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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 42
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Der Kongress zur Bekämpfung der Farben- und Malmaterialien-Fälschungen München 1905
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Todesfälle / Gedenktage / Aus Künstler-Vereinen / Aus Kunstvereinen / Vom Kunsthandel / Aus Galerien und Museen / Auktionen / Vermischtes / Literatur-Umschau / Briefkasten der Schriftleitung / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0579

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Heft H2.

Die Werkstatt der Kunst.

575

gessen, daß es kaum ein Gemälde der Zeit gibt,
das in unberührtem Zustand aus uns gekommen
ist und an dem nicht im Laufe von drei bis vier
Jahrhunderten allerlei Restaurationen, Ueberma-
lungen, Firnisüberzüge rc. vorgenommen wurden.
Aus diesen: Grunde muß man den „Ueberraschungen"
gegenüber vorsichtig sein, die Prof. Naehlmann durch
seine Untersuchungen bot und deren größte wohl
die ist, daß in der sogen, klassischen Periode, von
perugino bis Tizian, das Mel als Malmaterial
bezw. Bindemittel für die Farben völlig zu-
rücktritt. Dies steht in direktem Widerspruch mit
den Ueberlieferungen von Zeitgenossen, wie Vasari,
Armenini, Borghesi, Lomarzo u. a., an deren Wahr-
haftigkeit zu zweifeln wir keinen Grund haben.
Zn der Nachmittags-Sitzung wurde abermals
ein Thema alter Technik in Verbindung mit Punkt 6
der Leitsätze (Literatur über Maltechnik) zur Sprache
gebracht, obwohl auch hier keine Beziehung zu den
„Farben- und Malmaterialien-Fälschungen" der Neu-
zeit herausgesunden werden kann. Ts handelte sich
um die bekannte Berger-Donner-Streitfrage, betr.
die Technik der römisch-pompejanischen Wandmalerei,
über die ein jüngerer Studiosus der Geschichte, Fritz
Gerlich, wohl im Auftrag der Anhänger der Donner-
schen Freskotheorie, referierte. Tr suchte zu beweisen,
daß Berger in seinem vor einen: Zahre erschienenen
Werke „Die Maltechnik des Altertums" die für die
Kenntnis der antiken Stuccotechnik wichtigen Stellen
des Vitruvius in einen: seiner Auffassung günstigen:
Sinne übersetzt habe, damit aber mit allen früheren
Trklärern in Widerspruch geraten sei. Wir müssen
gestehen, daß wir mit der Ansicht des Referenten
nicht übereinstimmen können. Zm Gegenteil: Gerade
Bergers Uebersetzung und Erklärung der bisher miß-
verstandenen Vitruvstelle scheint uns die richtigere,
um so mehr als Berger durch seine praktischen Ver-
suche die technische Ausführbarkeit seiner Rekonstruk-
tion zur Genüge bewiesen und gezeigt hat, daß
Vitruvs „spiegelnd glattes" Tectorium niemals
durch einfacheFreskomalerei auf Stuckunterlage,
sondern vielmehr nur durch jene Technik herstellbar
ist, die unter dem Namen „Stuoco lustro" bekannt
ist. Den Fresko-Anhängern muß immer wieder ent-
gegnet werden, daß man ihren Beteuerungen erst
Glauben schenken könnte, wenn sie den Gegenbeweis
gegen Bergers Theorie erbracht haben werden, d. h.
wenn sie in Fresko eine wie ein Spiegel glänzende
Malerei zu erziele:: imstande sind. Zn technischen
Dingen gilt die Tat mehr als das Wort!
Endlich nach den Theoretikern kamen auch die
Praktiker zun: Wort und hier zeigten sich die Schwie-
rigkeiten, die in der Fachpresse bis zun: Ueberdruß
behandelten Forderungen beider Teile auszugleichen.
Die Herren Fabrikanten Christian Merzenich (Grenz-
hausen) und A. Mayer (Worms) äußerten sich zu
sämtlichen Leitsätzen, um ihre Stelluug zu kenn-
zeichnen. Bei der darauf folgenden erregten Aus-
sprache zwischen Produzenten und Konsumenten for-

