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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 22
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Anekdotisches von und über Menzel
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Todesfälle / Gedenktage / Aus Künstler-Vereinen / Aus Kunstvereinen / Vom Kunsthandel / Aus Galerien und Museen / Auktionen / Vermischtes / Literatur-Umschau / Briefkasten der Schriftleitung / Werbung
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2Y8

Die Werkstatt der Aunst.

Heft 22.

Malern" unmöglich gerecht werden konnte. Seien wir stolz
darauf, daß wir, um mit Goethe zu reden, „zwei solche
Kerle" hatten.
Ein Rat Menzels an junge Künstler. Der ver-
ewigte Meister hat zwar Schule gemacht, aber doch eigentlich
nur einen einzigen Schüler gehabt: Fritz Werner. Doch mit
seinem Rat, seiner Aufmunterung, stand er ernst strebenden
jüngeren Künstlern gelegentlich gern zur Verfügung und
dachte dann wohl an seine eigene schwere Jugend. So hatte
einmal vor vielen Jahren der geschätzte Leipziger Künstler
Dtto Gramer sich an den Meister gewandt. Er führte Klage,
daß er als Lithograph um des lieben Brotes willen so viel
süßes Zeug machen müsse, daß Müller und Schutzes Be-
hagen das freie Kunstschaffen störe. Menzel erwiderte, daß jede
unverdrossene Leistung früher oder später sich als förderlich
erweisen werde, auch wenn man harte, unerquickliche Arbeit
überwinden müsse: „Aber noch etwas macht Ihnen zu schaffen,
das keinem, der nicht gerade in Coupons emballiert zur Welt
kam, erspart wird. Das Ding hat viele, überall andere Namen.
Bei Ihnen heißts also ,süßes Zeugs im Leben heißt das
bittere Kraut ,Mußs auch Friß Vogel oder stirb* . . . Man
weiß von Leuten, und zwar die heute ziemlich was gelten,
an die in ihren hilflosen Iugendtagen noch andere Ansinnen
gestellt wurden. Und mußte alles als Gelegenheit zum Ueben,
zum Lernen mit benutzt werden. Ls ist da kein anderer weg,
als der, der heißt: Sich aus allem eine künstlerische Aufgabe
machen; sofort hält man nichts mehr für seiner unwürdig,
auch süßes Zeug wird interessant, lehrreich, sogar schwer.
Das Leben hat für verneinende Gesinnungstüchtigkeit der
Jugend wenig übrig. . . . Das täglich Umgebende ist am
besten, am gründlichsten zu studieren. Die alte Kunst ist ja
auf keinem anderen Wege zu Flor gekommen. Die alten
Künstler waren noch ganz anders auf ihrZuhause angewiesen."
Menzel-Preise. Die Preise der Werke Menzels waren
schon in den letzten Jahren außerordentlich gestiegen. Be-
dauerlich ist dabei nur immer, daß der Künstler selbst viel-
fach ein verhältnismäßig bescheidenes ponorar erhalten hat.
Das „Flötenkonzert" hat er ursprünglich für 2000 Taler (!)
an einen Berliner Stadtrat verkauft; die Nationalgalerie er-
warb es für 000 Taler. Jetzt wäre es natürlich noch
ganz anders zu bewerten. Charakteristisch ist die Preis-
steigerung des „Armcewerkcs". Menzel hat an den nahezu
500 Einzelblättern ;5 Jahre gearbeitet. Die fertigen Stein-
drucke wollte kein Verleger haben. Sachse übernahm sie end-
lich in Kommission, ließ ganze — zo Exemplare abziehen
und sie nach dem bei Menzel verbliebenen (Original aus-
tuschen. Diese 30 Exemplare erwarben Museen und Lieb-
haber. vor einiger Zeit wurde des Meisters (Original und
Handexemplar des friderizianischen Armeewerkes für —
; 20 000 Mk. von Stollwerck angekauft.
„Freitag bin ich krank." Aus den letzten Lebens-
monaten Adolf von Menzels, den heute ganz Deutschland
betrauert, wird der „vossischen Zeitung" eine kleine Geschichte
erzählt, die die originelle Art des Meisters kennzeichnet und
auf deren pumor heute der Schatten der Wehmut fällt. Ein
paar Tage vor Menzels letztem Geburtstage (8. Dezember)
sandte Professor p. sein Dienstmädchen zu der „kleinen Ex-
zellenz", um diese für Freitag zum Abendessen zu bitten. An
der Wohnungstüre Menzels waren zwei Zettel angebracht,
von denen der eine die Worte enthielt: „Man bittet, nicht
zu klingeln." Das Dienstmädchen ließ sich von dieser Mah-
nung nicht abschrecken, schenkte dem zweiten Zettel vollends
keine Aufmerksamkeit und läutete kräftig an. Nach einer
weile erschien Menzel in der halbgeöffneten Tür, betrachtete
kopfschüttelnd die kühn anstürmende Magd, über deren Echauffe-
ment er einige launige Bemerkungen machte, und fragte
dann nach dem Begehren. „Exzellenz möchten Freitag abends
zu Professor p. kommen," brachte das eingeschüchterte Mädchen

