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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 27
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Ein interessanter Rechtsstreit
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Mildernde Umstände
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0366

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362

Die Werkstatt der Aunst.

Heft 27.

Der enttäuschte Aünstler hat sich nun ent-
schlossen, mn zu einer Entschädigung zu kommen,
den Rechtsweg zu betreten und von seinem Rechts-
anwalt folgendes Gutachten erhalten:
Sehr geehrter Herr!
Nach Prüfung der Sachlage beehre ich mich Ihnen
mitzuteilen:
Bei der Beurteilung des vorliegenden Tatbestandes
sind an sich zwei Möglichkeiten denkbar; jemand erteilt
einen Auftrag zur Fertigung einer Skizze; dieser Auftrag
ist von irgend einer anderen Offerte zum Abschluß eines
anderen Werkvertrages nicht verschieden. Für die Aus-
führung des Werkes ist zweifelsfrei das vereinbarte oder
das angemessene Entgelt zu entrichten. Oder es ergeht
eine Aufforderung zur Bewerbung um ein Werk, zur Ein-
reichung von Offerten. Dabei ist ein Entgelt von vorn-
herein abzulehnen, wenn diese Aufforderung an eine un-
beschränkte Künstlerzahl, in Form einer Auslobung, er-
geht; zweifelhaft und streitig ist es hingegen, ob ein Ho-
norar dann zu zahlen ist, wenn die Aufforderung zur
Einreichung einer Offerte, eines Entwurfes, einer Skizze
zum Zwecke der Erlangung eines Auftrages an einen
bestimmten einzelnen Aünstler oder auch an mehrere be-
stimmte Aünstler ergeht, mit anderen Worten, ob dann
schon in dein Ersuchen, einen Entwurf zur Bewerbung
einzureichen, das Angebot eines besonderen, von dem
schließlichen Aufträge gesonderten Werkvertrages zu sehen ist.
Diese prinzipielle Streitfrage auszutragen, sind Sie
ersichtlich bemüht. Ihre Gegnerin, die Firma B. 6c w.,
verficht den Standpunkt, daß die Zahlung eines Entgeltes
bei Aufforderung eines einzelnen Künstlers zur Bewerbung
nicht geschäftsüblich sei.
Nun liegt aber die Möglichkeit nahe, daß Ihr An-
spruch zur Entscheidung reis ist, ohne daß für diese Streit-
frage Raum bleibt.
Im Brief der Firma B. ä: w. vom 7. Februar ;905
kommt der Wille, den sie gehegt haben mag, Sie nur zu
einer Bewerbung zu veranlassen, nicht zum Ausdruck; man
würde darin bei unbefangener Prüfung eher den Tat-
bestand des Falles I, des bloßen Auftrages zur Fertigung
einer Skizze sehen, und ohne weiteres zur Zubilligung
eines Entgeltes gelangen können. Denn daß die Ueber-
sendung der Skizzen lediglich zum Zwecke einer Offerte
dienen soll, tritt kaum in Erscheinung. „Ich beabsichtige
ein Haus zu bauen und bitte Sie, mir einen plan an-
zufertigen." „Ich beabsichtige einen Balkon anzubringen
und bitte das nötige Holz herzusenden." Hingegen wieder:
„Ich will mir einen Anzug machen lassen und bitte Sie,
mir Stoffe zuzusenden."
Aus der Willenserklärung selbst muß hervorgehen,
daß nur die Einreichung einer Offerte in Frage steht. Aus
dem Schreiben vom 7. Februar tsios würde man leicht fol-
gern können, daß B. ä w. Ihre Skizze erwerben wollen.
Für diese Auslegung fiele besonders ins Gewicht, daß
die Firma nach dem Inhalt des Schreibens nur mit Ihnen
in Verbindung getreten ist.
Tritt man dieser Auslegung bei, so wäre es im Er-
gebnisse auch unerheblich, ob Ihre Gegnerin dieses An-
gebot wegen Irrtums würde anfechten können und ob sie
es rechtzeitig angefochten hat. Denn tatsächlich würde der
Schadenersatz, den sie zu leisten hätte, mit dem Entgelt
sich decken.
Aber auch, wenn man in diesem Schreiben ein Er-
suchen zur Einreichung einer Offerte sehen wollte, würde
Ihnen der Anspruch auf eine Vergütung zustehen; die
Streitfrage, ob dem einzelnen zur Bewerbung aufgefor-
derten Aünstler ein Honorar zusteht, wird zu bejahen sein.
Allerdings ist natürlich nicht in jedem Falle ein Ent-
gelt zu leisten, wenn man einen bestimmten Dritten zur
Einreichung einer Offerte auffordert. Die Gewährung
einer Vergütung würde die Ausnahme sein. Ob sie zuzu-

