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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 39
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Kunstgenossenschaft, Eisenbahndirektion und Eisenbahnspediteur
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Die Spaltung in der Wiener Sezession, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0534

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530

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 39.

Unternehmers nicht aus die An-- und Abfuhr von Kunst-
gegenständen aller Art und fallen hierunter auch die an-
gerollten Gemälde; dein Unternehmer bleibt überlassen, die
An- und Abfuhr dieser Güter nach Vereinbarung mit den
Versendern oder Empfängern zu besorgen, der Vertrag
zwischen der Eisenbahnverwaltung und dem Fuhrunter-
nehmer findet daraus aber keine Anwendung.
Der Fuhrunternehmer Grund hat sich auf unfern Vor-
halt indes bereit erklärt, von der erhobenen Gesamtsumme
von ZH Mk. s; pfg. den Betrag von 6 Ulk. abznlassen;
sind Sie zu der Annahme bereit, erbitten wir eine gesl.
Mitteilung.
weiteres in dieser Angelegenheit zu veranlassen, be-
dauern wir unter den vorliegenden Verhältnissen nicht in
der Lage zu sein. Die vorgelegten Frachtbriefe folgen hier-
bei zurück.
Also das alte Lied: Alle deutschen Bürger stehen
im Schutze der Gesetze und Verträge, nur die Künstler
sind, wie die Zigeuner, vogelfrei, unregistrierbar,
Leute, mit denen nichts anzufangen ist, um die inan
sich daher gar nicht kümmert, die aber nur dafür
da sind, gehörig geschröpft zu werden.
Die Sache ist aber damit nicht zu Ende. Nach
der ersten Erklärung der Eisenbahndirektion hat der
Spediteur uns unzweifelhaft übervorteilt. Er hat,
nachdem ihm das vorgehalten wird, der Direktion
ein Märchen aufgebunden, was diese allerdings
glaubt, was aber jedem, der nur die geringste Ahnung
von Ausstellungsangelegenheiten hat, sofort unglaub-
lich erscheinen muß. Denn daß Fuhrkuechte nicht ge-
rade geeignet sind, um Kunstwerke zu verpacken, ist
wohl einleuchtend. Noch dazu, wo wir unfern Tischler-
meister eigens dazu Mitnahmen und das Museum in
Altona mindestens ein halb Dutzend wohlgeschulter
Leute stellen kann, Hätten die Herren von der Di-
rektion nur eine blasse Ahnung von dein, was wir
tun und treiben, so hätten sie nicht beim Spediteur,
sondern beiin Herrn Museumsdirektor angefragt und
mühelos — das Museum hat Telephonverbindung —
die Wahrheit erfahren. Die Eisenbahndirektiou hat
aber aus unseren Hinweis, daß Herr Grund un-
richtige Angaben gemacht hat, nicht reagiert, sondern
einen Paragraphen, Z s Ziffer H, Buchstabe 6, eines
Vertrages herangezogen, den kein Mensch sonst kennt,
der aber dem Nollfuhrmann die Berechtigung erteilen
soll, voii Künstlern für die Spedition ihrer Werke
das Vierfache der gesetzlichen Taxe fordern zu dürfen.
Es würde für die deutschen Künstler und Kunst-
ausstellungen denn doch wichtig sein, zu konstatieren,
ob solche Verträge noch anderswo bestehen und ob
z. B. die Leiter unserer großen Ausstellungen sich
durch besondere Verträge mit Spediteuren gegen all-
zuhohe Extrasorderungeu sicher gestellt haben. Aus
jeden Fall weiß ich aus meiner früheren zehnjäh-
rigen Praxis als Geschäftsführer des Schleswig-
Holsteinischen Knnstvereins, daß der Kieler Eisenbahn-
spediteur seinen Verdienst auch für Kunstwerke nach
durchaus normalen Nollgeldtaxen berechnet.
Wie dem auch sei, die Hauptsache bleibt der
Widerspruch der beiden Erklärungen seitens der Eiseu-
bahudirektiou und das Nichteingeheu auf eine ernst-

