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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 42
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Eine dringende Aufforderung an Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes
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Liebermann, Max: Gegen Henry Thode
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Bennewitz von Loefen, Karl: Ueber die Jury der Großen Berliner Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0576

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572

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 42.

dessen Adresse die Redaktion besitzt, die stimmen
entgegenzunehmen und darauf die Versammlung
zu beantragen. Nicht minder würde jedoch derselbe
jeder anderen besseren Art der Ltimmensammlung,
wenn eine solche vorgeschlagen werden sollte, seine
Zustimmung erteilen.
Es ist nur noch aufmerksam zu machen, daß
diese Versammlung bald einberusen werden müßte,
damit diejenigen Mitglieder, welchen die zu erwar-
tenden Erklärungen des Vorstandes nicht genügen
sollten, in der Lage sind, ihren Austritt vor Ablauf
des Geschäftsjahres (Ende Dezember) anzuzeigen.
L. L.
Gegen Henry Tkoäe
und seine gegen den Impressionismus polemisch
gerichteten, an der Universität Heidelberg stattfin-
denden Vorlesungen, über deren Veranstaltung wir
unseren Lesern kürzlich Nachricht gaben, veröffent-
licht Professor Max Liebermann in der „Frank-
furter Zeitung" den folgenden Brief:
Wie? Henry Thode hält ein Kolleg über moderne
Malerei? Kisum teueatis amici! Derselbe, über den Franz
wickhoff, Professor der Kunstgeschichte an der Wiener Uni-
versität, in Nr. -4 der Kunstgeschichtlichen Anzeigen vom Jahre
schreibt: „Henry Thode, der privilegierte Entdecker, der
die Welt seit langem mit falschen Dürers, Mantegnas, Cor-
reggios u. s. w. überschwemmt, der einen ganzen Band mit
Bildern Dürers herausgegeben, von denen jedes von an-
derer Hand ist. Der kennt ja nicht nur Dürer nicht, sondern
auch alle die andern Schulen müssen ihm fremd sein, aus
denen er all' die falschen Bilder gefischt hat." Und derselbe
Gelehrte schließt seine Besprechung von Thodes Entdeckung
des Kruzifixes Michel Angelos in San Spirito mit den
Worten: „Man glaubt, wenn man die Zuschreibung an Michel-
Angelo hört, ein Spaßvogel habe sie gemacht. Ls war aber
ein unfreiwilliger." Thodes Ankauf des sogenannten Cor-
reggio für das Städel'sche Institut werden die Frankfurter
wohl in guter Erinnerung haben.
Begeisterung durchbrauste nun ganz Deutschland, als
eine geschäftige Presse eines schönen Tages orbi et urdi ver-
kündete: Herr Geh. Rat Thode hat nach der Lektüre des
Meier-Graefe'schen Buches „Der Fall Böcklin" sich entschlossen,
ein Kolleg über moderne Kunst zu lesen. Lin so gediegener
und gründlicher Kenner der alten Kunst ist naturgemäß der
berufendste Beurteiler der neuen Kunst. Schon die einleitenden
Worte seines ersten Vortrages geben den vollgültigen Beweis
dafür. Thode schildert den Einfluß des Impressionismus mit
den lapidaren Worten:
„Die meinungsbildende Kraft der modernen Kunst ist
ein kleiner Kreis in Berlin, der in inniger Beziehung
zum Kunsthändler steht."
Als ob ich behaupten würde, daß Richard Wagner seine
Berühmtheit nur dem Umstande zu verdanken hätte, daß
Henry Thode sein Schwiegersohn geworden ist. Freilich wird
jede neue Kunst zuerst nur von einem kleinen Kreise ver-

ereignet haben, wenn die Vorstandschaft des Deutschen Künstler-
bundes aus ihrem bisherigen Standpunkte beharren sollte,
all' den Stimmen der Unzufriedenheit Schweigen entgegen-
znsetzen. Ueber die unter den Mitgliedern vorhandene Gäh-
rung lassen die in unserer Zeitschrift erfolgten Veröffent-
lichungen, namentlich aber die heutigen Publikationen, wohl
keinen Zweifel mehr übrig. Ls erscheint uns die höchste Zeit,
daß eine offene Aussprache herbeigeführt wird. Die Red.

