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Dehio, Georg
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 4): Südwestdeutschland — Berlin, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.10980#0405

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Rufach) beliebte Proportionsschema des gleichseitigen Dreiecks er-
reicht wird. Im älteren Projekt wäre die Scheitelhöhe des Msch.
c. 24,5 m gewesen, sie stieg jetzt auf 31,5 m, bei einer lichten
Weite, gemessen von Wand zu Wand, von 16 m. (In der Notre-
Dame in Paris 12,8 : 32,4, in Chartres 15,3 :34, in Amiens 13,5 : 41,5,
in Metz 12,8:40, in Cöln 14:44, in Ulm 14,2:41). Zwischen
dem Vierungsbg. und dem Schiffsgwb. enstand infolge dessen ein
Mauerzwickel. Unfraglich erfährt hier die organische Entwicklung
einen Bruch, aber da ohnedies der Ausblick in den Chor eine
Wendung zum Malerischen nimmt, wird es nicht als störende
Dissonanz empfunden. Das System ist 3 teilig, zwischen Arkaden
und Oberfenstern liegt ein Triforium und zwar mit durchbrochener,
befensterter Außenwand. Dies ist in der got. Entwicklung zur
Flächenauflösung die letzte Stufe (deshalb allein schon die her-
kömmliche Einordnung als „frühgotisch" unzulässig). Sie war in
Frankreich eben erst erreicht worden. Unser Meister hat sie am Um-
bau der Abteikirche S. Denis kennen gelernt. Auch andere, zum
Teil wenig wichtige, aber immer bezeichnende Einzelheiten sind von
dort entlehnt: der Aufbau der Pfeilergruppe um einen quadr. Kern
(in Frankreich sonst immer rund), die Unterstützung des über
den Sockel vorquellenden Randes der Basen durch kleine Kon-
solen (schon am Engelspfl.), die Zeichnung der Ssch. Arkatur, mit
leichten Veränderungen auch die Zeichnung der Flochschiffsfenster
unter Beibehaltung des an sich unerheblichen, aber in Frankreich
singulären Details der Dopplung des Rundstabs am Mittelpfosten.
Das ist Schulgut. Die Persönlichkeit des Meisters zeigt sich auch
hier wieder in den Proportionen: die Jochweite, in den Achsen
gemessen, beträgt in Straßburg 8,3 m, in S. Denis 6,2 m bei nur
wenig geringerer Höhe. Ein Unterschied wesentlicher Art zwischen
dem Kunstgefühl des deutschen Meisters und der französischen
Schulformel bekundet sich im Strebewerk. Die deutsche Frühgotik
hatte gegen dieses Bauglied eine Abneigung überhaupt gehabt
und es tunlichst vermieden. Das tut der Meister von Straßburg
nicht. Aber er reduziert sein Vorbild (offenbar Chartres) ohne doch
ihm etwas von seinem Nachdruck zu rauben. Nicht ein verdoppelter,
nur ein einziger Bogen wirft sich dem Schub der Gwbb. entgegen.
Die Belastung des Anfallspunktes durch eine Fialengruppe ist kon-
struktiv wirksam, dekorativ reich und bleibt doch im Umriß ge-
schlossen. Besonders günstig macht sich der größere Abstand der
Joche geltend, wodurch verwirrende Überschneidungen vermieden
werden (vgl. zum Gegensatz den Kölner Dom!) — Der Meister,
der das Lhs. begann, ist zweifellos identisch — mehrere be-
zeichnende Details beweisen es — mit dem, der das s Qsch. mit
Engelspfl. und Gwbb. zu Ende führte. Die Vollendung des Lhs.
 
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