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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 14
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Ein Preisausschreiben und ein Prospekt
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0192

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s88

Die Werkstatt der Kunst.

heft

auf die Fragen in Heft s auf Krücken daher. Ls scheint,
daß die Direktoren Hauptmann a. D. Gurlitt und der mir
unbekannte Herr Dabisch gar nicht gut orientiert sein wollen,
warum find z. B. in dieser Erwiderung Daten konsequent
vermieden? Weil die Antworten auf jene vielerlei Fragen
schon in dem Sähe der „Werkstatt der Kunst" liegen: „als
die Berliner Gesellschaft noch gar nicht existierte".
was nun die „klingende Münze" anbetrifft, in
welche ich mein geistiges Eigentum umgesetzt haben soll, so
sei folgendes festgestellt: Im August ^90^ gründete ich die
Stammgesellschaft für plastische Malerei und wurde künst-
lerischer Leiter dieses Unternehmens. Lin Kaufpreis bestand
nicht, sondern nur der Betrag sollte mir ausbezahlt werden, der
sich aus den von mir bis zur Gründung bar ausgelegten
Patent- und Lrfindungsunkosten summierte. M. zo 000.—
wurden mir in Anteilen gutgeschrieben, die aber bis heute
nur auf dem Papiere stehen und nie geklungen haben.
Da nun die Herren ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht
ordnungsgemäß nachzukommen beliebten und nur auf dem
Prozeßwege erreichbar waren, erwarb ich schon nach einem
Jahre das Ausführungsrecht mit großen Verzichtleistungen
auf Geld und Rechte zurück.
Ferner die Urheberschaft: Durch persönlich angesetzte
Proben, deren Risiko und Kosten ich selbst übernahm, erhielt
ich die Aufträge im Schauspielhaus in Frankfurt a. M., im
Rathaus ebendort, im Hoftheater in Braunschweig und
vieles andere von Bedeutung. Namentlich aber wird hier
Granienburgerstraße tH interessieren, woselbst ich mir meine
Ausstellungsräume geschaffen, nach meinen Entwürfen die
Technik in ihren vielseitigen Anwendungsmotiven in ihrer
Reihe darstellte und auch mit großen Geldopfern an einer
Wanddekoration den versuch machte, eine neue, eigens aus-
gedachte Mosaiktechnik mit plastischer Malerei organisch zn
verbinden. Die Berliner Gesellschaft hat nun den Mut, in
der Erwiderung meine Ausführungen in Frobenstraße 7 als
von ihr ausgeführt zu betonen. Laut Vertrag aber vom
7. März tstvH, als neue Geschäftsführer die Stammgesell-
schaft übernahmen, um Lizenzen in der Provinz zu verkaufen,
wurde mein Ausführungsrecht auf Berlin und Brandenburg
eingeschränkt. Auf Grund meiner Entwürfe und nach Be-
sichtigung meines Ausstellungsraumes übertrug mir Baurat
Ahrens die künstlerische Innenausgestaltung des umstrittenen
Hauses. Ich habe also nicht als „angestellter Zeichner"
nur einige Entwürfe angcfertigt, sondern alle und deren
Ausführung bis zum Schluß durchgeführt. Zu dieser Zeit
hatte kein anderer das Ausführuugsrecht für Berlin. Eine
kleine Deckenzeichnung allerdings stammt nicht von mir,
sondern vom Kollegen Köster, den die Stammgesellschaft für
ihre Zwecke engagiert hatte. Als er aber auch das verein-
barte Honorar für seine Leistung beanspruchte, wurde er
von Herrn Buhtz entlassen.
Wie entstand die Berliner Gesellschaft für
plastische Malerei? Als ich im Mai x9O5 von einer
Reise zurückkehrte, fand ich in meinen Räumen einen Herrn
Hauptmann a. D. Gurlitt, der sich mir als Direktor der
„Berliner Gesellschaft für plastische Malerei" vorstellte. Frei-
lich hatte ich mit den Geschäftsführern der Stammgesellschaft
schon vorher einmal darüber gesprochen, daß ich mein Aus-
führungsrecht in größerem Stile ausnützen könne, z. B. auf
dem kapitalkräftigen Boden einer Tochtergesellschaft. Diese
Geschäftsführer betreiben auch noch, nebenbei bemerkt, ein
Unternehmen auf therapeutischem Gebiete, auch Haupt-
mann a. D. Gurlitt hatte sein Geld bei letzterem Unter-
nehmen stehen, bezog Gehalt und war Direktor. Es ist mir
nicht unbekannt, warum inan diesen Herrn plötzlich vorschob
und zum Direktor einer „Gesellschaft für plastische Malerei"
mit imponierendem Gehalt ernannte. Vhne den „demon-
strativ betonten" Künstler zu fragen, wurde mein Namens-
schild von der Tür abgeschraubt und mein Betrieb militärisch
organisiert. Zwar tanzte ich nicht, wie gepfiffen wurde,
und eben deshalb kam es schon nach kurzer Zeit zur Aus-
sprache. Der Hauptmann hatte keine Ahnung, daß ich das
Ausführungsrecht erworben, man hatte ihm das wohlweislich
verschwiegen und er hatte als Nichtkaufmann versäumt, sich mit

