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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 2
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Scholz, P.: Qui pro Quo bei Preisausschreiben
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Ule, Carl Hermann: Offener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0029

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Heft 2.

Die Werkstatt der Ärmst.

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welche vom Kuratorium aus demselben gewählt
werden, ist infolgedessen nur ein kleiner Teil desselben.
Bei der ersten Iurysitzung waren nun
Z (Mitglieder anwesend; da jedoch eine Einigung
über die Preiszuerkenuung nicht erzielt werden
konnte, war eine zweite Sitzung nötig, zu der-
selben erschienen nur mehr 5 Personen, welche
schließlich auch die Preise zuerkannten.
Statt einer, laut der Ausschreibung bestehen-
den Jury von Mitgliedern, urteilte nunmehr
eine solche von nur Z Personen! Zur ersten
Sitzung wurde überdies auch ein Experte, obwohl
dies in der Ausschreibung nicht bekannt gegeben
war, zur Abgabe eines Arteils über die künstlerischen
Qualitäten der eingelangten Entwürfe, beigezogen.
Gb dies zulässig, ist wohl auch eine offene Hrage,
schließlich will ja jeder, welcher bei einer Konkur-
renz mitarbeitet, wissen, wer bei Beurteilung der
Arbeiten ein maßgebendes Wort mitzusprechen hat.
Der erste Preis wurde nun, trotzdem die Aus-
schreibung nur für Künstler lautete, dem Besitzer
einer lithographischen Anstalt zuerkannt,
welcher sich den Entwurf von einem Maler
unfertigen ließ. Diese Arbeit entsprach nun aber
nicht einmal den festgesetzten Bedingungen, da die
Schriftfläche kaum ein Viertel der in der
Ausschreibung verlangten, von etwa 20 cm
Höhe und s8 cm Breite, betrug. Statt nun
wegen Nichteinhaltung der gestellten Bedingnisse
ausgeschaltet zu werden, wurde diesem Entwürfe
der I. Preis zugesprochen. Daß dieses Diplom auch
sonst nicht entsprach, geht auch aus dem hervor,
daß das mit dem II. Preise prämiierte zur Aus-
führung gelangt.
Da man allen diesen Ankorrektheiten wehrlos
gegenübersteht, so bleibt nur die Veröffentlichung
dieser Tatsachen übrig. Indem ich der geehrten
Schristleitung hierfür meinen verbindlichsten Dank
ausspreche, zeichnet
Hochachtungsvollst
P. Echolz, Maler und k. k. Professor.
Okksnsr Vris?
an die Kgl. Regierung von Vberbayern, Kammer des Innern.
Durch den Magistrat der Panpt- und Residenzstadt
München bin ich mit Zuschrift vom zy. September a. o. von
der Entschließung der Kgl. Regierung von Oberbayern, Kammer
des Innern, Nr. 3HHZ6 vom 30. August d. Is., in Kenntnis
gesetzt worden, wonach eine von mir am 22. Dezember p)0Z
erhobene Beschwerde verworfen und ineine Zugehörigkeit zur

