Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0178
DOI Heft:
Heft 13
DOI Artikel:Eine Revisionsinstanz bei den Grossen Berliner Kunstausstellungen
DOI Artikel:Eine Ausstellung Bayerischer Kunst 1800-1850 in der Münchener Jahresausstellung 1906
DOI Artikel:Viktor Sieger
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UH_Die Werkstatt der Kunst._Heft HZ.
die Worte: „Ls war ja auch zu toll gewor-
den, wie dort Werke von ernsthaften Künst-
lern, die die Lhre haben, in unseren besten
Galerien vertreten zu sein, einfach hinaus-
geworfen wurden, während man mittel-
mäßige, ja sogar schlechte Werke an die
besten Plätze hing und sie obendrein im
Katalog abbildete." Ls ist dieses genau der
Ton, in welchem damals die Broschüre: „Die
Flucht in die Gesfentlichkeit" geschrieben war, der
jedes unparteiische Urteil ausschließt, gegen den
nicht energisch genug Protest erhoben werden kann.
Der Verfasser behauptet schlankweg, daß Jury so-
wohl als Hängekommission schlecht ihres Amtes
gewaltet haben. Ja, du liebe Zeit, das ist doch
nur seine persönliche Meinung, womit er doch noch
nicht beweist, daß die Werke, welche er für mittel-
mäßig oder schlecht hält, auch wirklich schlecht sind.
Die Kommission war doch eben anderer Meinung.
Ls spricht daraus die persönliche Empörung des Zu-
rückgewiesenen, während die Gesfentlichkeit doch nur
das Sachliche an der Besprechung interessieren kann.
Sehr erfreulich ist an dem besprochenen Artikel,
daß der Verfasser einsieht, daß zu viel Kollektiv-
Ausstellungen in der großen Ausstellung von Uebel
seien. Ich füge dem nur hinzu, daß es sehr leicht
ist, gegen Kollektiv-Ausstellungen zu protestieren,
wenn man selbst erst vor wenigen Zähren einen
ganzen Saal für seine eigene Kollektion zur Ver-
fügung gehabt hat. ir. V.
6me Ausstellung Vayeriscker Kunst
1800—1850 in cler Müncbener Jabres-
ausstellung 1906.
Der Gedanke, das Jubiläum des Königreichs Bayern
durch eine retrospektive Kunstausstellung, wie sie im nächsten
Jahre im Glaspalast stattfinden wird, in München zu feiern,
gewann bereits im März ;9oq. feste Gestalt. Damals wurde
das Projekt besprochen, sie in Verbindung mit der IX. Inter-
nationalen Kunstausstellung ;9O5 zu veranstalten, und für
ihre Zwecke das Ausstellungsgebäude am Königsplatz in
Aussicht genommen. Franz v. Lenbachs Tod vereitelte die
Durchführung dieser Idee. Die Gedächtnisausstellung, mit
welcher die Münchener Künstlcrschaft das Andenken ihres
großen Toten ehrte, konnte nur in genanntem Gebäude statt-
finden und die geplante Zentenarfeier mußte deshalb in das
Jubiläumsjahr selbst verlegt werden. Da jedoch im nächsten
Jahre die Sezession obengenanntes Gebäude für eigene Zwecke
bedarf, erklärte sich die Künstlergenossenschaft bereit, von der
Aufstellung moderner Kunstwerke in den mittleren Sälen des
Glaspalastes abzusehen und dieselben der retrospektiven Ab-
teilung einzuräumen. ,
In der Zwischenzeit hatten sich dem geplanten Unter-
nehmen neue Schwierigkeiten in den weg gestellt. Berlin
trat mit dem Projekte einer allgemeinen deutschen Iahrhun-
dertausstellung hervor, die noch vor der Münchener Aus-
stellung in den ersten Monaten des Jahres ;9O6 stattfinden
solle. Die anfängliche Befürchtung, daß durch den früheren
Termin des Berliner Unternehmens die Münchener Jubi-
läumsveranstaltung in ihrer Bedeutung herabgesetzt werden
würde, erwies sich bei näherer Prüfung als unbegründet.
