Auslandes sehr
wohl der: Beweis ihrer eigenen, künstlerischen Befähigung
erbracht, den guten Ruf des deutschen Kunstgewerbes über-
haupt begründet und mit schweren materiellen Gxfern aller
Welt bewiesen haben. Line Ausstellung, die unter dem
Namen einer.Kunstgewerbe^Ausstellung nur den Interessen
einzelner Künstler dient und deren Beschickung kunstgewerb-
lichen Firmen als selbständigen Ausstellern von vornherein
erschwert war, trägt ihren Namen mit Unrecht; denn sie ist
keine Ausstellung des Kunstgewerbes, sondern eine Künstler-
Ausstellung. Die Unterzeichneten: viele lausend Kunstgewerbe-
treibende, Industrielle, Gewerbetreibende, Kaufleute und Hand-
werker haben seinerzeit die Veranstaltung der Ausstellung mit
lebhafter Freude begrüßt, da sie von derselben eine wesent-
liche Förderung und Unterstützung des wirtschaftlich dar-
niederliegenden Kunstgewerbes erwarteten. In der Verwirk-
lichung der oben geschilderten Ziele der Ausstellung müssen
sie jedoch eine schwere Schädigung der kunstge-
werblichen Industrie erblicken und gegen eine solche
Auffassung und deren Durchführung Widerspruch erheben,
wenn auch ein Hand in Hand-Arbeiten von Künstlern und
kunstgewerblichen Unternehmungen als durchaus wünschens-
wert bezeichnet werden muß und auch in beiderseitigem

Interesse liegt, so darf doch nicht vergessen werden, daß beide
Teile in gleicher weise aufeinander angewiesen sind. Dem
Künstler wäre mit seinen Ideen allein nicht gedient, wenn
nicht die Industrie hinter ihm stände, die das oft große Risiko
übernimmt, ein umfangreiches Warenlager zu halten, welches
das Publikum zum Kaufe anregt und die ganze Unsicherheit
eines gewerblichen Unternehmens auf sich nimmt, das nicht
nur gewinn-, sondern unter Umständen auch sehr verlust-
bringend sein kann. Die einseitige Stellungnahme für den
Künstler ist daher unbillig, um so mehr, als sie eine ernst-
liche Bedrohung der Existenz vieler kunstgewerblicher Unter-
nehmungen zur Folge haben muß. Besonders schwer muß
es diese Industrie aber treffen, wenn derartige Anschauungen
als leitende Gedanken bei der Veranstaltung einer Kunstge-
werbe-Ausstellung veröffentlicht werden. Denn die darin
liegende Erschwerung der Teilnahme der kunstgewerblichen
Firma als solcher auf der Dresdener Ausstellung wird und
muß in vielen die Meinung herorrufen, als wenn diejenigen
Unternehmungen, die nicht unmittelbar nach dem Auftrage
eines bestimmten Künstlers arbeiten, minderwertig wären
gegenüber denjenigen Firmen, welche dies tun. Den vielen
kunstgewerblichen deutschen Unternehmungen aber, die unter
diesen Unständen sich genötigt sahen, der Ausstellung fern
zu bleiben, war dadurch die Möglichkeit genommen, ihr
eigenes Können und ihre eigenen Erzeugnisse gegenüber dem
des ausstellenden Künstlers von der Deffentlichkeit beurteilen
zu lassen. Die Unterzeichneten müssen sich aus den angeführ-
ten Gründen energisch gegen eine solche Auffassung wenden.
Sie bitten daher eine hohe Regierung, die in dem dieser
Eingabe beiliegenden Aufsatz dargelegten Bestrebungen nicht
zu unterstützen, welche, den Interessen weniger einzelner
dienend, eine Industrie — die Tausende von Arbeitern be-
schäftigt und ein nicht unbeträchtliches Nationalvermögen
vertritt — in nicht vorauszusehendem Umfang zu schädigen
imstande sind. — Gutem Vernehmen nach soll im Anschluß
an die dargelegte Auffassung der Ziele der Ausstellung be-
absichtigt sein, an der Dresdener Kunstgewerbeschule sogenannte
Lehrwerkstätten einznrichten. wie bereits am 9. März in
einer zu Berlin abgehaltenen Versammlung des Verbandes
für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes — die
von etwa ^50 hervorragenden kunstgewerblichen Industriellen
aus allen Teilen Deutschlands besucht war — festgelegt
worden ist, haben sich solche Lehrwerkstätten als eine Schä-
digung der Kunstgewerbetreibenden insofern erwiesen, als sie
neben Kuustgewerbeschülern naturgemäß auch Gewerbsge-
hilfen beschäftigen und, um genügend Arbeit zu haben, Privat-
aufträge übernehmen, meistens solche der an den betreffenden
Anstalten beschäftigten Lehrer. Ls werden also hierbei staat-
liche Mittel benutzt, um der ohnehin mit Steuern und Ab-
gaben bereits genügend belasteten Kunstgewerbeindustrie in
schadenbringender Weife Konkurrenz zu machen. Die Unterzeich-
neten nehmen auch gegen diese Einrichtung Stellung und bitten,
von der Einrichtung solcher Lehrwerkstätten an den Kunstge-
werbeschulen absehen und den bereits bestehenden die Ausfüh-
rung von privataufträgen jeglicher Art untersagen zu wollen."
 
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