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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 44
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Die Kunst und der Groschen
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Todesfälle / Gedenktage / Aus Künstler-Vereinen / Aus Kunstvereinen / Vom Kunsthandel / Aus Galerien und Museen / Auktionen / Vermischtes / Literatur-Umschau / Briefkasten der Schriftleitung / Werbung
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Heft

Die Werkstatt der Kunst.

60t

aber zu den Merkwürdigkeiten gehört so was in
Deutschland leider schon lange nicht mehr. Einzig
in ihrer Art dürfte dagegen bis jetzt noch die doch
wohl offizielle Erklärung sein, die die .Münchner-
Neuesten Nachrichten' auf ihre Anfrage nach der Ur-
sache des Hinauswurfs erhielten. Begründet näm-
lich wurde nach ihr dem Künstler der .Wünschst daß
er sein Bild wieder entferne, .mit dem Hinweise,
daß die internationale Ausstellung mit den vom Land-
tag gebilligten Zuschüssen der Allgemeinheit zustande
gekommen sei, daß sie auf Staatsankäufe rechnen
und deswegen dieser Allgemeinheit auch in gewissen
Grenzen und mit Rücksicht auf die Zukunft Rech-
nung tragen müsse. Herr putz hat diesem Wunsche
stattgegeben'.
Das heißt klipp und klar, die Ausstellungs-
leitung nimmt ohne weiteres an, daß sie sich in
Dingen der Kunst bis zu einem .gewissen' Grade
dem Urteil von Laien zu unterwerfen habe, weil
die Kunstzuschüsse von der .Allgemeinheit' ausge-
bracht werden. Das eröffnet ja ganz neue Aussichten.
Die Zuschüsse werden also nicht, wie man bisher
annahm, zu dem Zwecke gegeben, daß Fachleute mit
ihrem weiteren Wissen und besseren Können auf
ihrem besonderen Gebiete die Allgemeinheit gegen-
über den Einzelkünstlern vertreten — nein, die
Allgemeinheit selber als ungesonderte Menge, als
Masse erhält auf Grund ihrer Steuerquittung die
Macht, unmittelbar korrigierend in die Entscheidung
der Fachleute einzugreifen. Mit andern Worten, die
Kunst wird letzten Endes in Abhängigkeit erklärt
nicht von dem Urteil der Berufenen, sondern von
dem der Steuerzahler schlechthin, nein mehr: vom
Urteil jener kurzsichtigen Laien unter den Steuer-
zahlern, die über ihr persönliches Meinen hinaus
entscheiden wollen, wo ihnen Sachkenntnis fehlt.
Bis zu gewissen Grenzen allerdings nur, schränkt's
die Ausstellungsleitung ein. Aber diese Grenzen
scheinen denn doch ziemlich weit gesteckt zu sein, wenn
schon der .Anstoß am Inhalt' einer kurzsichtigen
Menge das Recht zum Eingreifen geben soll. Da
können wir's ja noch herrlich weit bringen, wenn
künftighin solche Massen bei all' unfern öffentlichen
Kunstunternehmungen, Ausstellungen, Denkmals-
werken, Bauten u. s. w. dem Künstler kontrollierend
in seine Ausführung d'reinreden dürfen — bis zu
den gewissen Grenzen! Gewiß, auch die Sachver-
ständigsten irren gelegentlich, aber sollte es sich wirk-
lich als zweckmäßig erweisen, ihren Irrtümern durch
das Hineinpfuschen einer Menge abhelfen zu wollen,
die die Sache nicht versteht, mag sie selbst zufällig
einmal das Richtige treffen? Auf welche Art .All-
gemeinheit' übrigens bei uns in Bayern im Hinblick
auf die Bewilligung von Kunstzuschüssen so eifrig
hingehorcht wird, weiß jeder, der Zeitungen liest.
wir aber meinen — und sehen dabei jetzt
ganz ab von dem Einzelfall .putz' — wenn eine
Ausstellungsleitung von dem Einfluß und Ansehen
der Münchner, um sich in ihrer .Zwangslage' zu