Denn das Berliner Programm umfaßt ein zeitlich viel größeres
Gebiet (;785—;875) und will einen Ueberblick über die
künstlerische Tätigkeit in ganz Deutschland schaffen,
während das Münchener Projekt die grundlegende bayerische
Kunst innerhalb der ersten Hälfte des ;9. Jahrhunderts zu
eingehender Darstellung bringen soll. So konnte auch eine
begreifliche Verstimmung über die Berliner Konkurrenz, die
auf die unoerschiebbare Bayerische Jubiläumsausstellung
keinerlei Rücksicht nahm, die maßgebenden Münchener Kreise
nicht davon abhalten, dem umfassender angelegten allgemein
deutschen Unternehmen auch von feiten der bayerischen Resi-
denz die weitgehendste Unterstützung angedeihen zu lassen.
Ls war hierbei der Gedanke leitend, daß die Münchener
Ausstellung entsprechend ihrem Charakter als Jubiläums-
veranstaltung und ihrem ins Detail weisenden Programm
einer regeren Beteiligung von feiten der Privateigentümer
sich erfreuen und demgemäß auch ein viel intimeres Bild der
enger umgrenzten Epoche geben würde, als es in dem großen
Rahmen der Berliner Ausstellung möglich ist. Freilich bedarf
es hierzu in noch vermehrtem Grade der Bereitwilligkeit aller
derer, die sich in glücklichem Besitze eines für die Ausstellung
geeigneten Kunstwerkes befinden. An manche von ihnen wird
die unbescheidene Bitte gestellt werden müssen, ihr Eigentum
auch für die Münchener Zentenarausstellung freizugeben, um
dort das gewünschte Gesamtbild erreichen zu können. Sie
mögen dem älteren Münchener Ausstellungsgedanken die
frühere und in größerem Stile gehaltene Durchführung in
Berlin nicht entgelten lassen! Zudem ist nur ein kleiner Teil
des bayerischen Privatkunstbesitzes seither in Anspruch ge-
nommen worden. Es steht zu hoffen, daß auch die Kunst-
werke, von deren verbleib bisher noch keine Kunde in die
Gesfentlichkeit gedrungen ist, durch die Freundlichkeit ihrer
Besitzer in möglichst großer Zahl dem bayerischen Jubiläums-
unternehmen dargeliehen werden. Alle Anmeldungen beliebe
man an die Geschäftsleitung der Ausstellung Baye-
rischer Kunst ;8OO—;85O, München, Künstlerhaus,
zu richten. Die Besichtigung der angebotenen Kunstwerke
wird zu Beginn des nächsten Jahres erfolgen. Sämtliche
Transport- und Versicherungskosten werden durch die Aus-
stellungsleitung getragen.
Viktor Sieger l'.
Man schreibt uns den folgenden Nachruf:
wiederum ist einer jener Männer dahingegangen, wel-
chem im Herzen der Kollegen ein besonderer Platz des Ge-
denkens gebührt: unser vortrefflicher Viktor Sieger ist vor
kurzem in seiner Vaterstadt Wien im 6t- Lebensjahre ge-
storben. Wenn jemand außer den nächsten verwandten und
Freunden über diesen Verlust Ursache hat, zu trauern, so ist
es vor allem die Münchener Künstlergenossenschaft, welcher
der verstorbene bis zu seiner schweren Erkrankung vor einem
Jahre angehört, und welcher er über zehn Jahre lang nach
Gründung der historischen Sammlung seine Zeit, seine besten
Kräfte und seine reichen Erfahrungen als hervorragender
Kenner und Sammler gewidmet hat. wenn diese Sammlung
nun heute das geworden ist, was sie ist, eine einzig in ihrer
Art dastehende, die all' das umfaßt, was seit Anfang des
vorigen Jahrhunderts auf das Münchener Künstlerleben und
-schaffen Bezug hat, so ist dies nicht zum mindesten das
Verdienst Viktor Siegers. Lr selbst besaß eine sehr wertvolle
Kupferstich- und Handzeichnungssammlung. Sein Zartgefühl
ließ es aber nicht zu, nachdem er Mitglied der Historischen
Kommission der Münchener Künstlergenossenschaft geworden
war, diese seine Sammlungen noch zu erweitern; er wollte
dadurch jeden Anschein vermeiden, als suche er in dieser
Eigenschaft Vorteile für seine Privatsammlung zu erringen.
Und so floß alles, was ihm auf diesem Gebiete von da an
zugänglich war, der Historischen Sammlung zu.
Viktor Sieger entstammte einer sehr angesehenen Familie
Wiens. Seine Vaterlandsliebe trieb den noch blutjungen
Mann unwiderstehlich, den zwischen Oesterreich und Italien
ausgebrochenen Krieg als Freiwilliger mitznkämpfen.
