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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 15
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Anonyme Kunstausstellungen
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Internationale Kunstausstellungen in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0206

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202

Die Werkstatt der Kunst.

nur aus dem einzigen Grunde, weil die meisten
Zurückgewiesenen aus Furcht oder Scheu in jenem
Salon eben auch nicht ausstellten, leider, denn ich
kannte eine große Anzahl solcher Künstler, welche
mit herrlichen Werken abgewiesen wurden. Würden
aber alle Zurückgewiesenen wieder ausgestellt haben,
dann wäre dem Publikum der eklatante Beweis er-
bracht worden, welche Mißwirtschaft bei der Ab-
stimmung und Annahme der Werke herrscht, denn
selbst unter den Bildern der Zurückgewiesenen, welche
hinterher ausstellten, ohne sich um irgend etwas zu
bekümmern, war so manches interessante Werk zu
sehen, mehr Originalität als die Hunderte von
Mittelmäßigkeiten im Salon der Angenommenen.
Man könnte tatsächlich verzweifeln, daß immer und
immer wieder das alte Lied gesungen werden muß,
daß wahre perlen der Kunst oftmals zurückgewiesen,
während die liebe Mittelmäßigkeit auf die besten
Plätze gehängt wird. Was z. B. die Münchener
Verhältnisse anbetrifft, so kenne ich sie nicht, kann
also da nicht urteilen, von Paris dagegen kenne ich
sie besser und kann auf Grund dieser Erfahrungen
ausdrücklich hervorheben, daß, wenn jedem zurück-
gewiesenen Künstler Gelegenheit gegeben wäre, sein
Werk trotz der Zurückweisung ausstellen zu können,
das Publikum erstaunen würde über diese Zurück-
weisungen.
Daher begrüße ich die Zdee einer „anonymen"
Ausstellung, auf welcher jeder seine Haut zu Markte
tragen muß. O.
Ganz entgegengesetzt äußert sich ein
Düsseldorfer Künstler:
Anonyme Kunstausstellungen zu veranstalten,
ist deshalb schon ein Unding, weil der Kunstwert
eines Bildes doch fast ausschließlich in der Persön-
lichkeit liegt. Durch die Anonymität würde dem
Plagiatmaler Tür und Tor geöffnet. Es wird
jedenfalls Hunderte von Malern geben, welche sehr
geschickte Arbeiter sind und die Kopie eines Meister-
werkes fast auf gleiche Stufe mit dem Original
bringen könnten; doch fehlt ihnen das, was den
Künstler ausmacht: die Selbständigkeit und die
Eigenart. Es wäre z. B. wohl nicht so arg schwer,
eine Persönlichkeit genau so darzustellen, wie es,
sagen wir einmal Meister Lenbach, gemacht hätte.
Käme nun ein solches Bild auf die Ausstellung, so
würde der betreffende Käufer sich nur ein wertloses
Plagiat erworben haben. Das Kunstwerk soll eben
nur ein Seelenspiegel des Darstellenden sein, nicht
nur ein Zeugnis seiner Geschicklichkeit des erlernten
Handwerkes. Keine Bilder lassen kälter als die-
jenigen, welche immer an einen anderen Autor
erinnern. Nur ein oberflächlicher Kunstliebhaber
kann an einer Nachahmung Gefallen finden; dann
kaufe er sich besser eine Griginalsteinzeichnung; er
besitzt auf diese Weise jedenfalls eher ein Original,
wenn es auch fünfzigfach reproduziert, als eine
Nachahmung einer starken Persönlichkeit.

heft s5.
Internationale Kunstausstellungen
in Oeutscblanö.
wir verzeichnen in folgendem wiederum eine
Anzahl der uns in Sachen „internationaler Kunst-
ausstellungen in Deutschland" zugegangenen Kund-
gebungen. Wenn sich in dieser Angelegenheit bisher
nur solche Künstler zum Worte meldeten, welche,
bald mehr, bald weniger eingeschränkt, ihre Gegner-
schaft gegen die „Znternationalität" aussprachen, so
wollen wir doch nicht vergessen, daß es unter den
deutschen Künstlern auch eine sehr starke Partei gibt,
welche entgegengesetzter Meinung ist. Wir er-
innern daran, daß auch diesen Künstlern in der-
selben Weise Gelegenheit gegeben ist, ihre Meinung
in der „Werkstatt der Kunst" zum Ausdruck zu bringen,
wenn sie den Wunsch dazu haben sollten. —
Man schreibt uns aus H. bei Hamburg:
Die Ablehnung von zu oft wiederkehrenden
internationalen Kunstausstellungen in Deutschland
seitens der Künstlerschaft ist nicht zu ignorieren.
Diese Ablehnung ist ein Zeichen der Zeit — der
schlechten Zeiten! Und recht zu bedauern ist, daß
keiner der unabhängigen oder der schon be-
rühmten Künstler ein Wort aus Bruderherzen findet.
Dadurch werden alle, die sich der Ablehnung an-
schließen, zu Künstlern niederen Ranges, ja vielleicht
im Stillen zu Kunstfeinden gestempelt. Das ist hart,
und könnte doch anders sein. Zn meinem Bekannten-
kreis gelte ich auch schon als Bedauernswerter, da
von mir in der „Werkstatt der Kunst" damals einige
Zeilen über den Deutschen Künstlerbund erschienen.
Das kann mich aber nicht abhalten, mit gutem
Künstlerbewußtsein auch meinen Beifall zu der Ab-
lehnung der internationalen Ausstellungen zu be-
kunden. Denn die Ablehnung geht nicht hervor
aus Verkennung der Qualitäten der ausländischen
Kunstwerke, sondern (und das ist doch der springende
Punkt!) weil wir Künstler in Deutschland, die wir
kein ererbtes vermögen besitzen, die wir nicht zu-
fällig reich geheiratet haben, die wir nicht berühmt
sind, so nicht weiter leben können, wenn Unsummen
für auswärtige Kunst ausgegeben werden und den
Deutschen nichts bleibt! Zawohl, nichts, Zhr Herren,
die Zhr so von oben auf uns herunterschaut. Zhr
sitzt vielleicht in Hülle und Fülle, aber wir-??
Also Zhr Fürsprecher der internationalen Kunst-
ausstellungen, wenn keine Begründung hilft, muß
man Euch mit Euren eigenen Waffen schlagen (siehe
„Mannheimer Volksblatt" u. a.)! — „Die Kunst ist
international!" Jawohl, so heißt es immer und hat
auch eine gewisse Richtigkeit. Aber des Pudels Kern?
Trotzdem die Kunst international ist, tun weder
Franzosen noch Engländer viel, bei ihren Ausstel-
lungen (im vergleich zu Deutschland) danach zu
handeln. Sie verschließen ihre Ausstellungspforten.
Bitte, wenn man doch so viel auf die hochstehenden
Fremden gibt, warum fällt denn dieser Widerspruch
nicht auf? vielleicht gerade, weil die Kunst in
 
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