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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 42
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Die Kunst im Bayerischen Landtage
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0581

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I^eäakleur: Hemrick Stemback.

V. Jakrg. Heft 42. * 25. ?uU 1906.

In clieseni ^eUe unserer Leils<Z,rM erleUen wir jectern Rünsiier ciss freie Morl. Mir sorgen clstür, cias lunii^sl keinerlei
Angriffe auf Personen ocier Genossenschaften abgeclrucht wsrcien, okne «lass vorder cier Angegriffene ciie Möglichkeit gekabt
KLtte, in ciernseiben yeste zu erwiciern. Oie «eclaktion kalt sich voUstanäig unparteiisch unck gibt ciurch clen Abdruck keineswegs
- . - -. eine Nebereinstirnrnung rnit clen auf Liese Meise vorgetrsgenen Meinungen zu erkennen. -

Das nächstfolgende ^eft der „Werkstatt der 2<unstch Nr. HZ, erscheint am August.

Vie Kunst im kayeriscken Lanätage°

Die Erörterungen, welche im Bayerischen Land-
tage bei der Beratung des Kultusetats kürzlich über
die Kunst in München gepflogen wurden, geben in
mancher Beziehung eine gewisse Beleuchtung von
deren gegenwärtiger Situation, weshalb die Aus-
führungen der Redner ihrem wesentlichen Inhalte
nach hier wiedergegeben seien. Bei den einzelnen
hierher gehörenden Kapiteln führte zunächst der libe-
rale Abgeordnete Fischer, nach einem Berichte der
Münch. N. Nachr.", ungefähr folgendes aus:
Der Bau der Akademie der bildenden Künste be-
darf unbedingt eines Anbaues. Der alte Bau ist von den
modernen Verhältnissen weit überholt worden. Im parterre
dieses Anbaues können Ateliers, im ersten Stock ein Reprä-
sentationsraum und eine Aula untergebracht werden. Auch
das Inventar ist sehr erneuerungsbedürftig. In diesem Zu-
sammenhang möchte ich den bedauerlichen Abgang der be-
deutendsten Künstler von München in der letzten Zeit
zur Besprechung bringen. Die Schaffung eines Dispositions-
fonds, um namhafte Künstler festzuhalten, bis sie entsprechende
Stellung erhalten können, wäre sehr am Platze. Das ist eine
hervorragende wirtschaftliche Frage nicht nur für München,
sondern für ganz Bayern. Redner befürwortet lebhaft die
Petition des Künstlerinnenvereins in München um
Erhöhung des jährlichen Staatszuschusses von sooo Mk. auf
toooo Mk. und führt weiter aus: Zu den Gemäldegale-
rien übergehend, möchte ich betonen, daß der gesamte Kunst-
betrieb in Bayern ein strafferes System und eine erhöhte
Energie erfordert. Die Kunst wird viel zu sehr noch als
Luxusartikel behandelt. Sie nimmt in unserem Staatsleben
nicht jene führende Stellung ein, die ihr Ludwig I. einge-
räumt hat. Das Wort vom definitiven Niedergang Mün-
chens als Kunststadt ist allerdings nur eine Sensations-
macherei eines Berliner Journalisten. Trotzdem kann nicht
geleugnet werden, daß wir auf dem Gebiete der Malerei
unser Prestige eingebüßt haben. Es wird sogar behauptet,
daß München in dieser Richtung in einem gewissen Verruf
steht. Zur Besserung dieser Verhältnisse ist seitens der Staats-
stellen ein enger persönlicher Verkehr mit der gesamten Kunst-
welt nötig. Bedauerlich ist, daß die Kunsthistoriker gegenüber
den Künstlern zurückgedrängt werden. Der Künstler kann in
reinen Kunstfragen niemals ganz objektiv sein. Auch auf
dem Gebiete der Kunstgeschichte kann der Künstler unmög-
lich so bewandert sein wie der eigentliche Gelehrte. Sie müssen
sich also notwendigerweise ergänzen, wir wissen, welchen
Aufschwung in den letzten Jahren die Berliner Museen ge-
macht haben. Ls ist das Werk der Kunsthistoriker. Mit der
Bestellung von Künstlern als Leitern von Galerien und
Muieen ist es eine eigene Sache. Hervorragende Künstler
werden derartige Stellen nicht annehmen, und Sterne zweiter
und dritter Größe leisten wiederum nicht das, was diese
Stellung erfordert, was den Ankauf von Bildern be-