Glücklich heimgekehrt, erfüllte der Vater seinen Wunsch,
Maler werden zu dürfen. Siegers Eintritt in die wiener
die Worte: „Ls war ja auch zu toll gewor-
den, wie dort Werke von ernsthaften Künst-
lern, die die Lhre haben, in unseren besten
Galerien vertreten zu sein, einfach hinaus-
geworfen wurden, während man mittel-
mäßige, ja sogar schlechte Werke an die
besten Plätze hing und sie obendrein im
Katalog abbildete." Ls ist dieses genau der
Ton, in welchem damals die Broschüre: „Die
Flucht in die Gesfentlichkeit" geschrieben war, der
jedes unparteiische Urteil ausschließt, gegen den
nicht energisch genug Protest erhoben werden kann.
Der Verfasser behauptet schlankweg, daß Jury so-
wohl als Hängekommission schlecht ihres Amtes
gewaltet haben. Ja, du liebe Zeit, das ist doch
nur seine persönliche Meinung, womit er doch noch
nicht beweist, daß die Werke, welche er für mittel-
mäßig oder schlecht hält, auch wirklich schlecht sind.
Die Kommission war doch eben anderer Meinung.
Ls spricht daraus die persönliche Empörung des Zu-
rückgewiesenen, während die Gesfentlichkeit doch nur
das Sachliche an der Besprechung interessieren kann.
Sehr erfreulich ist an dem besprochenen Artikel,
daß der Verfasser einsieht, daß zu viel Kollektiv-
Ausstellungen in der großen Ausstellung von Uebel
seien. Ich füge dem nur hinzu, daß es sehr leicht
ist, gegen Kollektiv-Ausstellungen zu protestieren,
wenn man selbst erst vor wenigen Zähren einen
ganzen Saal für seine eigene Kollektion zur Ver-
fügung gehabt hat. ir. V.
6me Ausstellung Vayeriscker Kunst
1800—1850 in cler Müncbener Jabres-
ausstellung 1906.
Der Gedanke, das Jubiläum des Königreichs Bayern
durch eine retrospektive Kunstausstellung, wie sie im nächsten
Jahre im Glaspalast stattfinden wird, in München zu feiern,
gewann bereits im März ;9oq. feste Gestalt. Damals wurde
das Projekt besprochen, sie in Verbindung mit der IX. Inter-
nationalen Kunstausstellung ;9O5 zu veranstalten, und für
ihre Zwecke das Ausstellungsgebäude am Königsplatz in
Aussicht genommen. Franz v. Lenbachs Tod vereitelte die
Durchführung dieser Idee. Die Gedächtnisausstellung, mit
welcher die Münchener Künstlcrschaft das Andenken ihres
großen Toten ehrte, konnte nur in genanntem Gebäude statt-
finden und die geplante Zentenarfeier mußte deshalb in das
Jubiläumsjahr selbst verlegt werden. Da jedoch im nächsten
Jahre die Sezession obengenanntes Gebäude für eigene Zwecke
bedarf, erklärte sich die Künstlergenossenschaft bereit, von der
Aufstellung moderner Kunstwerke in den mittleren Sälen des
Glaspalastes abzusehen und dieselben der retrospektiven Ab-
teilung einzuräumen. ,
In der Zwischenzeit hatten sich dem geplanten Unter-
nehmen neue Schwierigkeiten in den weg gestellt. Berlin
trat mit dem Projekte einer allgemeinen deutschen Iahrhun-
dertausstellung hervor, die noch vor der Münchener Aus-
stellung in den ersten Monaten des Jahres ;9O6 stattfinden
solle. Die anfängliche Befürchtung, daß durch den früheren
Termin des Berliner Unternehmens die Münchener Jubi-
läumsveranstaltung in ihrer Bedeutung herabgesetzt werden
würde, erwies sich bei näherer Prüfung als unbegründet.
Denn das Berliner Programm umfaßt ein zeitlich viel größeres
Gebiet (;785—;875) und will einen Ueberblick über die
künstlerische Tätigkeit in ganz Deutschland schaffen,
während das Münchener Projekt die grundlegende bayerische
Kunst innerhalb der ersten Hälfte des ;9. Jahrhunderts zu
eingehender Darstellung bringen soll. So konnte auch eine
begreifliche Verstimmung über die Berliner Konkurrenz, die
auf die unoerschiebbare Bayerische Jubiläumsausstellung
keinerlei Rücksicht nahm, die maßgebenden Münchener Kreise
nicht davon abhalten, dem umfassender angelegten allgemein
deutschen Unternehmen auch von feiten der bayerischen Resi-
denz die weitgehendste Unterstützung angedeihen zu lassen.