etwas mühsam vor. Statt aller Antwort wies Menzel stumm
auf den zweiten Türanschlag, den das Dienstmädchen nicht
beachtet hatte, und verschwand hinter der geschlossenen Türe.
Die Magd aber las staunend den Vrakelspruch: „Freitag bin
ich krank, Menzel," den sie dann getreulich daheim hinter-
brachte. Der Kommentar zu der rätselhaften Kundgebung
aber ist der folgende: Menzel wußte, daß er ain Donners-
tag, an seinem Geburtstage, in den Tafelgenüssen, nament-
lich im pokulieren, ein übriges tun würde, vorsichtigerweise
meldete er sich darum — bei allen Besuchern und Einladern —
für den Freitag krank. Man sieht, Selbstironie und kräftiger
Ljumor geleiteten den Meister bis an die Schwelle des neun-
zigsten Lebensjahres.
An dem Nachmittag vor seinem Tode hat Menzel noch
von dem alten Rheinwein, ; 868 er Steinberger Kabinett, ge-
trunken, den der Kaiser ihm gesandt hatte mit der Botschaft:
„von Menzels bestem Freunde".
Adolf Menzel und die Modelle, wie an sich selbst,
so stellte der Meister auch an die Modelle große Anforderungen.
Es war oft keine Kleinigkeit, ihm zu sitzen. Einmal hatte
er ein Modell, dessen Kleid mit prächtigem Faltenwurf er in
Gegenwart eines trefflichen Künstlers zeichnete. Da wurde
er plötzlich abberufen. Der jüngere Kollege sollte acht geben,
daß das Mädchen sich nicht rührte und die Falten in ihrer
Lage verblieben. Aber dem Modell wurde schlecht, es fiel in
(Ohnmacht. Der Künstler trug es auf ein Sofa. Da kam
Menzel herein. Anfangs entsetzt, war er, die Situation er-
kennend, fast erfreut: „Sie haben sie doch gleich skizziert?"
fragte er — um dann ärgerlich auszurufen: „Nicht? Na, ja,
da sieht man: keinen Tropfen Künstlerblut haben Sie in sich,
keinen Tropfen!" . . . Eines seiner bevorzugten Modelle war
die verstorbene „Mutter Krügermann", die in Bezug auf das
Alter ihn noch überragte. Man findet sie vielfach auf seinen
Bildern und Zeichnungen. Auf der Säulenhalle des Kaiser-
Wilhelm-Denkmals von Reinhold Begas erscheint sie als ernste
Wissenschaft. Sie hat vielen Künstlern gesessen, zum Beispiel
auch Gussow für eine der Dorfparzen. Ein kleiner Enkel von
ihr ist das schmucke Urbild Knaus'scher Kindergestalten. Die
Alte, der es in früheren Tagen sehr gut gegangen war, er-
nährte sich schlecht und recht mit einem Kleinhandel von Streich-
hölzern und Seife. Daneben übte sie ihre „künstlerische" Tätig-
keit. Der Charakterkopf fesselte den alten Menzel, und sie
konnte sich dem Meister gegenüber schon was herausnehmen.
Als die kleine Exzellenz 80 Jahre geworden war, ging Mutter
Krügermann auch hin, um nachträglich zu gratulieren. Sie
erhielt als Geschenk einen blanken Taler, und gut aufgelegt
sagte der Meister zu ihr: „Na, Mutter Krügermann, nun Hab'
ich Sie bald eingeholt." Die Alte bemerkte schlagfertig: „Sie,
perr Professor, mit Ihre kurzen Beene holen mir doch nich in!"

Geplante Denkmäler.

Jena. (Lin Abbe-Denkmal.) Lin Komitee aus allen
Kreisen der Bürgerschaft hat beschlossen, dem verstorbenen
Professor Ernst Abbe ein Denkmal zu errichten.
Karlsruhe. Die Stadtverordneten bewilligten 50 000 Mk.
für die Anbringung von Reliefbildern in den beiden
Seitengiebeln des Rathauses.
Mittweida. Der Rat hat beschlossen, auf dein Markt-
platze einen Zierbrunnen zu errichten.
Neustadt l. G.-Schl. Die kaiserliche Genehmigung zur
Aufstellung eines Denkmals für Kaiser Wilhelm nach
dem Entwürfe des Bildhauers Pros. Böse-Berlin ist erteilt.
Nürnberg. Ein Bürger hat der Stadt 50 000 Mk. zur
Errichtung eines Schiller-Denkmals geschenkt.
Weimar. Lin Komitee zur Errichtung eines Denk-
mals auf der Wartburg für die verstorbene Großherzogin
von Sachsen-Weimar hat sich hier gebildet.
 
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