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Dehio, Georg
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 4): Südwestdeutschland — Berlin, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.10980#0293

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Mur

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Mur

Stützpunkt benutzte Weihe war nur Wiederweihe der im Investitur-
streit entweihten Altäre. Es muß damals noch die alte K. be-
standen haben. Die wir vor uns sehen, ist nicht vor M. 12. Jh.,
wahrscheinlicher in den ersten Jahrzehnten der 2. H. entstanden;
genauere stilistische Vergleichspunkte fehlen. — Der Chor zeigt im
Gr. eine bedeutsame Parallele zu Hirsau: Hauptchor und Neben-
chor, beide platt schließend, jener um Mauerdicke über die o
Fluchtlinie vorspringend, im Innern durch eine Doppel-Ark. mit
den Nebenchören kommunizierend. Eigentümlich verwickelt und
zugleich verkümmert die Anlage des Qsch. Stark ausladend, ist
es doch nur sehr schmal, abweichend von der auch für das Elsaß
normalen Formel des lateinischen Kreuzes. Es zerfällt in 5 Joche.
Die 3 mittleren, im Gr. der Teilung von Chor und Lhs. ent-
sprechend, gehen in der Höhenentwicklung über sie hinaus, wäh-
rend die vorspringenden Arme niedriger sind als das Msch. des
Lhs. Rittlings auf dem Qsch., und zwar unmittelbar zu Seiten
der Vierung, in der Fluchtlinie der Nebenchöre, sitzen hohe Türme
(wohl nach Vorbild von Cluny). Die über die Türme ausgreifen-
den Enden des Qsch. haben gleich den Nebenchören ein Ober-
geschoß, die Treppen (geradläufig) liegen in den fast 2 m starken
Stirnmauern. Der OBau ist in allen Teilen gewölbt; in den Qsch.-
Endigungen Tonnengwb., in den Nebenchören grätige Kreuzgwbb.,
die großen Gwbb. des Hauptchors und der Vierung mit Kreuz-
rippen verstärkt; ihr Profil rck., ohne Schlußstein, der eine Bogen
vollständig durchgemauert, die Zweige des anderen stumpf an-
stoßend; eine primitive Methode, der man in Frankreich und der
Lombardei in LH. 12. Jh. öfters begegnet. An letztere erinnert
im besonderen die Diagonalstellung der die Kreuzrippen aufneh-
menden Kaptt. — Die Befangenheit des Innenraums, der übrigens
im Zusammenhang mit dem Lhs. weit weniger ungünstig gewirkt
haben muß, ist nur die Kehrseite der Vorzüge des Außenbaus.
Hier ein mit sicherer Gestaltungskraft durchgeführter, sehr eigen-
artiger Rhythmus. Das Wirksame ist: die enge Zusammenrückung
des Turmpaares, die Herabdrückung der Kreuzflügel auf eine Höhen-
lage, die die Mitte zwischen Hauptchor und Nebenchören hält; die
Zusammenstellung des Hauptchorgiebels mit begleitenden Halb-
giebeln der Nebenchöre; und nicht zuletzt die jedes Lobes werte
Flächendekoration, voll Leben und zugleich voll strenger Würde.
Das Großquaderwerk der Mauern von jener Vorzüglichkeit, die ein
Merkmal der Cluniacenserbauten bildet, und belebt durch Farben-
wechsel. Die Türme durch einen über der Vierung liegenden
Querbau mit Satteldach verbunden; im Mauerwerk in jüngerer
Zeit erneuert, in der Anlage, wie der Entlastungsbg. der WSeite
zeigt, alt.
 
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