Ls war hierbei der Gedanke leitend, daß die Münchener
Ausstellung entsprechend ihrem Charakter als Jubiläums-
veranstaltung und ihrem ins Detail weisenden Programm
einer regeren Beteiligung von feiten der Privateigentümer
sich erfreuen und demgemäß auch ein viel intimeres Bild der
enger umgrenzten Epoche geben würde, als es in dem großen
Rahmen der Berliner Ausstellung möglich ist. Freilich bedarf
es hierzu in noch vermehrtem Grade der Bereitwilligkeit aller
derer, die sich in glücklichem Besitze eines für die Ausstellung
geeigneten Kunstwerkes befinden. An manche von ihnen wird
die unbescheidene Bitte gestellt werden müssen, ihr Eigentum
auch für die Münchener Zentenarausstellung freizugeben, um
dort das gewünschte Gesamtbild erreichen zu können. Sie
mögen dem älteren Münchener Ausstellungsgedanken die
frühere und in größerem Stile gehaltene Durchführung in
Berlin nicht entgelten lassen! Zudem ist nur ein kleiner Teil
des bayerischen Privatkunstbesitzes seither in Anspruch ge-
nommen worden. Es steht zu hoffen, daß auch die Kunst-
werke, von deren verbleib bisher noch keine Kunde in die
Gesfentlichkeit gedrungen ist, durch die Freundlichkeit ihrer
Besitzer in möglichst großer Zahl dem bayerischen Jubiläums-
unternehmen dargeliehen werden. Alle Anmeldungen beliebe
man an die Geschäftsleitung der Ausstellung Baye-
rischer Kunst ;8OO—;85O, München, Künstlerhaus,
zu richten. Die Besichtigung der angebotenen Kunstwerke
wird zu Beginn des nächsten Jahres erfolgen. Sämtliche
Transport- und Versicherungskosten werden durch die Aus-
stellungsleitung getragen.
Viktor Sieger l'.
Man schreibt uns den folgenden Nachruf:
wiederum ist einer jener Männer dahingegangen, wel-
chem im Herzen der Kollegen ein besonderer Platz des Ge-
denkens gebührt: unser vortrefflicher Viktor Sieger ist vor
kurzem in seiner Vaterstadt Wien im 6t- Lebensjahre ge-
storben. Wenn jemand außer den nächsten verwandten und
Freunden über diesen Verlust Ursache hat, zu trauern, so ist
es vor allem die Münchener Künstlergenossenschaft, welcher
der verstorbene bis zu seiner schweren Erkrankung vor einem
Jahre angehört, und welcher er über zehn Jahre lang nach
Gründung der historischen Sammlung seine Zeit, seine besten
Kräfte und seine reichen Erfahrungen als hervorragender
Kenner und Sammler gewidmet hat. wenn diese Sammlung
nun heute das geworden ist, was sie ist, eine einzig in ihrer
Art dastehende, die all' das umfaßt, was seit Anfang des
vorigen Jahrhunderts auf das Münchener Künstlerleben und
-schaffen Bezug hat, so ist dies nicht zum mindesten das
Verdienst Viktor Siegers. Lr selbst besaß eine sehr wertvolle
Kupferstich- und Handzeichnungssammlung. Sein Zartgefühl
ließ es aber nicht zu, nachdem er Mitglied der Historischen
Kommission der Münchener Künstlergenossenschaft geworden
war, diese seine Sammlungen noch zu erweitern; er wollte
dadurch jeden Anschein vermeiden, als suche er in dieser
Eigenschaft Vorteile für seine Privatsammlung zu erringen.
Und so floß alles, was ihm auf diesem Gebiete von da an
zugänglich war, der Historischen Sammlung zu.
Viktor Sieger entstammte einer sehr angesehenen Familie
Wiens. Seine Vaterlandsliebe trieb den noch blutjungen
Mann unwiderstehlich, den zwischen Oesterreich und Italien
ausgebrochenen Krieg als Freiwilliger mitznkämpfen.
Glücklich heimgekehrt, erfüllte der Vater seinen Wunsch,
Maler werden zu dürfen. Siegers Eintritt in die wiener