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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 38
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Wir warnen!
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Der Herr Buch- und Kunstdruckereibesitzer
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0520

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5f6

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 38.

Abonnementspreis p. Jahr — ^ Bände 8 Mk. Einzelner
Band 2,25 Mk. Inserate werden mit 50 pfg. pro zwei-
gespaltene Petitzeile berechnet.
Redaktion und Verlag: Berlin Ri 58, Kopenhagenerstr. 26.
Geschäftszeit: 9—4 Uhr. Sonntags geschlassen. Fernspr.: AmtUI, Nr. 3282.
Berlin R. 58, den. ;90.
Sehr geehrter Herr!
Mit Gegenwärtigem benachrichtigen wir Sie ergebenst,
daß unser Berichterstatter und Referent der Großen Ber-
liner Kunstausstellung einen Bericht über Ihr dort aus-
gestelltes Werk uns eingesandt hat und der äußerst günstig,
Ihnen sicher Vorteile bieten wird.
Infolge dieses günstigen Berichtes sind wir bereit, so-
fern Sie uns eine Photographie von dem Werke zur Ver-
fügung stellen können, eine vornehm ausgestattete Abbil-
dung zu der Besprechung kostenfrei aufzunehmen. Sollten
Sie eine Photographie des Werkes nicht besitzen, so ist uns
Ihre eigene Photographie angenehm und erwünscht.
Im Anschluß hieran wollen wir nicht verfehlen, Sie
zu einem Abonnement auf unsere Werke einzuladen und
bemerken Höst., daß diese in großer Auflage erscheinen,
einen dauernden wert behalten und endlich in den Bib-
liotheken der ersten Gesellschaft, der Künstler rc. und in den
ersten Lesezimmern, Vereinen, öffentlichen Bibliotheken rc.
zu finden ist. wir hoffen, auch Sie zu unseren geschätzten
Abonnenten zählen zu dürfen und begrüßen Sie
in größter Hochachtung ergebenst
„Kunst und Kunstwissenschaft." Die Redaktion.
Uns dünkt, dieses famose schreiben, dem eine
Abonnements-Einladung beilag, besitzt eine ver-
zweifelte Ähnlichkeit mit einer Lache, vor welcher
wir zuletzt in Heft fO vom 5. Dezember
dringend gewarnt haben, mit den Unternehmungen
nämlich des den Lesern der U). d. K. rühmlichst
bekannten Herrn Klahre. Jedoch ist die Unter-
schrift der uns heute vorliegenden Zirkulare in
derselben Meise für jedermann, welchem wir die-
selbe zur Entzifferung vorlegten, so unleserlich, daß
wir die Identität des Verbreiters der damaligen
und des heutigen Schreibens nicht behaupten können.
Aber jedenfalls machen wir darauf aufmerksam,
daß diese Unleserlichkeit der Unterschrift schon damals
als ein Tharakteristikum hervorgehoben wurde, daß
eines der damaligen Unternehmen, betitelt „Deutsche
Kunst", außer in London, Paris und New-Hork,
ebenfalls wie hier, in Berlin, Leipzig, Peters-
burg und Wien als zur Ausgabe gelangend be-
zeichnet wurde, und daß in dem ersten dieser
Schreiben des Herrn Klahre von: f6. Juli f903
ebenfalls die Kritik von auf der großen Berliner
Kunstausstellung befindlichen Werken an erster Stelle
eine Nolle spielte. In diesen: Schreiben war es
ein Fragebogen, den Herr Klahre auszufüllen er-
suchte, heute ist es eine Photographie, die man
verlangt. Buch- und Kunsthändler und befreundete
Redaktionen wußten uns über die Existenz von „Kunst
und Kunstwissenschaft" ebenfalls keine Auskunft zu
erteilen, vergegenwärtigt man sich schließlich das gänz-
lich Unkaufmännische, die unglaubliche Naivität u. s. w.
des Schreibeus, so ergibt sich eine Reihe von Gründen,
die uns wie damals zu der Mahnung veranlassen:
Künstler, haltet die Taschen zu!

