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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 27
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Ein interessanter Rechtsstreit
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0365

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Reclakleur: I. V. Rarl ^riess. IV. Jakrg. A I)eft ^ 3. Upril 190Z.

6m interessanter
Von einem freunde unseres Blattes wird uns
in dankenswerter Weise das Material eines Rechts-
streits zur Verfügung gestellt, in den er kürzlich
verwickelt worden ist. Da dieser uns von allgemeiner
Bedeutung zu sein scheint und besonders auch zeigt,
wie wenig die bei Aünstlern übliche Vertrauens-
seligkeit — eine an sich gewiß sehr liebenswürdige
Eigenschaft — im Geschäftsverkehr angebracht ist,
bringen wir das uns zugegangene Material zur
Aenntnis unserer Leser.
Ein Charlottenburger Aünstler erhielt kürz-
lich folgendes Schreiben einer Leipziger Farben-
fabrik B. öc w.:
Zum Druck von Hellen Farben auf dunklem Grund
beabsichtigen wir eine effektvolle Zeichnung zu erwerben
und bitten Sie, uns freundlichst eine Skizze einzusenden.
Die Reproduktion soll in zwei oder höchstens drei einzelnen
Farben erfolgen. Die Größe soll etwa sein wie das bei-
folgende Blatt. Erwünscht ist, daß eine Farbe sowohl mit
einmaligem Druck als auch mit teilweisem zweimaligem
Druck auftritt, wie dies an dem beifolgenden Blatte zu
sehen ist. wir lassen Ihnen mit gleicher Post eine An-
zahl Papiere zugehen, die zur Verwendung geeignet wären,
und sehen Ihren gefälligen Nachrichten gern entgegen.
weiter brauchen wir eine Zeichnung für ein kleines
Musterbuch, dessen Format der beigefügte Deckel mit der
Aufschrift „Musterbuchformat" angibt. Für den Text müßte
in der Mitte ein entsprechender Raum reserviert werden,
wir würden uns freuen, wenn Sie uns auch hiefür einen
Vorschlag oder mehrere machen könnten.
Diesem ersten schreiben folgten noch andere
mit näheren Angaben und Ratschlägen. Der Aünst-
ler ging an die Arbeit, lieferte die gewünschten
Skizzen ab, erhielt aber die folgende Absage:
wir bestätigen den Empfang Ihres Schreibens vom
Z.d.M. und der uns damit übersandten fünf farbigen Skizzen.

Rechtsstreit.
wir bedauern außerordentlich Ihnen mitteilen zu müssen,
daß die Sachen für uns nicht geeignet sind, wir haben
in letzter Zeit verschiedene Ihrer Arbeiten gesehen, die be-
stimmt erwarten ließen, daß Sie auch für unsere Zwecke
etwas Schönes schaffen würden. Die gesandten Skizzen
sind aber für uns unverwendbar. Es tut uns außer-
ordentlich leid, daß wir Sie umsonst bemühen mußten, wir
möchten Ihnen aber ersparen, weitere Gxffer an Zeit und
Mühe zu bringen.
Die gesandten Sachen geben wir Ihnen mit bestein
Danke gleichzeitig zurück.
Natürlich suchte sich der Aünstler nun für die
gehabte Mühe und Arbeit dadurch einigermaßen
schadlos zu halten, daß er an die Hirma B. A W.
eine entsprechende Honorarforderung für die Skizzen
stellte, erhielt jedoch folgende famose Antwort, die
ein eigenartiges Schlaglicht wirft auf das Aünstlern
gegenüber nur zu oft beliebte Geschäftsgebaren:
Im Besitze Ihres gestrigen Schreibens lehnen wir ab,
Zahlung für eine Arbeit zu leisten, für die wir keine Ver-
wendung haben, wenn Sie Entwürfe nur unter Berech-
nung liefern, so mußten Sie uns das mitteilen, denn der
von Ihnen beliebte Brauch steht in Widerspruch mit dem
sonst üblichen. Ist es doch allgemein Geschäftsgebrauch,
daß sich lithographische Anstalten und andere Firmen, die
mitten im graphischen Leben stehen, was wir von uns
wohl behaupten dürfen, an den Künstler wenden, der
Ihnen zur Durchführung am geeignetsten erscheint, und
diesen mit der Perstellung der Sache beauftragen, ohne daß
die beauftragende Firma damit eine Verpflichtung über-
nähme, die Skizzen zu einem beliebig festzusetzenden Preise
zu übernehmen, wenn das der Fall wäre, so würde ein-
fach jeder Verkehr aufhören müssen. Berechtigung hat da-
gegen der Standpunkt, wenn sich Kunstanstalten weigern,
Entwürfe ohne Bezahlung an Kunden zu liefern, weil
erfahrungsgemäß vor Erteilung eines Auftrags an ein
Dutzend oder noch inehr Kunstanstalten um Gfferte unter
Beigabe von Skizzen und Entwürfen geschrieben wird.
Aber auch dann müssen die Firmen vorher Mitteilung
machen, daß sie Entwürfe nur gegen Erstattung der Selbst-
kosten liefern. Dieser Fall tritt aber hier nicht ein.
 
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