Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

DOI Heft:
Heft 16
DOI Artikel:
Zur Kritik der deutschen Kunstzustände, [3]
DOI Artikel:
Professor Ewald
DOI Artikel:
Todesfälle / Gedenktage / Aus Künstler-Vereinen / Aus Kunstvereinen / Vom Kunsthandel / Aus Galerien und Museen / Auktionen / Vermischtes / Literatur-Umschau / Briefkasten der Schriftleitung / Werbung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0224

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
220

Die Werkstatt der Aunst.

Heft 16.

materiellen Richtung verfolgt, doch auch in idealer Beziehung
drohen der deutschen Malerei durch beide ernste Gefahren.
Ich muß an das alte Sprichwort denken: „Gelegenheit macht
Diebe", wenn ich behaupte, daß der jüngere, noch nicht urteils-
feste deutsche Künstler durch die beständige Vorführung fremder
Kunst in den „Internationalen" allmählich verleitet worden
ist, von seiner nationalen Basis abzulenken und sich im Nach-
ahmen des Fremden zu gefallen; in Anbetracht der den Deut-
schen sozusagen angeborenen Schwäche für das Fremde lag
die Versuchung hierzu schon nahe, durch die Lobgesänge unserer
Presse an die ausländische Kunst, durch die Medaillen-Resultate
wurde sie geradezu unwiderstehlich. Das Lösen aber vom
Nationalen, das Nachäffen fremder Auffassung und Malweise
ist an und für sich schon ein verfehltes Beginnen; denn wenn
die Grundgesetze, wie in aller Kunst so auch in der Malerei,
allgemeine sind, so muß doch jedes Volk auch in dieser ge-
wisse nationale Charakteristika zeigen, die durch Rasse oder
Temperament, durch Klima, politische und religiöse Verhält-
nisse bedingt sind und daher volle Berechtigung haben. Ge-
rade diese nationale Verschiedenheit der ausgestellten Kunst-
werke in einer internationalen Ausstellung übt ihren besonderen
Reiz aus den Beschauer aus und hält sein Interesse wach,
während eine internationale Uniformität bei der Masse des
Gebotenen langweilig und ermüdend wirken muß. Wennnun
aber, wie es leider nur allzu oft zu beobachten ist,
junge deutsche Künstler nicht allein ihre nationale
Individualität aufgeben, um im Stil fremderKunst
zu malen, sondern sich aus dem Fremden noch oben-
drein das Schlechteste, die Ausartungen, zum Vor-
bilde nehmen, so wirkt das geradezu widerwärtig,
denn es zeigt, daß diesen Nachahmern entweder das
Urteil über „Gut" und „Schlecht" abgeht oder daß
sie, ihre Schwäche fühlend, sich an das „Gute" nicht
heranwagen, — oder auch, daß sie, die Kunst zur
reinen Geschäftssache herabwürdigend, nur solche
Bilder fremden Schaffens zur Nachahmung sich
wählen, die wenig Arbeit und Können zur Perstel-
lung erfordern und daher nach ihrer Meinung leich-
ten und raschen Gewinn versprechen. Daß eine solche
Art der Bilderfabrikation bei uns überhaupt möglich wurde,
verdanken wir wieder den „Internationalen" im Verein mit
der Presse; denn die „Internationalen" haben durch jury- und
portofreie Einladungen eine Menge höchst minderwertiger, ja
oft geradezu abscheulicher Bilder nach Deutschland gebracht
und die Presse hat in ihrer Begeisterung für alle fremde Kunst
nicht ermangelt, auch diesen Leistungen, als etwas höchst
„Originellem", ihre Bewunderung zu zollen. Da sich das
Publikum dieser Art von Werken gegenüber von Anfang an
sehr ablehnend benommen hat, so glaubte man, sie damit
mundgerechter machen zu können, daß man sie mit dem Epi-
theton „modern" zierte und alles in diesem entarteten Genre
Geschaffene „moderne Kunst" nannte.
(Schluß folgt.)
Professor Evoalct
Das Königliche Kunstgewerbe-Museum zu Berlin sendet
uns folgenden Nachruf:
An: zo. Dezember vormittags entschlief nach schwerem
Leiden Professor Ernst Ewald, der Direktor der Knterrichts-
anstalt des Königlichen Kunstgewerbe-Museums und der König-
lichen Kunstschule. Sein pinscheiden bedeutet einen schweren
Verlust für das Kunstleben unserer Stadt. Ewald hat es ver-
mocht, die kleine Unterrichtsanstalt des ehemaligen aus Privat-
mitteln betriebenen deutschen Gewerbe-Museums zu einer der
größten künstlerischen Lehranstalten des Deutschen Reiches empor-
zuheben. Ihm war eigen eine seltene Vereinigung künstle-
rischen Schaffens, kritischer Urteilskraft, allgemeiner wissen-
schaftlicher Bildung und straffer Verwaltungsfähigkeit in den
vielen, oft höchst verwickelten Fragen des weitschichtigen Be-
triebes einer nach Tausenden zählenden Schar von Schülern.
Ernst Ewald ist am (7. März (836 in Berlin geboren.
Er studierte in Bonn Geschichte, wandte sich alsdann der

