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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 35
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Ueber das Verfahren der Jury
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Eine Ausstellung von künstlerischen Grabdenkmälern in Wiesbaden und an anderen Orten
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0478

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 35.


85 annehmen konnte. Scheint schon die Zahl der
zur Beurteilung eingesandten Kunstwerke eine kleine,
so wundert man sich noch mehr, daß unter diesen
225 Arbeiten nur 85 der Ausstellung würdig be-
funden wurden. (Der letzte schweizerische Salon in
Lausanne enthielt — Architektur und dekorative
Kunst nicht mitgerechnet — 55 s Nummern.) Einige
Streiflichter auf die Tätigkeit der Zury dürften da-
her, wenn auch nicht von offizieller Seite ausgehend,
von Znteresse sein.
Schon in der Einladung, die die Künstler zur
Ausstellung aufsorderte, wurde auf den relativ be-
schränkten Raum hingewiesen, der der Schweiz in
München zur Verfügung stehe, und betont, daß
unter diesen Umständen von einem Künstler jeweilen
nur ein Bild angenommen werden könne. Raum-
mangel wurde denn auch von der Zury bei vielen
der refüsierten Bildern als Grund der Zurück-
weisung angegeben. Da berührt es seltsam, wenn
man vernimmt, daß von zwei Mitgliedern der
Jury je eine ganze Aland des Ausstellungs-
raumes von vornherein für sich allein in
Beschlag genommen wird. Das zeugt nicht ge-
rade von Bescheidenheit, noch von Kollegialität.
Bon einem Künstler, der durch seine, nur
einigen wenigen verständliche Malerei in den letzten
Zähren öfters von sich reden machte, wurde ein
großes Bild eingesandt, das durch seine — sagen
wir Naivität großen Widerspruch hervorrief. Es
entspinnt sich ein heftiger Kampf über Zulassung
oder Abweisung des Bildes, denn der Künstler hat
gute freunde in der Zury. Die besonneneren Ele-
mente machen darauf aufmerksam, daß durch Aus-
stellung dieses Bildes das Ansehen der schweize-
rischen Kunst in München nur geschädigt werden
könne. Schließlich wird das Bild refüsiert. Bei
einem anderen Maler wäre die Sache damit er-
ledigt gewesen; aber die Clique, zu der der Künstler
gehört, will nicht, daß auf dem freunde der Makel
des Refüsiertseins sitzen bleibe und während sie einer-
seits die Rückweisung des Bildes mit dem Abangel
an Platz entschuldigt, geht sie hin und verlangt
ein anderes, mindestens ebenso großes Bild des
Betreffenden aus einer öffentlichen Sammlung, da-
mit der freund ja in München nicht fehle. Diese
Bevorzugung eines einzelnen gegenüber andern —
wir können es nicht anders nennen — wurde un-
seres Wissens von der Zur^ in zwei Fällen be-
gangen.

Ueber die Aufnahme einiger anderer Bilder
wird in München mancher, der die schweizerische
Ausstellung besucht, erstaunt den Kopf schütteln:
,Gute freunde in der Zuryll
,Kunst ist keine Kameradschaft lautet ein
Dichterwort. Manchmal ist sie es doch.
Zede Zury besteht aus Menschen und nicht aus
Göttern. Auch wollen diese Zeilen nicht Hetzen und
nicht Zwietracht stiften. Doch da wir wissen, daß
mancher Künstler, wenn ihm ein Bild refüsiert
wird, sich die Sache allzusehr zu Perzen nimmt
und sich darüber ärgert und grämt, so möchten
wir darauf Hinweisen, daß solche Gemütserregungen
nach Erwägung des soeben Mitgeteilten sehr un-
begründet und überflüssig sind."
Die Ereignisse werfen ihre Schatten also be-
reits voraus.
6me Ausstellung
von künstlerischen Grabäenkmälern
in Miesbaclen unä an ancleren Orten.
Die durch ihre verdienstvollen Unternehmungen
während der letzten Jahre schon mehrfach vorteil-
haft hervorgetretene „Wiesbadener Gesellschaft für
bildende Kunst" beabsichtigt im Oktober eine
Wanderausstellung von Entwürfen, Modellen,
event. auch einzelnen Gipsabgüssen moderner
künstlerischer Grabdenkmäler in einfachster
und reichster Ausführung zu veranstalten, die den
Zweck verfolgt, eine möglichst vollkommene
Uebersicht aller tüchtigen in den letzten zehn
Zähren gewonnenen Lösungen auf diesem
volkstümlichen Kunstgebiet zu vereinigen;
es kommt dabei der Gesellschaft weniger darauf an,
nur Neues, als vielmehr das Beste, womöglich
schon durch frühere Konkurrenzen Gesichtete, zu
bieten. Dennoch besteht die Absicht, zugleich eine
Konkurrenz für Grabmäler einfachen Charakters
mit der Ausstellung zu verbinden, um zur Pro-
duktion neuer Entwürfe anzuregen.
Zn einer besonderen Abteilung sollen die her-
kömmlichen Ungeheuerlichkeiten, die zur Zeit unsere
Friedhöfe schänden, in zahlreichen Photographien
vorgesührt werden, um auch das Auge des Un-
empfindlichsten durch die Gegenüberstellung aufzu-
rütteln. Ein illustrierter Katalog, der z. B. in Wies-
baden in 500 Exemplaren gratis verteilt werden
wird, soll weiter dazu beitragen, die bis jetzt außer-
halb der großen Kunstzentren noch fast unumschränkt
 
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