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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 9
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Ule, Carl Hermann: Nochmals der heilige Bureaukratius in Bayern
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Aus Künstler-Vereinen / Vom Kunsthandel / Vermischtes / Literatur-Umschau / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0128

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 9.


dieser Ausspruch „etwas weit gehen" möge, aber das Gut-
achten „der sachverständigen Mitglieder der Handwerkskammer"
läßt man „einerseits" doch gelten.
Unwillkürlich muß sich indessen die Frage aufdrängen,
wer waren denn eigentlich die sachverständigen Mitglieder
der Handwerkskammer, die das famose Gutachten geschrieben
haben? Die Antwort soll hier folgen. Es waren:
Der Herr Kommerzienrat, Magistratsrat und Buch-
bindermeister Nagler;
2. der Herr Sekretär der Handelskammer;
3. der Herr Privatier und ehemalige Glasmalereibesitzer
Bockhorni sem;
H. der Herr Gbermeister der Glaserinnung, Glasermeister
Winter.
von diesen vier Herren, man lese und staune, ist
nur einer und zwar Herr Nagler, Mitglied der Hand-
werkskammer! Dieser, sowie der Herr Sekretär können
aber in meiner Angelegenheit nicht als „Sachverständige" in
Betracht kommen. Als solchen kann ich vielleicht den Herrn
Bockhorni sen. gelten lassen, obwohl ich hervorheben muß,
daß ein Glasmaler älterer Richtung meinen Bestrebungen
und Leistungen nur geringes Verständnis entgegenbringen
wird. Nun zum letzten: Der Herr Gbermeister Winter,
alsvertreter der gegnerischen Partei, figuriert hier
als Sachverständiger in dem vom Richter (dessen Stelle
in diesem Falle die Regierung zu übernehmen hatte) ein-
geholten Gutachten. — Ei! Ei!
Daß Herr Winter selbst nicht so viel Taktgefühl besitzt,
in diesem Falle auf eine solche Rolle zu verzichten, ist seine
Sache. Nachdem ich aber Herrn Winter seinerzeit aus meinem
Betriebe nach K Z23 Abs. 2 der Gewerbeordnung „entlassen"
habe, war es meine Sache, sein Gutachten als „befangen"
zu bezeichnen. Es darf nicht mehr verwundern, wenn ich jetzt
gegen diesen Gutachter auch noch den verdacht ausspreche,
sein Gutachten „nicht unparteiisch" abgegeben und damit auch
das Gutachten der Handwerkskammer „parteiisch" beeinflußt
zu haben. Verwundern darf es andererseits, daß die Hand-
werkskammer in ganz München keine anderen Sach-
ver ständigen zu finden wußte. Verwundern darf es
ferner, daß die Kgl. Regierung darüber, ob in meinem Be-
triebe die künstlerische oder die mechanische Tätigkeit über-
wiegt, sich überhaupt ein Gutachten von der Handwerks-
kammer einholen konnte. Nur die Annahme gänzlichen
Mangels an Verständnis für die bei Beurteilung meines
Falles zu beantwortende Frage über künstlerisches Schaffen
im Gegensatz zur mechanischen Arbeit könnte es erklärlich er-
scheinen lassen, daß die Kgl. Regierung von dein Gbermeister
der Glaserinnung, vom Bezirksinspektor, vom Fabriken- und
Gewerbe-Inspektor und schließlich von der Handwerkskammer
Gutachten eingefordert und anderen, einwandfreien Gutachten
vorangestellt hat. Alle vorerwähnten von Nichtkünstlern bei-
gebrachten Gutachten müssen aber bei Beurteilung jener Frage
ausgeschaltet werden, denn nur die Künstler sind hier zn-
ständig. — Die Forderung, daß in künstlerischen
Fragen nur das Urteil von Künstlern maßgebend
sein darf, ist das vornehmste allgemeine Interesse,
das in dieser Angelegenheit berührt wird!
Zum Schluß möchte ich nicht unterlassen, ausdrücklich
zu betonen, daß ich mich gegen die Entschließung der Kgl.
Regierung, die mich gegen meinen Willen zur Mitgliedschaft
der Glaser-Zwangsinnung verurteilte, nicht nur im eigenen,
sondern auch im öffentlichen Interesse auflehne. Ich hoffe
dagegen, daß das inzwischen angerufene Kgl. Ministerium
des Innern den von der Regierung begangenen Irrtum wieder
gut machen werde. Noch ist dem heiligen Bureaukratius Ge-
legenheit geboten, sein schwer bedrohtes Ansehen wiederher-
zustellen. Tarl Nie.