Malerei zu, bei Steffeck in Berlin, alsdann sieben Jahre,
von (856 bis (863, in Paris, dann noch zwei Jahre in
Italien und seit (865 wieder in Berlin. Unter Anregung
von Ende unternahm er in Gemeinschaft mit August v. peiden
und Ernst pildebrandt, die ebenfalls aus der Berliner Schule
kamen, die Ausmalung öffentlicher und privater Gebäude.
Es entstanden der Nibelungenzyklus in der Nationalgalerie,
die Bilder im Lesesaal des Berliner Rathauses, die Mosaiken
am Kunstgewerbe-Museum, die Bilder im Pause Ravene, in
der Burg Eochem, in der Kunstakademie in St. Petersburg,
sehr zahlreiche Entwürfe für Glasfenster und Mosaiken und
eine Fülle anderer dekorativer Arbeiten.
Seit (869 war Ewald Lehrer an der Unterrichtsanstalt
des Kunstgewerbe-Museums, seit (87H Direktor derselben. So
hat er seit 30 Jahren die künstlerische Ausbildung des Ber-
liner Gewerbes geleitet, die Scharen seiner Schüler zählen
nach Zehntausenden und man kann ohne Uebertreibung sagen,
daß es keine angesehene Werkstatt in Berlin gibt, die nicht
Schüler von Ernst Ewald zu ihrem sichersten Bestände zählte.
Von einer kleinen Gruppe von Zeichen- und Modellierklassen
ausgehend wuchs die Schule in Ateliers, in Fachschulen und
Lehrwerkstätten hinein; als im Jahre (88( das jetzige Ge-
bäude des Kunstgewerbe-Museums eröffnet wurde, nahm die
Schule bereits ein und ein halbes Stockwerk ein und jetzt
geht der Vollendung ein riesiger Schulpalast entgegen, der
mehr als den doppelten Inhalt des ganzen bisherigen Museums
enthält. Schon vor nahezu 25 Jahren hatte Ewald zu gleicher
Zeit die Leitung der Königlichen Kunstschule übernommen,
die ursprünglich ein Teil der Königlichen Akademie der Künste
war. Auch diese breitete sich immer weiter aus, so daß ihr
Gebiet geteilt werden mußte, der eigentliche kunstgewerbliche
Teil wird jetzt mit der Schule des Kunstgewerbe-Museums
verbunden. Die eigentliche räumliche Verschmelzung sollte
Ewald nicht mehr erleben.
Ewald war in weitesten Kreisen ein hochgeschätzter
künstlerischer Berater. Als solcher stand er in nächster Be-
ziehung zu dem ehemaligen kronprinzlichen paare, die Kaiserin
Friedrich berief ihn als Lehrer in ihr Atelier und führte die
beiden ältesten Söhne, den jetzt regierenden Kaiser und den
Prinzen peinrich, als Schüler in die Unterrichtsanstalt des
Museums, in die Räume des damaligen kläglichen Provi-
soriums. Die Gunst des Kaiserlichen pauses blieb Ewald
erhalten, der Kaiser ernannte ihn zum Mitglied der Dombau-
Kommission und zog die Unterrichtsanstalt des Museums
dauernd für künstlerische Aufgaben heran.
Ewald hatte in den letzten Jahren mit einem schweren
pcrzlciden zu kämpfen, das er durch wahrhaft heroische An-
strengung zu überwinden sich bestrebte, um seine große Lebens-
aufgabe zu Ende zu führen, wenn er auch die Schule nicht
mehr persönlich in den neuen Palast herüberzuführen ver-
mochte, so hat er doch den Ausbau vollendet, auf dem die
Arbeit der nächsten Jahrzehnte fußen wird.

Aus Kunslvereinen.
Frankfurt a. NI. volkstümliche Kunst-Wander-
ausstellungen veranstaltet der Rhein-Mainische Verband
für Volksvorlesungen und verwandte Bestrebungen in den
Landstädten und größeren Dörfern seines Gebietes. Aus-
stellungsgegenstände sind hauptsächlich die guten Reproduktionen
unserer großen Meister auf dem Gebiete der Malerei, einzelne
Originale, plastische und keramische Kunsterzeugnisse. Die erste
Ausstellung fand im Stadthause zu Neu-Isenburg statt, wo-
bei Bildhauer I)r. Grein er von der Darmstädter Künstler-
kolonie einen erklärenden Vortrag hielt.
Dermannstadt. Pier ist ein Verein für einheimische
Kunstbestrebungen gegründet worden. Die neue Vereini-
gung bezweckt nicht nur die pebung einheimischer Kunst,
sondern auch die Erhaltung alter Denkmäler und die Er-
leichterung beim Sammeln verschiedener Kunstgegenftände. In
einein gesonderten Teil der Panptkirche zu Permannstadt sollen
 
Annotationen