trifft, so sollte man den Galerien und Museen die ausgesetzte
Summe des Budgets insgesamt als Pauschale zuwenden,
damit der Betrag, wenn Gelegenheit zum Ankauf eines her-
vorragenden Kunstwerkes geboten ist, beliebig von einer
Sammlung auf die andere übertragen werden kann. Gale-
rien und Museen müssen natürlich in ein innigeres Verhält-
nis zueinander treten. Ls wäre auch eine außerordentliche
Erleichterung, vor allem hinsichtlich der Verantwortung der
Staatsregierung, wenn sie stch, wie in anderen Fragen, einen
ständigen Beirat in Form einer Generaldirektion sichern würde.
Dies würde viel zu einer zweckmäßigen Besetzung der Aemter
und Konservatorenstellen beitragen, wie wir wissen, hat der
Minister die Absicht, ein kunsthistorisches Examen an der
Universität einzuführen. An der Universität wäre auch eine
weitere Professur zur Heranbildung von Kunsthistorikern
unter den Philologen am Platz, und es sollte hier der neueren
Kunst eine bevorzugtere Stellung eingeräumt werden als bis-
her. Ich habe mich über die einzelnen Sammlungen gründ-
lich informiert, sowohl bei den Führern sämtlicher hiesiger
Künstlergesellschaften, wie auch mit namhaften Kunstschrift-
stellern des In- und Auslandes korrespondiert. (Abg. v. voll-
mar: Auch bei der „Rinnsteinkunst"?) Auch bei der Rinn-
steinkunst. (Heiterkeit.) Einstimmig ist mir bestätigt worden,
daß der Bau der Neuen Pinakothek vollständig unge-
eignet sei, weil die Bilder im Winter unter dem Mangel der
Heizung und im Sommer unter schlechter Ventilation leiden.
Auch der zur Verfügung stehende Raum ist viel zu klein,
was man in der Pinakothek sieht, ist nicht annähernd der
Bestand dieser Galerie, sondern eine große Reihe von Gemälden
sind schichtenweise in einem Magazin aufgespeichert, weil sie
schlechterdings nicht mehr untergebracht werden können. Eino
Anzahl der besten Bilder ist ganz ungenügend, teilweise direkt
schlecht aufgehängt. Der Hauptschaden beim Ankaufswesen
liegt darin, daß die eine Hälfte der Hof, die andere der Staat
dirigiert. Ich befürworte einen eigenen Direktor, womöglich
Kunstdirektor, damit wir endlich reinen Tisch bekommen,
wenn kein Neubau aufgeführt werden kann, dann möchte
ich dringend bitten, daß rnit dem Werk der Dezentralisation
gleich hier vorgegangen wird, wir sind längst davon abge-
kommen, alles nach München schleppen zu wollen. Der Staat
sollte in dieser Beziehung nach französischem und englischem
Muster viel mehr tun. Da wären hauptsächlich die fränki-
schen Provinzen in Betracht zu ziehen, die in vergangenen
Dezennien geradezu ausgeraubt worden sind. Für sämtliche
Museen sollte ein plan ausgearbeitet werden, welche Meister
und Bilder wir überhaupt noch nötig haben. So fehlt uns
z. B. Bellini. Unser Bild von Hals ist zwar nach sachver-
ständigem Urteil nicht zu teuer angekauft worden, wenn
man es aber vor zehn Jahren gekauft hätte, würde man
es um den vierten Teil erhalten haben. Bei unseren Kunst-
ausstellungen ist der Hauptschmerz das Gebäude. Lin Kunst-
ausstellungsgebäude, den modernen Anforderungen ent-
sprechend, an Stelle des Glaspalastes, ist eine unabweisbare
Notwendigkeit, wenn dem ganzen Lande die enormen
Scharen von Fremden auch fürderhin erhalten bleiben sollen,
 
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