rechtfertigen, die politische Nachgiebigkeit mit so un-
glücklichen allgemeinen Begründungen zum Prinzip
erhebt, muß gerade aus Gründen tieferer Politik
ganz entschieden widersprochen werden. Denn ist es
nicht schließlich unter solchen Umständen .politischer',
auf Staatsunterstützungen ganz zu verzichten, die hier-
bei uns übrigens gar nicht einmal so erheblicher Art
sind? ist es nicht immer noch besser, die Kunst selbst
darben, als sie verstümmeln, als sie .pflegen' zu lassen
unter dein kontrollierenden D'reinreden einer Menge,
die ihre Befähigung dazu mit dem Steuerzettel in
der Hand erhärtet glaubt?"
wie der „Hannoversche Courier" jetzt erfährt,
soll die Entfernung des Gemäldes auf eine vielleicht
unbeabsichtigte Anregung des Prinz-Regenten zurück-
zuführen sein. Bei einem Nundgang im Glaspalast
soll der Prinz-Regent beim Anblick des Bildes ge-
äußert haben: „Wenn das nur geht!" und diese
Aeußerung, die wohl einem unbehaglichen Gedanken
an gewisse Eiferer entsprungen sein mag, wurde
von den Beamten als Befehl aufgefaßt, der sich schließ-
lich in ein nachdrückliches Anheimstellen an putz, sein
Gemälde zu entfernen, umsetzte.

Aus Galerien unci Museen. (Fortsetzung)

London. Die Gesellschaft für Erwerbungen nationaler
Kunst (Dks NkUionxü Frt Lollsctions Kuvcl) hat eines der
schönsten Gemälde von Whistler, eine Ansicht der Themse
bei Nacht mit der alten Battersea-Brücke im Vordergrund,
der der Künstler den Namen Nocturno in Blau und Silber
gegeben hat, der englischen Nationalgalerie zum Geschenk ge-
macht. Sie hatte dabei die Absicht, die Kunst des großen Ko-
loristen. die bis jetzt mit keinem Werke in den Londoner öffent-
lichen Galerien vertreten war, durch ein würdiges Beispiel
zu repräsentieren. Whistlers Lebenswerk, das fast ganz in
Privatsammlungen und auch hauptsächlich jenseits des Mzeans
verborgen ist, war bis jetzt in englischen Museen nur durch
sein wundervolles Porträt Earlyles vertreten.
Aus Akademien unä Runslsckulen.
München. (Die König!. Akademie der bildenden
Künste) veranstaltete vor kurzem, wie wir schon mitteilten,
eine Ausstellung von Arbeiten der Studierenden, welche, wie
bei dieser Gelegenheit bemerkt sein möge, auch vom Regenten
sehr eingehend besichtigt wurde, von den Ausstellern erhielten:
I. Die große goldene Medaille: In der Komponierklaffe
Feuerstein: Felix Baumhauer, Franz Fuchs; in der Komponier-
klasse v. Ruemann: Bernhard Bleecker, Eduard Fischer, August
Pausenberger, Hans perathoner, Artur Storch; in der Kom-
ponierklasse Balth. Schmitt: Joseph Faßnacht, Franz Hoser;
in der Komponierklasse v. Seitz: Walter Schachinger; in der
Komponierklasse Heinrich Zügel: Eugen Gßwald, Julius
Seyler. II. Die kleine silberne Medaille: In der Kom-
ponierklasse v. Defregger: Franz Lipiec, Wladimir Magidey,
Albert Roth; in der Komponierklasse Feuerstein: Ernst Linker
und Franz Schilling; in der Komponierklasse v. Löfftz: Spiros
wikatos; in der Komponierklasse Marr: Alfred Rottmanner;
in der Komponierklasse v. Ruemann: Karl Baur, Anton
Krautheimer, Hans Schwegerle; in der Komponierklasse v.
Wagner: Fritz Gärtner; in der Komponierklasse Zügel: Gustav
Büchner, Hermann Ebers, Max Heiß und Berth. Neuhaus.
IVeiinar. (Berichtigung.) Das von uns in Heft §2
erwähnte, neue Atelierhaus (Amalicnstr. zz) ist nicht von der
Kunstschule gebaut worden, sondern, wie uns von dort ge-
 
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