Glaser-Zwangsinnnng München „endgiltig" ausgesprochen
wurde.
Mit lebhaftem Bedauern habe ich dieser Entschließung
entnommen, daß den durch die Kgl. Regierung, Kammer des
Innern, in dieser Sache eingeholten Gutachten schon deshalb
mehr Bedeutung als den von mir beigebrachten Gutachten
beigelegt wurde, weil erstere auf persönlicher Einsichtnahme
beruhen und angenommen wird, daß das bei letzteren nicht
der Fall sei. Demgegenüber erkläre ich, daß die Herren Pro-
fessoren Fr. v. Thiersch und Theodor Fischer persönlich besser
und gründlicher die Art meines Betriebes kennen, als alle
anderen Gutachter, deren so schwerwiegende Einsichtnahme je
in einem einmaligen und einige Minuten dauernden Um-
gang durch die Paupträume meines Betriebes bestand. Noch
am eingehendsten haben die perren Fabriken- und Gewerbe-
Inspektor priem und Direktor der Kgl. Kunstgewerbeschule
v. Lange „besichtigt". Trotzdem wird in ihrem Bericht das
Vorhandensein von Lagerräumen, welche auch „zur Glas-
bereitung" dienen und eines Schmelzraumes erwähnt. Wahr-
heitsgemäß konstatiere ich, daß ich weder Einrichtungen dafür
besitze, noch jemals „Glas bereitet" habe.
In dem in meiner Beschwerde als „besangen" bezeich-
nten Gutachten des Obermeisters der Glaserinnung heißt es
wörtlich: „daß Ule sich im Adreßbuchs bloß als ,Kunst- und
Bauglases bezeichne." Ein Blick in die Münchner Adreß-
bücher von ^88y bis ^90-4 lehrt, daß es sich hier nur eine
Unwahrheit handelt. Es ist dazu nur zu bemerken, daß es
die Auslassungen eines Mannes betrifft, der, jetzt Obermeister
der Glaserinnung, von mir seinerzeit nach K ^23 Abs. 2 der
deutschen Reichs-Gewerbeordnung vor Ablauf der vertrags-
mäßigen Zeit und ohne Aufkündigung „entlassen" wurde.
Ein Kommentar braucht weiter nicht gegeben zn werden.
Ich bedauere ferner, daß ein von mir unvorsichtig ge-
brauchter „Ausdruck", nämlich „Glasergewerbe" statt „Ver-
arbeitung des Glases" zu meinen Ungunsten ausschlaggebend
verwendet wurde. Ich ineine die Stelle der Entschließung, in
welcher ausgesprochen wird, daß ich mit dem Bestreben, „die
Verarbeitung des Glases" (das Glasergewerbe) zur Kunst zn
erheben, meine „kunstgewerbliche" Tätigkeit selbst anerkannt
hätte, und daß keine genügenden Anhaltspunkte dafür vor-
lägen, daß ich eine allgemein anerkannte, der Malerei und
Plastik zur Seite stehende Kunstrichtung geschaffen habe. Als
ein weiterer Grund ineiner Zugehörigkeit zur Glaser-Zwangs-
innung wird ausgesprochen, „daß eben doch der Hauptsache
nach in meiner Anstalt ,praktischen Zwecken dienende Gegen-
stände^ (Fenster rc.), wenn auch in künstlerischer Formgebung
und Vollendung geschaffen werden."
Alle über meinen Betrieb abgegebenen Gutachten, mit
Ausnahme der Berichte der als Partei erscheinenden Vertreter
der Glaser-Zwangsinnung und der Handwerkskammer, be-
zeichnen meinen Betrieb unumwunden als „kunstgewerblich!"
Daß damit die „künstlerische" Seite im Gegensatz zur gewerbs-
mäßigen betont werden wollte, geht aus dem Inhalt der
Gutachten hervor. Leider ist aber der Ersatz des Wortes
„Kunstgewerbe" durch „Angewandte Kunst" noch nicht in
alle Kreise gedrungen, sonst wäre auch hier das für mich un-
günstig ausgelegte Wort „kunstgewerblich" wohl vermieden
worden.
Ich verweise übrigens bei dieser Gelegenheit auf den
von der Reichsregierung ausgearbeiteten „Entwurf eines Ge-
setzes, betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste
und der Photographie,"
dessen Beratung unter Vorsitz Sr. Exzellenz des perrn
Justizministers, unter Beiziehung von Fachleuten, am
lO. Oktober d. Is. im Kgl. Justizpalast zu München
beginnen wird. Daselbst heißt es in den Erläute-
rungen zu tz ^ pa§. 7 wörtlich:
„Seitdem die Kunst in steigendem Maße sich der Auf-
gabe zugewendet hat, auch die Gegenstände des täglichen
Lebens zu veredeln und in ästhetisch wirksamen Formen sinn-
voll anszubilden, läßt sich eine verschiedenartige Behandlung
der Kunst, je nachdem sie sich dein Dienste der Gewerbe zu-
wendet oder nicht, nach der Auffassung des Entwurfes nicht
 
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