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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 8
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Aus dem Beschwerdebuch der Künstlerschaft, [1]
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Protestantrag, betr. das "Recht am eigenen Bilde"
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0113

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 8.

W9

einmal auf Ausnützung und Uebertölpelung des
Künstlers abgesehen ist, zu warnen."
Line andere Zuschrift, aus Tharlottenburg,
wendet sich gegen die Bestimmungen des seinerzeit
auch in der „Werkstatt der Kunst" bekannt gegebenen
Preisausschreibens, betreffend ein Plakat für deutsche
Schuhwaren. Das Preisausschreiben lautete:
Preisausschreiben
zur Erlangung eines Plakates, so: SO cm, dessen Illu-
stration zugleich für ein Reklameblatt, Is: tocm Verwen-
dung finden soll. Die Anzahl der Farben ist möglichst zu be-
schränken. Das Plakat soll eine Propaganda für deutsche
Schuhwaren sein zur Bekämpfung ausländischer Schuh-
waren und prägnant zum Ausdruck bringen, daß die
deutschen Schuhe die gediegensten und besten sind, Preis
für die beste Leistung ZOO Nk., 2. Preis für die nächst-
beste Leistung MO Akk. Die prämiierten Entwürfe werden
Eigentum des Verbandes. Schlußtermin am p November
190q> Das Preisgericht wird von dem Verband gebildet.
Einsendungen mit Kennwort sind zu richten an: Kom-
merzienrat Nanz, Bamberg, Vorsitzender des Verbandes
der Deutschen Schuh- und Schäfte-Fabrikanten.
Der Künstler bemerkt dazu:
„Interessant daran sind drei Punkte:
(. Die Zustellung und Bekanntmachung des
Ausschreibens erfolgt am 26. Oktober, der letzte
Ablieferungstermin ist der (. November. Somit
hat der Künstler ganze vier Tage, um seiner Phan-
tasie die Zügel schießen und seine Hände die immer-
hin notwendige Arbeit der .Ausführung' machen
zu lassen. (Bei den Schustern nennt man solche
schnelle Arbeiter (wenigstens in Berlins .UKnuten-
schuster'.)
2. Die Propaganda für deutsche Schuh-
waren glaubt erfolgreich zu sein, wenn sie Preise
für ihre Plakate bestimmt, die ihren amerikanischen
Konkurrenten ein leises Lächeln verursachen würde.
Allerdings leben wir in Deutschland im Lande der
.unbegrenzten Kleinigkeiten'.
3. Wo ist die Jury? Gesellschaftsspiel bei
Kommerzienrat Ukanz vom Schuh-Verband. Das
geht denn doch nicht an, daß man deutsche Künstler,
wenn auch ziemlich knapp vor dem Einlieferungs-
termin und zu billigen Preisen zur Lieferung von
Arbeiten veranlaßt, die nachher von irgend wel-
chen Stiefel- und Ledergelehrten juriert werden.
Ebensogut könnte man Stuck und Liebermann zu
Juroren für die bessere Stiefelwichse oder die vor-
teilhaftesten Plattfußstiefeletten ernennen."
Die Kritik des vorstehenden Preisausschreibens
beruht im Punkte des Termins auf unrichtiger Vor-
aussetzung; denn in der „Werkstatt der Kunst" ist
das Preisausschreiben schon mehrere Wochen vor

dem (.November veröffentlicht worden. Wenn
es dem Künstler erst vier Tage vor diesem Termin
durch eine Berliner Zeitschrift zu Gesicht kam, so
kann Kommerzienrat Ukanz hierfür gewiß nicht ver-
antwortlich gemacht werden. Der Vorfall zeigt viel-
mehr nur, daß der Künstler dadurch, daß er sich
auf seiner Reise die „Werkstatt der Kunst" nicht
nachsenden ließ, für ihn wichtige Nachrichten zu
spät erhielt. Auch die Bemessung der Preise ist,
gemessen an dem, was man sonst erlebt (siehe oben
den Hall Ukercier!) noch lange nicht das Schlimmste,
was der Künstlerschaft geboten wird. Auch hat die
Jury (siehe unter „Erledigte Preisausschreiben") sich
offenbar nach dem Gutachten des Sachverstän-
digen gerichtet.
Im übrigen zeigen die vorstehenden Beispiele
wieder, daß die Bestimmungen des Bürgerlichen
Gesetzbuches über die Preisausschreiben durchaus
ungenügende sind. Auch das geplante neue
Kunstschutzgesetz leidet an dem Hehler, daß
es die für das gesamte künstlerische Leben notwen-
digen Bestimmungen nicht ergänzt und die in alle
möglichen Gesetzbücher zerstreuten Paragraphen ein-
heitlich ordnet und sammelt. Bald muß der Künstler
sich an das Bürgerliche Gesetzbuch, bald an das
Handelsgesetzbuch, bald an das Urheberrecht u. s. f.
halten. Und nirgends treffen die Bestimmungen
voll und klar auf die künstlerischen Hälle zu. Da-
her die Unsicherheit, unter der die Künstlerschaft im
geschäftlichen Verkehr seufzt! Es muß erstrebt
wer den, daß ein einziges, um fassen des, klar es
künstlerisches Recht geschaffen wird. Solange
wir das nicht haben, wird es Sache einer macht-
vollen wirtschaftlichen Organisation der ge-
samten Künstlerschaft sein, den Geschäftsverkehr
möglichst im Sinne der berechtigten Horderungen
der Künstler zu regulieren.
Prolsstantrag, betr. clas „Kecbt am
eigenen Vttäe".
Der deutschen Künstlerschaft ohne Unterschied
der „Richtung" wird demnächst eine Protesteingabe
an Bundestag und Reichstag zur Unterstützung
unterbreitet werden, die auf Antrag von Kunst-
maler Iüttner in Berlin von einer Kommission
des Lokalvcreins Berlin I beschlossen worden ist.
Das sogen. „Recht am eigenen Bilde", wie
es die §§ (6 und (7 des neuen Kunstschutz-Gesetzes
 
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