Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/1906
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0289
DOI issue:
Heft 21
DOI article:Thoma, Hans: Zur Frage der internationalen Kunstausstellungen, insbesondere der Mannheimer
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0289
LDienrerklwtt der MM
sseäaklem: Stemba6).
V. Jabrg. I)ekt 21. A 19. febr. ^906.
In diesem ^eile unserer Leitscdrist erteilen wir jedem Künstler das freie Mort. Mir sorgen dafür', das tllnlickst keinerlei
Angriffe auf Personen oder Senossenscksften sbgeclrnckt werclen, okne dass vorder der Angegriffene die Möglidikeit geksbt
KLit«, in demselben IZefte zu erwidern. Oie Redaktion kält sick vollständig unparteiisdr und gibt durcd den Abdruck keineswegs
.-....-I—.--. .. , . — Nebereinstirnrnung rnit den auf diese Meise vorgetrsgenen Meinungen zu erkennen. ..
2^ur frage 6er internationalen Kunstausstellungen,
insbesondere 6er Mannheimer.
von I)ÄNS ^koma.
Sehr ungern mische ich mich in den Streit,
der in Künstlerkreisen entbrannt ist über die be-
absichtigte internationale Kunstausstellung in Mann-
heim. Da aber ein Herr b^xtraneus mich ange-
rempelt hat — so will ich gerne und offen und
kurz sagen, was ich zu der Sache denke.
Wenn die Stadt Mannheim beschließt, daß
sie eine „internationale" Aunstausstellung veran-
stalten will, so ist das ihre Sache — ebenso wenn
sie Herrn Dill mit der Ausführung dieser Aus-
stellung beauftragt — ich habe durchaus nichts
dagegen einzuwenden —, weil ich kein Recht habe,
etwas dagegen einzuwenden. — Ich halte inter-
nationale Kunstausstellungen für kein Unglück für
unsre deutsche Kunst — also auch die Mannheimer
nicht. Die Stadt Mannheim soll sich nur daran
freuen, wenn ihr Bilder aus Nah und Hern zu-
geführt werden; sie wird dann wohl Freude an
der Kunst überhaupt in noch größerem Maße als
bisher bekommen und ich zweifle kaum, daß sie
später auch „deutsche", vielleicht sogar speziell „ba-
dische" Ausstellungen veranstalten wird.
Die internationalen Ausstellungen haben be-
lebend auf die deutsche Kunst gewirkt. Ich muß,
da ich kein besseres Beispiel zu dem weiß, was
ich nun sagen will, von mir selber sprechen.
Ich werde jetzt als der spezifisch naiv deutsche
Maler teils geschimpft, teils gelobt. Aber Ende
der sechziger Jahre, da meine Sachen wohl noch
am Allernaivsten waren, da ich weder in Paris
noch in London noch in Italien war, wurden die-
selben zuerst von solchen Deutschen geschätzt, die
ihren Blick für das Gebiet der Kunst durch den
Aufenthalt in Paris und London erweitert hatten.
Ich hatte in solchen Kreisen schon eine ganz
außergewöhnliche Geltung erlangt, während die
Stammgäste der Kunstvereine über mich lachten
oder wetterten, mich die Genossenschaftsausstellun-
gen gewöhnlich refüsierten, und die mit kurzsich-
tigen Brillen behafteten, zu Kunstrichtern emporge-
schnellten Zeitungsschreiber höhnisch der oberfläch-
lichsten Meinung des Publikums Ausdruck gaben.
Als ich das Malen aber doch nicht aufgab, wurde
ich später in den siebziger Jahren als ein Nach-
ahmer der Franzosen erklärt. Man sah nämlich
da auf internationalen Ausstellungen Bilder von
Franzosen, die den Kunstvereinsstammgästen eben-
sowenig gefielen wie meine Bilder.
Kurzum, nur die internationalen Aus-
stellungen sind daran schuld, daß man mich jetzt
für einen deutschen Maler hält. Ja, es wäre
mir anfangs der siebziger Jahre recht schlecht ge-
gangen — meine Bilder wurden öffentlich als un-
möglich und unverkäuflich erklärt —, wenn nicht die
„Internationalität" sich eingemischt hätte. Ein
Engländer, der jedenfalls nicht wußte, wie sehr ich
in Deutschland verrufen war, kaufte zwei Sommer
hintereinander immer mehrere Bilder von mir in
der Münchener Ausstellung. Und da sollte ich
wohl kein Freund der internationalen Kunst sein?
Es gibt eine europäische Kunst und die
Unterschiede der Nationalität sind zwischen Frank-
reich, England und Deutschland gar nicht so groß;
und die gute und beste Kunst in diesen drei Ländern,
wenigstens in Frankreich und in Deutschland, hat
von jeher die größte Mühe gehabt, sich zu behaupten
— denn französische Kunst hat einen erbitterten
Kampf zu führen gehabt gegen pariser Kunst-
mode —, man denke nur wie es Millet, Eorot,
Eourbet, Rousseau in diesem Kreis gegangen ist.