derten die ersteren eine scharfe Trennung zwischen
Künstlerfarben und solche für technische Zwecke. Der
Zumutung, die nicht „reinen", also „verschnittenen"
oder „geschönten" Farben zu schablonieren, d.h. deren
Mischung genau auzugeben, setzten sie hartnäckigen
Widerstand entgegen, weil dadurch dem Ausland
allzuleicht die Mittel iu die Hand gegeben würden,
der inländischen Produktion Konkurrenz zu machen.
Da eine Einigung unter den gegebenen Um-
ständen kaum möglich schien, wurde schließlich— wie
dies in der „w. d. K." vorausgesagt wurde! — eine
Kommission gewählt, die alle Punkte ausarbeiten
sollte und auf deren Basis die von: Kongreß ge-
wünschte Verständigung herbeigeführt würde. Dieser
„Vollzugskommission" ist demnach die Hauptaufgabe
übertragen und sie wird all' das in die Wege zu
leiten haben, was bei der Tagung als wünschens-
wert ausgesprochen worden ist. Hoffentlich hat diese
Kommission inehr Eifer als ihre Vorgängerin vom
I. Kongreß für Maltechnik; denn diese ist in: Laufe
der inzwischeu abgelaufeneu Zahre — nicht ein
einzigesmal zu gemeinsamer Arbeit zusammengetreten,
ja es hat nicht einmal ein Meinungsaustausch zwi-
schen den Mitgliedern stattgefunden! v. w.

Denkmäler.

Darmstadt. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen hatte
kurz nach der Rückkehr von seiner indischen Reise Professor
Habich beauftragt, eine Buddhafigur zu schaffen. Als Ma-
terial für dieses Monument wurde Ddenwälder Syenit ge-
wählt. Die Buddhafigur hat nunmehr unter einer mächtigen
alten Eiche im wolssgartener Schloßpark Ausstellung gefunden.
Architektur.
Wiesbaden. Die evangelische Gemeindevertretung be-
schloß den Bau einer vierten evangelischen Kirche und be-
willigte dafür 500 000 Mk.
Aus Akademien unck Kunstschulen.
Karlsruhe. (Die Malerinnenschule) blickt, wie wir
dem Jahresberichte der Anstalt entnehmen, mit Abschluß
dieses Studienjahres H90P05) auf ein 20jähriges Bestehen
zurück. Zm September Z885 wurde der Lehrplan der Schule
veröffentlicht. Der leitende Gedanke war, dem weiblichen Ge-
schlechts dieselbe Gelegenheit zu verschaffen für die Ausbil-
dung in der bildenden Kunst, wie sie den jungen Männern
in den Kunstschulen und Akademien längst geboten war und
wie sie in den Konservatorien auch bereits für die Ausbil-
dung der Damen in der Musik bestanden hat. vor allem sollte
dem Dilettantismus, der die Tätigkeit des weiblichen Ge-
schlechts auf dein Gebiete der bildende,: Kunst mit wenigen
Ausnahmen beherrschte, Einhalt getan und auf dem lvege
ernsten systematischen Studiums eine gediegene Ausbildung
des vorhandenen Talentes ermöglicht werden. So trat als
erste Anstalt dieser Art die Schule ins Leben und war in ihrer
Tätigkeit im verlaufe der Zeit von den schönsten Erfolgen
begleitet. Zm vergangenen Studienjahr war die Anstalt von
sq. Schülerinnen besucht. Die Landschaftsklasse arbeitet seit
z. Mai in Weingarten und wird voraussichtlich wie die Gips-
klasse ihre Tätigkeit noch in den Ferien fortsetzen, während
die Tagesakt- und Malklaffe am ;o. Zuni geschloffen haben.
Zm Lehrpersonal wird eine Veränderung vor sich gehen, in-
 
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