den bestehenden Verträgen nur irgendwie bekannt zu machen.
Wohl aber erklärte er mir, daß meine Existenz als Künstler
von dem Augenblick an überflüssig geworden, an dem fest-
gestellt ist, daß man mit Bindfaden einen plastischen Kontur
fabrizieren kann. Unsere Wege trennten sich. Als ich aber
mein gesamtes Inventar, mit dem natürlich Granienburger-
straße tH gearbeitet wurde, herausforderte, verweigerte man
mir auch noch die Herausgabe meines Eigentums. Ueber
meine Arbeiten machte man sich lustig, als ich erklärte, daß
meine Entwürfe, die das Ergebnis jahrelanger Arbeit und
Hineinleben in meine Technik sind, nicht benützt werden
dürfen. Trotzdem fand ich sie sehr bald entstellt bei der
ersten Ausführung der Berliner Gesellschaft am Eottbuser-
damm 6-h wieder. Die wirklichen Ausführungen der
Berliner Gesellschaft erfuhren eine sehr ungünstige, so-
gar höchst abfällige Kritik, eine Tatsache, welche ich erfor-
derlichenfalls — die Berliner Gesellschaft für plastische Ma-
lerei kann sich darauf verlassen — durch Zeugen entsprechend
belegen lassen kann.
was will denn überhaupt das ganze Preis-
ausschreiben? will es Künstler unterstützen? Gder will
man für sich Reklame machen? Darf man das aber mit
den Arbeiten anderer? wie nennt man ein solches Ge-
baren, wie es sich in dem Prospekt dokumentiert? Im
übrigen handelt es sich bei meiner „überaus wertvollen
Erfindung" nicht um eine Erfindung maschineller Art,
sondern um eine Idee, die ich durch alle Kinderkrank-
heiten hindurchgekämpft und so weit entwickelt habe, daß sie
lebensfähig ist. Ich habe an dem künstlerischen Gehalt meiner
Sache gearbeitet und mich nie dem verschlossen, der kam,
um den künstlerischen Boden meiner Technik zu nähren.
Als Erfindung an sich ist die plastische Malerei simpel und
belanglos, und auch der beste Entwurf ist einer Gefahr aus-
gesetzt, wenn seine Ausführung nicht mit seiner Grundidee
künstlerisch verwandt ist.
Das Wesen meiner Technik ist weder von den Direk-
toren der Berliner- noch der Stammgesellschaft erkannt.
Z. B. haben die letzteren meine Auslandspatente verfallen
lassen und in der Entschädigungsklage bemerken die Herren
im gegnerischen Schriftsatz auf einmal die Wertlosigkeit
meines Verfahrens. Da heißt es: „Man arbeitet viel zu
exakt mit Gipsstuck, um derartige Surrogate verwenden zu
können." Auch bestreiten sie dort, daß das Gutachten
Herkomers sich überhaupt auf „plastische Malerei" beziehe.
Auf eigene Kosten und aus eigener Initiative habe ich
t90Z Hubert v. Herkomer in Bushey bei London meine
Technik vorgeführt und für meine Zwecke als künstlerische
Unterstützung das Gutachten bekommen, nicht aber haben
unberufene Hände ein Recht, dieses Schreiben als Fell ihrer
Reklammetrommel zu benutzen, wie Herkomer selbst dar-
über denkt, mag nachstehender Brief bestätigen:
vululauuä, Lusbsy Nsrts, iZtbRovemdsr 190Z.

Neern Nsrm. Lcbuclt, Lcblüterstr. Z7,
Obarlottenbur§.

vsar Lir,
05 courss I remsmbsr your comin§ clovvn to sbocv wo
your invsntion ok tbs moclellinA material, ancl veben I acl-
clresseä myselt to tbs Illastiscbe Nalerei Oompany, I natu-
rally tbou^bt you vesrs at tbs bsaä c>5 it. I nsvsr 5or a
Moment meant to §ivs ms praiss kor tbs material to tbs
Lompany, but it was äistinctly to you, llsrm. Lcbuclt, as
invsntor. Vours lbitblblly,

Ueber die Existenzberechtigung der Berliner Gesellschaft
wird ein Prozeß entscheiden. Sollten die Herren vorstehendes
zu widerlegen belieben, so bin ich dann gezwungen, mit scharfen
Geschützen vorzugehen. Geladen sind sie und nur ein mora-
lisches Gmen verstopft jetzt nur ihren Lauf. Nicht ich, son-
dern Kollegen, die mit den Verhältnissen vertraut waren,
haben ein Veto gegen das Gebaren der Gesellschaft gelegent-
lich des Preisausschreibens erhoben und sich an das Grgan
 
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