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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 43
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Thode-Thoma-Liebermann, [1]
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Ueber die Jury der Nordwestdeutschen Kunstausstellung in Oldenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0591

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Heft 4Z.

Die Werkstatt der Kunst.

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schämen und ihn verleugnen, er wird und darf sich nicht
stören lassen, er wird doch herrliches gestalten, und wenn
ihm das Talent zur Kunst abgesprochen wird — so arbeite
er ruhig weiter — denn er treibt sein Spiel mit dem Ernste
einer Rinderseele und um der Sache selber willen."
Die „Frankfurter Zeitung" selbst versieht dieses
Schreiben noch mit folgender Sckflußbemerkung:
„Von Hörern Thodes wird uns versichert, daß Aeuße-
rungen über den Impressionismus in persönlich verletzender
Form, wie Herr Liebermann sie zitiert und bekämpft, nicht
gefallen sind. Ebenso sei es unrichtig, daß Thode vor seinen
Hörern bemerkt habe, er appelliere mit seinen Aeußerungen
an das ganze deutsche Volk. Es scheint mithin, daß der
Heidelberger Reporter, der bei den Vorlesungen des Herrn
Geheimrats Thode sein Wesen treibt, — und dem, wie wir
aus badischen Blättern ersehen, zu unserm Befremden sein
Handwerk auch jetzt noch nicht gelegt ist, — die Ausfüh-
rung des Redners entstellt wiedergegeben und dadurch den
ganzen peinlichen Handel verursacht habe. Diese Annahme
bestärkt uns in der Ansicht, daß Berichte über Universitäts-
vorlesungen nur mit besonderer Genehmigung des Vortra-
genden veröffentlicht werden sollten. Es wäre nunmehr sehr
willkommen, wenn Herr Geheimrat Thode sich entschließen
wollte, seine Vorträge über moderne Runst selbst zu veröffent-
lichen und dadurch eine fruchtbare, unpersönliche Diskussion
über wichtige Fragen, der modernen Aesthetik zu ermöglichen."
Gegen die vorstehend gegebene Erwiderung er-
griff nun Professor Max Liebermann in der
„Frankfurter Zeitung" abermals das Wort. Er
schreibt aus s)ontresina unterin ssin Juli:
„Die Veröffentlichung, mit der Herr Thoma für seinen
Freund Thode vor die Bresche tritt, macht seinem Eharakter
alle Ehre: sie ist von echter Freundschaft und fchöner Dank-
barkeit diktiert. Aber diese Gefühle haben ihm den sonst so
klaren Blick umnebelt. Thoma verkehrt die Sachlage und er
richtet sich mit seiner Darstellung an eine falsche Adresse:
seinen Zorn über die Bücher Meier-Graeses möge er diesen
entgelten lassen. Herr Meier-Graefe wird ihm zu antworten
wissen.
Nicht ich habe Thode, sondern Thode hat mich ange-
griffen. Nicht ich habe die Gefühle, die den Herrn Thode
und Thoma heilig sind, verspottet, sondern Thode hat der
Runstanschauung, die mich erfüllt, infamierende Beweg-
gründe untergelegt. Freilich stellt man es jetzt so dar, als
ob die Reporter, deren sich Herr Thode bedient, die Worte
ihres Meisters sinnentstellend wiedergegeben hätten. Dann
hätte Thode, als er vor dem Publikum den Gegenstand dieser
Polemik berührte, die Pflicht gehabt, seine übereifrigen Partei-
gänger mit klaren Worten zu desavouieren. Denn zu meiner
Erklärung veranlaßt^ mich einzig und allein Thodes Insi-
nuation, der Impressionismus sei eine von einem kleinen
Berliner Rreise aus Geschäftsrücksichten zur Schau getragene
und zu Markt gebrachte Runstanschauung.
wenn Herr Thoma mir vorwirft, daß ich Professor
wickhoff in Wien als Eideshelfer gegen seinen Freund
herangezogen habe, so lag der Grund darin, daß jener Ge-
lehrte als eine erste Autorität auf dein Gebiete kunstgeschicht-
licher Forschung anerkannt ist. Nicht, wie Herr Thoma zu
glauben scheint, um Meinungsverschiedenheit, nicht um An-
sichten handelt es sich, sondern wickhoff hat Thode eine Reihe
gröbster Irrtümer nachgewiesen, hätte Herr Geheimrat Thode
diese vernichtende Kritik seiner Rcnnerschaft zu entkräften ver-
mocht, er hätte schwerlich geschwiegen.
Ich bin alt genug, um zu wissen, daß man nur seine
Anhänger überzeugt: deshalb habe ich nie den vergeblichen
Versuch gemacht, Widersacher zu meinen Ansichten bekehren
zu wollen. Ich maße mir nicht an, dem deutschen Volke seine
Ideale zu rauben, ich gestatte mir nur gegen die Unduld-
samkeit Einspruch zu erheben, mit der Herr Thode das, was
er für recht und gültig hält, als das Ideal des gesamten
deutschen Volkes proklamiert. Malerisch und poetisch ist nicht

