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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 1
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Hollenberg, Felix: Zur Reform der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft, [5]
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6

Die Werkstatt der Kunst.

Heft p

besserungsbedürstigkeit zum Gegenstand einer öffent-
lichen Aussprache zu machen? Glücklicherweise bin
ich weder der erste, noch der einzige, der die in
der Genossenschaft begangenen Hehler einsieht und
gleichermaßen freut es mich, feststellen zu können,
daß ich nicht der erste bin, der den Willen hat,
diese Hehler öffentlich zu besprechen. Wenn aber in
dem letzteren Punkt der Wille bis heute hinter der
Tat zurückgeblieben ist, so hat das seine Ursache
darin, daß die Genossenschaft versäumt und ver-
träumt hatte, den Echritt zu tun, den jede Interessen-
vertretung tun muß, wenn sie nicht zur absoluten
Ohnmacht verdammt sein will: sich ein eigenes
Organ zu schaffen!
Wäre es nach dem Willen der deutschen Künstler
allein gegangen, so lägen die Verhältnisse auch
heute durchaus nicht günstiger. Die Allgemeine
Deutsche Kunstgenossenschaft hat ihren „Zweck", die
„Wahrung und Hörderung aller gemeinsamen Inter-
essen der deutschen Kunst und der deutschen Künst-
ler", so klar erkannt und so entschieden angestrebt,
daß sie bis heute noch auf dem Standpunkt von
^863 steht, den Deiters in seiner Geschichte mit den
Worten kennzeichnet: „Verschiedene Anträge, ein
Organ der Genossenschaft zu begründen, wurden
definitiv abgelehnt." Das war wieder die All-
gemeine Deutsche Kunstgenossenschaft in ihrer ganzen
Größe!
Auch in diesem Punkt hat die private Ini-
tiative von Nichtkünstlern klarer erkannt, wie den
Interessen der Künstler aufzuhelsen sei, als diese
selbst, und so besitzen wir, zum Glück, seit drei Jahren,
in der „Werkstatt der Kunst", das Organ, welches
offiziell fehlte und immer noch fehlt, hoffentlich ist
es durch die segensreiche Tätigkeit der „Werkstatt
der Kunst" allen, auch den Kurzsichtigsten, klar ge-
worden, was außerhalb der deutschen Künstler-
schaft jeder denkende Mensch seit Jahrzehnten wußte,
daß die Presse eine Macht ist, die man nicht un-
gestraft vernachlässigt.
Wie besonders unangenehm hat sich gerade
im vergangenen Hrühjahr das Hehlen eines Or-
ganes bemerkbar gemacht, als die schon erwähnten
Debatten im Reichstag und im preußischen Land-
tag vom Zaun gebrochen wurden. Obgleich diese
Angriffe vorauszusehen waren, wurde seitens der All-
gemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft doch nicht
die mindeste Vorbereitung zur Verteidigung getroffen,
und so feierten die Gegner einen wohlfeilen „Eieg".

Als aber die Kunstgenossen dem traurigen Verlauf
dieser widerlichen Ereignisse zusahen, wie die be-
trübten Lohgerber, und schließlich doch den Versuch
machen wollten, ihre gute Eache zu verteidigen, da
war im Lande der Gerechtigkeit keine, aber auch
keine einzige Zeitung zu finden, die sich der All-
gemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft vollkommen
annahm. Ja, gegen alle die von haß und Un-
verstand und niedriger Gesinnung diktierten An-
griffe stand ihr keine Verteidigung zu Gebot, als
einige mit großen Kosten hergestellte und verbreitete
Broschüren, die, so gut sie auch waren, von ge-
ringerem Wert sind, namentlich, weil sie nicht im
Augenblick wirken und auch, weil sie nicht im
allerentferntesten den Verbreitungskreis finden konn-
ten, wie die Angriffe der äußerst skrupellosen Gegner.
Wie ganz anders wäre der Verlauf dieser Affäre
gewesen, wenn der Genossenschaft ein eigenes preß-
organ zur Eeite gestanden hätte! Wie leicht wäre
es gewesen, die tiefgründige Weisheit, die damals
verzapft wurde, zu widerlegen. Denn ich glaube,
noch nie ist in Parlamenten so viel unwahres und
ungereimtes Zeug behauptet worden, wie in jenen
traurigen Tagen.
Mit der Nase pariert man aber keine hiebe
und die fortgesetzte Rolle als Ambos entspricht auch
nicht der Würde einer so großen Korporation, wie
der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft, des-
halb sollte sie aus diesem Vorkommnis ihre Lehre
ziehen und, um derartigen Ereignissen für die Holge
vorzubeugen, sich möglichst bald in den Besitz eines
preßorganes setzen.
Doch nach dieser Eeite wird ein Organ wohl
selten in Tätigkeit treten, ja, ich bin überzeugt,
hätten nicht die damaligen Drahtzieher die Gewiß-
heit von der Ohnmacht der Allgemeinen Deutschen
Kunstgenossenschaft gehabt, sie hätten sich sehr ge-
hütet, so loszulegen, hätten sie gewußt, ein gutes
Werkzeug zur Verteidigung ist vorhanden, sie wären
wohl gar nicht zum Angriff übergegangen. And des-
halb würde schon der bloße Besitz eines tüch-
tigen Organes die Allgemeine Deutsche Kunst-
genossenschast vor derartigen Neberfällen schützen,
oder doch die Art der Angriffe wesentlich beeinflussen.
Eoll ich noch an einen weiteren Hall erinnern,
wo eine große parlamentarische Aktion, von ein-
schneidendster Bedeutung für die deutschen Künstler,
ihre offizielle Organisation in vollständiger Wehr-
losigkeit und Interesselosigkeit vorfand: die berüch-
 
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