Oer Herr kuck- unci Kunslctruckerei-
besitzer
E. Haberland, Verlagsbuchhandlung in Leipzig,
Eilenburgerstr. ff, hatte die Güte, kürzlich einem
Leipziger Künstler in Beantwortung eines auf ein
Inserat erfolgten Angebotes folgendes zu erwidern:
Leipzig, z. Juni ;905.
Herrn Julius Nitsche, Leipzig, Kürzeste. 6.
Ich danke Ihnen vielmals für Ihr freundliches An-
erbieten, bedauere aber sehr, Ihnen mitteilen zu müssen,
daß Sie mit Ihrer Bewerbung zu spät kommen. Ich
habe bereits den Auftrag an zwei Künstler vergeben.
Immerhin ist mir die Angelegenheit sehr wichtig,
wenn Sie auf die Gefahr hin, daß ich Ihren Entwurf
nicht annehme und nicht honoriere, sich die Arbeit machen
wollen, soll es mich sehr freuen. Ich würde dann bitten,
sich zur Rücksprache baldgefälligst in den Vormittagsstunden
zu mir zu bemühen. Die drei Entwürfe und der Zeitungs-
ausschnitt vom p Juni d. Is. folgen anbei mit Dank
wieder zurück.
Hochachtungsvoll
E. Haberland.
Trotz der ungemeinen Herablassung Herrn
Haberlands, daß, wenn der Künstler auf die Ge-
fahr hin, daß der Entwurf nicht angenommen und
honoriert werde, die Arbeit machen wolle, dieses
ihn, Herrn Haberland, sehr freuen solle, hatte aber
dieser Künstler so wenig feines Gefühl für die Zu-
vorkommenheit des Verlegers, daß er das obige Ant-
wortschreiben der „Werkstatt der Kunst" in München
übersendete und dazu unterm 9- Juni f905 den fol-
genden Brief schrieb:
Ich bitte Sie, den beiliegenden Brief gelegentlich mit
voller Adresse zu veröffentlichen. Er ist ein interessantes
Beispiel, wie „geschäftstüchtige" Kaufleute es ver-
suchen, Zeichner und Künstler in der unglaublichsten weise
ihren Zwecken dienstbar zu machen.
Meine Bewerbung erfolgte am 3t- Mai auf ein
Inserat im Juni hefte der „Deutschen Kunst und Deko-
ration". Sie kam zu spät! Der Auftrag war bereits
an zwei Künstler fest vergeben. Dennoch die Zu-
mutung an einen Dritten — und möglicherweise an wie
viele andere noch; ich bin doch höchstwahrscheinlich
nicht der einzige, der sich außer den beiden Künstlern,
welche den Auftrag erhalten haben, beworben hat — eine
Arbeit auszuführen, die hernach weder angenommen
noch honoriert zu werden braucht.
Man muß sich fragen: wozu das?
Etwa damit dann den beiden Künstlern, die den
Auftrag fest hatten, auch ihre Arbeit zurückgewiesen werden
kann, ohne honoriert zn werden, weil vielleicht einer der
Konkurrenten eine Arbeit bringt, die sich mehr im Rahmen
des Alltäglichen, Unpersönlichen bewegt und deshalb besser
gefällt?
Konkurrenten werden sich auf solche Briefe zweifel-
los finden, von Verständnis für den künstlerischen wert
einer Arbeit kann bei solchen Leuten wohl niemals die
Rede sein.
Hochachtungsvoll ergebenst
Julius Ritsche.
Herr Haberland hat mit dem Künstler eine
persönliche Rücksprache gewünscht. Nun hat er
dessen Antwort sogar gedruckt, eine Ehre, die nicht
jedem zuteil wird. Mag er daraus die entsprechende
Lehre ziehen.
 
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