Aus Künstler-Vereinen.
Die Künstlervereine, Kunstgenossen-
schaften u. f. f. bitten wir, uns über die Ergebnisse

ihrer Generalversammlungen, Vorstandswahlen, kurz
über alles Bemerkenswerte, soweit es sich znr Ver-
öffentlichung in der „Werkstatt der Kunst" eignet,
kurze Mitteilungen zugehen zu lassen. Die Künstlerschaft
gelangt auf diese weise zu einem wechselseitige,:
Nachrichteiraustausch auf dem einfachsten Wege.
Berlin. An Stelle des verstorbenen Prof. Breitbach ist
Maler L. Wendling zum Vertrauensmann des Vereins Ber-
liner Künstler gewählt worden.
Karlsruhe. Der Verein bildender Künstler wählte
in seiner Generalversammlung an Stelle der zurücktretenden
Herren Professor Thoma und Gtto Eichrodt zum ersten Vor-
stand Herrn Professor Trübner und zum zweiten Herrn
Engelhardt.
München. DieMünchenerKünstler-Genossenschaft
hält am 2. Dezember eine außerordentliche Generalversamm-
lung im Festsaale des Künstlerhauses. Tagesordnung: Inter-
pellation: „Wie stellt sich der Vorstand der Münchener
Künstler-Genossenschaft zu dem Beschluß des Zentral-Komitees,
die Lenbach-Ausstellung ;yos im Gebäude des Vereins bil-
dender Künstler Münchens (Sezession) zu veranstalten?" An-
trag von fünfzig Mitgliedern: Beratung und Beschluß-
fassung über die dem Vorstand eingereichte neue Geschäfts-
ordnung der Jury der Münchener Künstler-Genossenschaft.
München. Aus dem Künstlerinnenverein traten
infolge der Generalversammlung vom ,2. November etwa
30 fortschrittlich gesinnte ordentliche Mitglieder aus. Die-
selben beabsichtigen, sich zu einem eigenen Verein zusammen-
zuschließen.
München. Die Münchner Künstlervereinigung „Scholle"
hatte am 25. d. Mts. unter Anwesenbeit ihres Ehrenmitgliedes,
Herrn Vr. Georg Hirth, die ordentliche General-Versamm-
lung. Aus dem Jahresbericht ist zu entnehmen, daß den Ein-
ladungen zu Kollektiv Ausstellungen bei der Berliner Sezes-
sion, der internationalen Kunstausstellung Düsseldorf und
Münchner Iahresausstellung im Glaspalast Folge geleistet,
außerdem Basel und Zürich beschickt wurden. Von den Ver-
käufen sind zwei für den bayrischen Staat und eine für
das Museum in Basel erwähnenswert. Der ehemalige Lehrer
der Mehrzabl der Mitglieder, Herr Professor Paul Hoecker,
wurde zum Lhrenmitgliede, der I. Vorstand, Maler Fritz Erl er,
der II. Vorstand, Maler Franz Wilhelm Voigt wurden
wiedergewählt.
Vorn Kunslkanciel.

Wien. Kunsthändler Miethke hat seinen Kunstsalon
an Herrn Bacher verkauft, die künstlerische Leitung hat Karl
Moll übernommen.
Vermisstes.

Berlin. Adolf Menzel hat neulich in Gefahr durch
ein Automobil geschwebt, aus der er durch die Entschlossen-
heit eines Vorübergehenden glücklich gerettet wurde. Vor
kurzem hat sich an gleicher Stelle eine Episode abgespielt, die
charakteristisch verlief. Es war abends in der elften Stunde,
als Menzel von der Leipziger Straße her sich anschickte, den
vom verkehr überfluteten Platz zu überschreiten. Zwei Herren
erkannten ihn und erboten sich, ihn zu führen. Da kamen
sie aber schlecht an: Die kleine Excellenz machte eine sehr
energisch ablehnende, fast ärgerliche Handbewegung und kam
schließlich auch ohne „Lotsen" glücklich hinüber.
Literatur-^lmsciiau.
(Die mit o bezeichnten Artikel sind illustriert.)
Die Nullst für Alle, o München. 20. Iahrg. Hefts. V Dez.
Aus dem Inhalt: Gaetano previati. Von E. Thovez. —
 
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