nur ,die mondbeglänzte Zaubernacht, die den Sinn gefangen
hältst sondern auch — um mich der Worte des Herrn Thoma
zu bedienen, ^zwischen Berlin und Buxtehude* gibt es dessen
genug. Die Rraft der Darstellung, nicht die Wahl des Stoffes
macht den Künstler. Durch kein Dogma, durch keine noch so
volltönende Phrase, durch kein nationalisierendes Schlagwort
kann das weite Reich und das freie Recht der Persönlichkeit
eingeengt und beschränkt werden."
Professor Thode hat inzwischen bekannt gegeben,
daß er seine Vorlesungen, welche der Gegenstand so
lebhafter Auseinandersetzungen geworden sind, werde
drucken lassen.
Neber die "Jury der Nordnestäeutscben
Kunstausstellung ln Oldenburg.
Schon wieder eine Jury! so hören wir ent-
setzte Ausrufe — nimmt denn das in diesem Jahre
gar kein Ende? .... Nur sachte! Es wird nicht
ganz so schlimm, wie die Ueberschrift vermuten läßt.
Eine gewissenhafte Redaktion hat die Verpflichtung,
ihren Freunden hin und wieder eine gewisse Ab-
wechselung zu bieten, zumal in diesen heißen Tagen,
in welchen eine Erfrischung so wohl tut. And nach
den vorausgegangenen, höchst ernsthaften Betrach-
tungen und Auseinandersetzungen in Sachen der
Iurorentätigkeit bei den einzelnen Ausstellungen bietet
eine Abwechselung ganz besonderer Art ohne Zweifel
das folgende, von einem „Kunstlaien" in einer Olden-
burger Zeitung veröffentlichte
Selbstgespräch in der Oldenburger Nord-
westdeutschen Kunstausstellung:
„Ja allerdings, nachdem ich mit eigenen Augen gesehen,
begreife ich das bis so weit mir zu Ohren gekommene Ur-
teil des Publikums.
Die Herren der Jury müssen wohl der allerhyper-
modernsten (warum denn die Leiter nicht noch ein bischen
höher hinauf? D. R.) Richtung angehören. Man bekommt
beinahe nur hypermodernstes zu sehen. Ich weiß nicht, wo-
rüber man sich mehr wundern soll, — über die Unduldsam-
keit den Künstlern einer anderen Richtung und Kunstanschau-
ung gegenüber, von denen doch mancher große Hoffnungen
auf künstlerischen und pekuniären Erfolg gehegt hat und sich
nun bitter getäuscht und seelisch herabgedrückt fühlt — oder
über die Tyrannei dem Publikum gegenüber, dem doch so-
zusagen gesagt wird, ,das allein sollst du sehen, sollst du schön
finden, sollst du kaufen, das ist die allein berechtigte, die allein
seligmachende wahre Kunst*.
haben diese Herren denn nun wirklich recht?
Ach Gotte doch, was sind dann so Leutchen, wie Rubens,
Titian, Rembrandt u.f.w., Elaude Lorain, wouverman u.s.w.,
(Respekt, Respekt vor diesen kunstgeschichtlichen Kenntnissen!
D. R.) und um von neueren einige zu nennen, die Achen-
bachs, Lessiug, Ed. hildebraud, I. A. Koch, Fritz Preller der
Aeltere, Rottmann, Schirmer, Ed. Schleich u. s. w. für Jammer-
prinzen gewesen.
Daß man in Oldenburg die Oldenburger Maler so stief-
mütterlich behandelt hat (von vielen Oldenburger Malern und
Malerinnen ist auch nicht ein Werk vorhanden), ist auch nicht
gerade nett. An Platz fehlt es doch nicht und wunderlicher,
als sehr viele der angenommenen Werke, können die zurück-
gewiesenen nicht sein. Es ist nur noch völlig unklar, nach
welchen Prinzipien so eine Jury verfährt. (,fo eine Jury*
ist gut! D. R.) Es wäre wirklich interessant, in einem Se-
xaratraume die zurückgewiesenen Werke zu sehen. Ich sage
absichtlich nicht Bilder, denn unter einem Bilde verstehe ich
wesentlich anderes, als man hier zu sehen bekommt, wie ist
 
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