billigen ist, hängt von der Geschäftsüblichkeit und diese
hinwiederum von dem Umfang der Arbeiten ab, die zur
Einreichung einer Offerte erforderlich sind. Für bloße
Preisangebote, auch für Kostenanschläge wird ein Anspruch
von Entgelt nicht bestehen. Hingegen wohl für Pläne,
Zeichnungen, künstlerische Entwürfe stets dann, wenn zur
Einreichung der Offerte eine Leistung notwendig ist, die
für sich allein schon einen wirtschaftlichen wert hat, ein
selbständiges Werk darstellt. Dann liegt eben in der Auf-
forderung zur Einreichung eines Entwurfes, eines planes,
einer Skizze das Angebot eines Werkvertrages, dessen Ab-
schluß ganz unabhängig davon ist, ob der Entwurf auch
zur Ausführung adoptiert wird.
weil den Skizzen eines Kunstmalers der Charakter
eines selbständigen Werkes nicht abzusprechen ist, wird es
des Nachweises der Geschäftsüblichkeit nicht bedürfen; die
Entgeltichkeit liegt schon in der „Natur der Sache"! Im
übrigen sei daran erinnert, daß bei Ausschreibung engerer
Konkurrenzen den herangezogenen Künstlern regelmäßig
eine Vergütung gewährt wird.
Die Höhe des Entgeltes braucht nicht im voraus
fixiert zu sein; sie braucht nur bestimmbar zu sein. (KK z;5,
B.G.B.)
Wir haben vom juristischen Standpunkt aus
diesen überzeugenden Ausführungen nichts hinzu-
zufügen und behalten uns nur vor, seinerzeit über
die Entscheidung Bericht zu erstatten. Eines aber
wollen wir schon heute hervorheben, daß unserer
Ansicht nach der vorsichtige Ton, in dem der Auf-
trag gehalten war, darauf schließen läßt, daß die
Hirma mit voller Absicht den Aünstler zu einer
Arbeit veranlassen wollte, ohne sich ihm jedoch zu
verpflichten für den Hall, daß die eingesandten
Skizzen nicht ihren Beifall finden sollten. Bornehmer
wäre es jedenfalls gewesen, diese Absicht ausdrück-
lich und offen in dem Schreiben hervorzuheben.
Diese Zurückhaltung ist um so weniger angebracht
gewesen, als das Geschäft, eine Harbenfabrik, seiner-
seits auf die Unterstützung der Aünstler angewiesen
ist. Wieder einmal ein Hall des oft gerügten Wan-
gels von Rücksicht der Auftraggeber Aünstlern
gegenüber.
MUclerncle Omslänäe.
Die Deutsche Gesellschaft für Bolksbäder hat
uns unter dem 20. v. Wts. geschrieben:
„In der am ;z. März d. Is. abgedruckten Einsen-
dung beklagt sich einer der Herren Künstler darüber, daß
ihm von seiten der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder
anläßlich des Preisausschreibens die gebührende Aufmerk-
samkeit vorenthalten sei. In der Anlage beehren wir uns
die Form zur Kenntnis zu bringen, in welcher wir in-
zwischen den Herren Mitarbeitern gedankt haben. Die
Rücksendung der uns anvertrauten Entwürfe durfte in
Hinblick auf die Verantwortlichkeit für fremdes Eigentum
nicht verzögert werden. Die Versendung des beifolgenden
Plakates aber, dessen Fertigstellung immerhin einige Zeit
erforderte, konnte erst später erfolgen. Hätte sich der ge-
ehrte Künstler mit seiner Klage statt zunächst an die
Oeffentlichkeit direkt an uns gewandt, würde ihm die ge-
wünschte Erklärung gern gegeben worden sein, wir legen
 
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