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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 34
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Die Kgl. Gemäldegalerie in Burghausen
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0461

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Interessen der bil-
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l^eäakteur: Heinrich Sleinbach.

IV. Jabrg. ^ Heit 34. * 22. Mai 1905.

Oie Kgl. Gemäldegalerie in Ourgkausen

Von einen: in B u r g h a u se n wohnenden Aünst-
ler erhalten wir, mit der Bitte um Veröffentlichung,
die folgenden Zeilen:
„Da ich es für meine Pflicht als Künstler halte, ge-
fährdete Kunstwerke zu schützen, erlaube ich mir, Ihnen fol-
gende Mitteilungen zu machen:
Vor einigen Tagen besuchten mich hier mehrere Kunst-
freunde aus Linz und ich führte sie in die in der Kgl. Burg
untergebrachte Galerie. (Die Galerie wurde in dankenswerter
weise aus Depotbeständen Schleißheims und Münchens zu-
sammengestellt und ist, wenn sie auch wenig erstklassige Werke
enthält, dennoch sehr wertvoll. Ls kann sich jeder darin ein
ganz gutes Bild vom Kunstschaffen verschiedener Kulturepocheu
machen; leider wird sie beinahe nur von den durchreisenden
Fremden besucht.)
Bei diesem letzten Besuche bemerkte ich, daß eine von
mir lange gehegte Befürchtung wahr werden will: Die Bilder
wurden bei ihrer Ankunft in Burghausen alle frisch gefirnißt.
Die dicke Lackschichte beginnt nun die Bilder zu zerreißen und
bei drei Werken ist auch schon ein Abbröckeln der Farbschichte
zu bemerken. Leider sind es gerade künstlerisch höher stehende
Leistungen, die hier, wenn nicht rasch eingeschritten wird, dem
verderben geweiht sind. Ls sind zwei Schlachtenbilder von
Falcone (Reitergefechte) und ein großes Bild der späteren ita-
lienischen Schule, ,Loth und seine Tochter*, ich glaube von
Laraeci. Der Kops der Loth, der im Herbste noch tadel-
los erhalten war, ist bereits an einigen Stellen sehr schadhaft
und beginnt abzubröckeln.
DerSchloß- und BrnnnenwartPasser, derzugleich Galerie-
diener ist, scheint keine Instruktion zu besitzen, solche Schäden
sofort zu melden. —
Üeberhaupt wäre auch eine Ausdehnung der Galerie-
räume auf noch einige unbenützte Räume des Schlosses, die
hierzu instand gesetzt werden müßten, geboten. Die Bilder
hängen in den unteren Stockwerken zu dicht, und teilweise so,
daß mau sie von keinem Punkte aus betrachten kann.
Ich weiß die Schwierigkeiten des Bilderhängens in
Räumen, die ursprünglich ganz anderen Zwecken dienten,
vollauf zu würdigen. Jedoch so viel glaube ich behaupten zu
können, daß man beim Linrichteu einer Galerie von anderen
Standpunkten als dem Metermaß, der Jahreszahl und der
Symmetrie sich leiten lassen muß.

Nach diesen Gesichtspunkten ist unsere Galerie einge-
richtet und so kommt es, daß unsere besten Bilder — 2 Burk-
mayr z. B. au Fensterpfeilern, z Kranach und : Hondekoeter
in dunklen Lcken — au den schlechtesten Plätzen hängen,
während ganz bedeutungslose ,Schwarten* die besten Plätze
einnehmen. Lin mir befreundeter Beamter der wiener Hof-
bibliothek, Herr Amannensis Vr. D., der voriges Jahr eigens
zu dem Zwecke hierherkam, die Galerie zu studieren, mußte
sich, um seine Reise nicht umsonst gemacht zu haben, zahl-
reiche Bilder vom Galeriediener von der wand nehmen lassen,
um sie überhaupt sehen zu können. (!)
Der am besten eingerichtete sogen. Fürstcnsaal, der einige
Bildnisse von hohem künstlerischem wert und viele von großem
historischem Interesse enthält, wird in seiner Gesamtwirkung
dadurch arg beeinträchtigt, daß man oben, knapp unter dem
Gebälk, eine Reihe ganz schlechter Pastelle ans dem l 8. Jahr-
hundert, die unter die Rnbrik des -Kitsches* gehören, auf-
gehängt hat, und zwar so, daß sie an einigen Stellen mit
ihren Rahmen über den oberen Teil der Rahmen der unteren
Reihe hinausrageu und ihn bedecken. Und doch wäre dort
ein Fleck weiße wand geradezu notwendig. Die Pastelle selbst
sind nicht mehr wert, als daß man damit einheizt, denn auch
ihr historischer wert ist gleich Null.
Man kann eben au maßgebender Stelle nicht begreifen,
daß eine Galerie anders als eine Briefmarkensammlung ein-
gerichtet werden muß. Maler i^."
Von vorstehenden Mitteilungen gaben wir dem
k. Zentral-Gemäldegalerie-Direktor, Herrn Geheim-
rat Professor Or. v. Reber Aenntnis und baten
um Rückäußerung unter Benennung des Namens
des Herrn Einsenders, wie derselbe es uns gestattete.
Herr Geheimrat v. Reber hatte die Güte, uns fol-
gendes zu schreiben:
„Da die verehrliche Redaktion den vorstehenden Artikel
mir mit der Bitte um Kenntnisnahme und Rückäußerung
überschickte, willfahre ich mit Folgendem dem Airsuchen.
Die Motivierung des Berichtes ist seltsam: ,Liu Künstler
hält es für seine Pflicht, gefährdete Kunstwerke zu schützen.
Die Gemälde der Burghauser Galerie sind aber in Gefahr.
 
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