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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 28
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Professor Sombart über "Wirtschaft und Kunst"
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0377

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Interessen der M
dendenkrenttler.

keäakteur: I. V. Karl ^riess. IV. Ilakrg. * Hell 28. * 10. April 1905.

Prozessor Sombarl über „Mrtscbakl uncl Kunst".

Der bekannte Breslauer Professor Eombart
hielt kürzlich zu Gunsten des Volksbildungsvereines
in Men einen überaus interessanten Vortrag über
„Wirtschaft und Aunst". Der Vortragende unter-
nahm es mit großem Geschick, die Zusammenhänge
zwischen diesen beiden auf den ersten Blick schwer
zusammenfaßbaren Begriffen darzulegen.
Professor Combart ging, nach dem Bericht
des „Wiener Hremdenblattes", von der Auffassung
aus, das das menschliche Handeln, auf welche Mo-
tive immer es zurückgesührt werde, in seiner Ent-
stehung durch das Milieu, in dem dieses Motiv
entstand, bedingt sei. Ueberall, wo Menschen ge-
wirkt haben, war ein bestimmtes wirtschaftliches
Milieu als Untergrund erkennbar. Ein Beispiel
hiefür sei eben die Beziehung zwischen Wirt-
schaft und Aunst. Die wirtschaftlichen Bedin-
gungen, an die das Aunstleben im weiteren Linne
geknüpft ist, sind sowohl zur Entstehung als auch
zur Betätigung der Aunst notwendig. Auf wirt-
schaftliche Momente ist auch die Aeberproduk-
tion der Aunst und deren Massenverbreitung
zurückzuführen. Dies erklärt sich aus der eigentüm-
lichen wirtschaftlichen Situation, in der wir uns jetzt
befinden. Ein eigenartiges Moment zur größeren
Verbreitung der Aunst bildet auch ein neuer Haktor
im Aonsum: die Hrau und das Proletariat.
Die Hrau, die sich nicht mehr so intensiv dein
Hausstande widmet, hat jetzt mehr Gelegenheit,

der Aunst zu leben. And das Proletariat, selbst
ein Produkt der wirtschaftlichen Entwicklung, trägt
gleichfalls zur größeren Verbreitung der künstle-
rischen Produktion bei.
Der Gelehrte kam nun auf die Hrage zu
sprechen, ob auch künstlerischeIdeen durch wirt-
schaftliche Momente beeinflußt werden. Professor
Combart bejaht diese Hrage. Eine Holge dieser Be-
einflussung durch das heutige wirtschaftliche Leben
sei das Phänomen der Massenpsychologie,
durch welches die Aünstler gezwungen sind, auf
die Psychologie der Massen als individuelle Cha-
raktere Rücksicht zu nehmen. Das größte und schwie-
rigste Problem bildet aber nach Ansicht Professor
Lombarts die Hrage, ob Art und Richtung des
künstlerischen Schaffens an die Bedingung der wirt-
schaftlichen Notdurft geknüpft sei. Auch diese
Hrage bejaht der Redner und kommt zu dem pes-
simistischen Schlüsse, daß durch die heutige wirt-
schaftliche Theorie die Aunst allmählich zu Grunde
gehen muß, da die Aunst eines Volkes, das eine
kolossale wirtschaftliche Produktion und großen Reich-
tum aufzuweisen hat, wie die Geschichte zeigt, zu
Grunde geht. Diese Verbindung des Aunst- und
Wirtschaftsproblems dürfe uns aber nicht abhalten,
die Aunstwerke, die wir jetzt besitzen, voll und ganz
zu würdigen, denn diese reichen über alles
Irdische.
 
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