hafte Anschuldigung gegen ihre Eisenbahuspediteure.
wir haben daher auch nach der letzten Erklärung
und dem großmütigen Anerbieten von den für
„Nebenleistungen" erhobenen Mk. 22S0 uns Mk. 6
wieder zu schenken, gerne auf eine Antwort verzichtet.
OeorZ Lurmester,
Vorsitzender der Schleswig-Holsteinischen Kunst-
genossenschaft.
Die Spaltung m äer Mener Sezession,
von welcher wir noch im vorigen Hefte kurz Nach-
richt gebeu kounten, hat weitere Fortschritte gemacht:
Zu Klimt, Wagner, Hoffmann, Moll, Moser,
Roller, Lnksch, List, Metzner und Bernatzik haben sich
noch I. M. Auchentaller, A. Böhm, A. H ölzel, Frz. wilh.
Jäger, Max Kurzweil und Emil Grlik gesellt. Man er-
wartet noch weitere Austrittsanmeldungen, insbesondere aus
dem Auslande. Man nennt den früheren Direktor der Kunst-
gewerbeschule Felician Frhrn. v. Myrbach und den in Darm-
stadt wirkenden Glbrich als so enge mit den künstlerischen
Ideen der Ausgetretenen verknüpft, daß auch sie zweifellos der
Vereinigung den Rücken kehren werden. In einem Schreiben
an ihre Mitglieder führt die Sezession als Ursache der Krise
ausschließlich den Umstand an, daß das Mitglied Maler Karl
Moll in eine Verbindung mit der Kunsthandlungsfirma H.
G. Miethke getreten sei, die von Ausschuß und Plenum als
mit den Interessen der „Sezession" unvereinbar befunden wurde.
Moll und seine persönlichen Freunde hätten hieraus die Kon-
sequenzen abgeleitet. Gegen dieses Zurücksühren der Krise aus
persönliche Motive nimmt Karl Moll entschieden Stellung. Er
schreibt der „N. Fr. Pr.":
„Als es im Sommer dieses Jahres entschieden war,
daß die Galerie Miethke aufgelöst werden sollte, veranlaßt^
Kollege Klimt seinen Freund Herrn Paul Bacher, das In-
stitut zu erwerben. Die Kollegen Klimt, Pros. Hoffmann und
Prof. Moser bestimmten mich, Herrn Bacher als künstlerischer
Ratgeber für die ersten Jahre zur Seite zu treten, und ich
übernahm infolgedessen die Ausstellungsleitung der Galerie
Miethke ganz unabhängig von der Kunsthandlung, welche
Herr Bacher leitet. Die Ausstellungen im engsten Anschluß
an die Bestrebungen der Sezession' zu gestalten, diese selbst
in intensivster weise zu unterstützen, war inein Programm,
welches allen Kollegen bekannt war. Nachdem trotzdem die
Majorität eine Konkurrenz fürchten zu müssen glaubte, ver-
langte man von mir, ich solle meine Tätigkeit in der Galerie
Miethke aufgeben. Dieses Ansinnen lehnte ich als Eingriff in
meine persönliche Freiheit ab und trat aus der Sezession' aus.
Der Austritt meiner Kollegen erfolgte viele Wochen später
aus ganz anderen, rein künstlerischen Gründen." Die
Ausgetretenen wollen, wie dasselbe Blatt mitteilt, keinen
festen Verband gründen.
Ueber die Angelegenheit berichten die „Münch.
Neuest. Nachr." aus Wien:
„Die Gründe des Zwiespaltes sind zum Teile künst-
lerischer Art, zum größeren Teile aber persönlicher
Natur. Die eigentliche Seele der Austrittsbewegung ist
Karl Moll, dessen große Verdienste um die Sezession und
dessen organisatorisches und agitatorisches Talent zwar nie-
mand bestreiten kann, der sich aber seine frühere präpon-
derierende Stellung in der Sezession auch mit Mitteln zu
erhalten trachtete, die zu dem Motto der Vereinigung >Der
Kunst ihre Freiheit' in scharfem Widerspruche stehen. In der
Sezession bestand schon seit langem ein stiller Gegensatz zwischen
der Gruppe der dekorativen Stilisten, die sich um Klimt
scharte, und einer anderen Gruppe von rein male risch er
Richtung. Moll, der künstlerisch gar nicht zu den Stilisten ge-
hört, hat sich doch dieser Gruppe angeschlossen und im Vereine
 
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