Man macht die Kunstausstellungen freilich
zu einem Rechnungsexempel und will das Geld
für die deutschen Künstler Zusammenhalten — aber
auch die Kunst lebt nicht vom Geld allein und
sseäaklem: Stemba6).
V. Jabrg. I)ekt 21. A 19. febr. ^906.
In diesem ^eile unserer Leitscdrist erteilen wir jedem Künstler das freie Mort. Mir sorgen dafür', das tllnlickst keinerlei
Angriffe auf Personen oder Senossenscksften sbgeclrnckt werclen, okne dass vorder der Angegriffene die Möglidikeit geksbt
KLit«, in demselben IZefte zu erwidern. Oie Redaktion kält sick vollständig unparteiisdr und gibt durcd den Abdruck keineswegs
.-....-I—.--. .. , . — Nebereinstirnrnung rnit den auf diese Meise vorgetrsgenen Meinungen zu erkennen. ..
2^ur frage 6er internationalen Kunstausstellungen,
insbesondere 6er Mannheimer.
von I)ÄNS ^koma.
Sehr ungern mische ich mich in den Streit,
der in Künstlerkreisen entbrannt ist über die be-
absichtigte internationale Kunstausstellung in Mann-
heim. Da aber ein Herr b^xtraneus mich ange-
rempelt hat — so will ich gerne und offen und
kurz sagen, was ich zu der Sache denke.
Wenn die Stadt Mannheim beschließt, daß
sie eine „internationale" Aunstausstellung veran-
stalten will, so ist das ihre Sache — ebenso wenn
sie Herrn Dill mit der Ausführung dieser Aus-
stellung beauftragt — ich habe durchaus nichts
dagegen einzuwenden —, weil ich kein Recht habe,
etwas dagegen einzuwenden. — Ich halte inter-
nationale Kunstausstellungen für kein Unglück für
unsre deutsche Kunst — also auch die Mannheimer
nicht. Die Stadt Mannheim soll sich nur daran
freuen, wenn ihr Bilder aus Nah und Hern zu-
geführt werden; sie wird dann wohl Freude an
der Kunst überhaupt in noch größerem Maße als
bisher bekommen und ich zweifle kaum, daß sie
später auch „deutsche", vielleicht sogar speziell „ba-
dische" Ausstellungen veranstalten wird.
Die internationalen Ausstellungen haben be-
lebend auf die deutsche Kunst gewirkt. Ich muß,
da ich kein besseres Beispiel zu dem weiß, was
ich nun sagen will, von mir selber sprechen.
Ich werde jetzt als der spezifisch naiv deutsche
Maler teils geschimpft, teils gelobt. Aber Ende
der sechziger Jahre, da meine Sachen wohl noch
am Allernaivsten waren, da ich weder in Paris
noch in London noch in Italien war, wurden die-
selben zuerst von solchen Deutschen geschätzt, die
ihren Blick für das Gebiet der Kunst durch den
Aufenthalt in Paris und London erweitert hatten.
Ich hatte in solchen Kreisen schon eine ganz
außergewöhnliche Geltung erlangt, während die
Stammgäste der Kunstvereine über mich lachten
oder wetterten, mich die Genossenschaftsausstellun-
gen gewöhnlich refüsierten, und die mit kurzsich-
tigen Brillen behafteten, zu Kunstrichtern emporge-
schnellten Zeitungsschreiber höhnisch der oberfläch-
lichsten Meinung des Publikums Ausdruck gaben.
Als ich das Malen aber doch nicht aufgab, wurde
ich später in den siebziger Jahren als ein Nach-
ahmer der Franzosen erklärt. Man sah nämlich
da auf internationalen Ausstellungen Bilder von
Franzosen, die den Kunstvereinsstammgästen eben-
sowenig gefielen wie meine Bilder.
Kurzum, nur die internationalen Aus-
stellungen sind daran schuld, daß man mich jetzt
für einen deutschen Maler hält. Ja, es wäre
mir anfangs der siebziger Jahre recht schlecht ge-
gangen — meine Bilder wurden öffentlich als un-
möglich und unverkäuflich erklärt —, wenn nicht die
„Internationalität" sich eingemischt hätte. Ein
Engländer, der jedenfalls nicht wußte, wie sehr ich
in Deutschland verrufen war, kaufte zwei Sommer
hintereinander immer mehrere Bilder von mir in
der Münchener Ausstellung. Und da sollte ich
wohl kein Freund der internationalen Kunst sein?
Es gibt eine europäische Kunst und die
Unterschiede der Nationalität sind zwischen Frank-
reich, England und Deutschland gar nicht so groß;
und die gute und beste Kunst in diesen drei Ländern,
wenigstens in Frankreich und in Deutschland, hat
von jeher die größte Mühe gehabt, sich zu behaupten
— denn französische Kunst hat einen erbitterten
Kampf zu führen gehabt gegen pariser Kunst-
mode —, man denke nur wie es Millet, Eorot,
Eourbet, Rousseau in diesem Kreis gegangen ist.
Man macht die Kunstausstellungen freilich
zu einem Rechnungsexempel und will das Geld
für die deutschen Künstler Zusammenhalten — aber
auch die Kunst lebt nicht vom Geld allein und