standen, aber sämtliche Liszts, Bülows und — Isst not least —
Thodes wären nicht imstande gewesen, Richard Wagner zu
„machen", wenn er nicht zufälligerweise ein — Wagner ge-
wesen wäre.
Auch weiß jeder Student der Kunstgeschichte im ersten
Semester, daß der böse Impressionismus, dessen Verherrlichung
in den Büchern Meier-Graefes Herrn Thode so in Harnisch
gebracht hat, daß er sich entschloß, ihm sein „(^uos e§o" zu-
zuschleudern, gerade so alt ist wie die Malerei, witzig nannte
mein verstorbener Freund Bayersdörfer piero de la Fran-
cesca, von dem Geh. Rat Thode schon gehört haben dürfte,
den ersten Professor für klein-air-Malerei, und ich bin über-
zeugt, daß sogar Thode, wenn er sich einmal ein paar Stunden
seiner kostbaren Zeit absparte, um die Bilder eines gewissen
Velasquez zu betrachten, in dem Spanier eine impressionistische
Anschauung „entdecken" dürfte, die über Goya zu Manet führt.
Sollte aber Herr Geh. Rat Thode auch fernerhin die
ganz impressionistische Richtung in der modernen Kunst für
„Unsinn, der nur aus Geschäftsrücksichten von einer
gewissen Berliner Clique in die Welt posaunt wird",
erklären, — sollte er noch soviel Kollegs lesen, um Meier-
Graefe-Ansichten zu widerlegen: immerhin darf man ver-
langen, daß er mit anständigen Waffen, d.h. mit Gründen streite.
wenn aber ein Professor an einer der ersten Univer-
sitäten Deutschlands in einer reinkünstlerischen Angelegenheit
mit persönlichen Insinuationen, wie „Mangel an nationalem
Empfinden", „Nachahmen der Franzosen", „Poesielosigkeit"
und andern aus der Rüstkammer der Antisemiten entnom-
menen, bereits ziemlich verrosteten Waffen den Feind zur
Strecke zu bringen versucht, so beweist das nur, daß er seinen
Gegner mit sachlichen Gründen nicht zu widerlegen vermag;
mit anderen Worten: daß der Herr Geh. Rat Thode von
neuer Kunst gerade so viel versteht wie von der alten.
pontresina, 2Z. Juni.
M. Liebermann.*)
(leber ctie Jury cter GrolZen kerliner
Kunstausstellung.
Mir erhalten aus Berlin in dankenswertester
Meise die nachstehende Zuschrift:
Mit Bezug auf den Artikel in Ihrem Heft HO
„Ueber die Jury der Großen Berliner Kunst-
ausstellung" habe ich als Vorsitzender der
Jury nur kurz folgendes zu sagen:
Falsch ist die Behauptung, daß 3 Maler,
2 Bildhauer und f Architekt das Richterkollegium
bilden. Richtig ist folgendes: Die Jury setzt sich
zusammen aus 6Malern, H Bildhauern, f Architek-
ten und f Graphiker, als Ersatz: H Maler, 2 Bild-
hauer, f Architekt und f Graphiker. Insgesamt
tO Maler, 6 Bildhauer, 2 Architekten und 2 Gra-
phiker, die zur Hälfte vom Verein Berliner Künst-
ler, zur Hälfte von der Genossenschaft der ordent-
lichen Mitglieder der Kgl. Akademie der Künste
gewählt werden.
Von den 20 Mitgliedern der Jury müssen
^2 anwesend sein, einfache Majorität entscheidet,
*) Die unausbleibliche Erwiderung ist inzwischen erfolgt.
Kein Geringerer als Hans Thoma selbst ergriff gegen Lieber-
mann zur Verteidigung Thodes ausführlich das Wort, wir
werden auf diese Antwort im nächsten Heft zurückkommen. D.R.
 
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