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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 38
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Meyer, H. Ch. H.: Kunstwucher
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Bilderfälschungen
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Wir warnen!
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0519

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Heft 38.

Die Werkstatt der Kunst.

5s5

bis zu 30 o/o zusichern, und die Gemälde werden nur zu einem
bestimmten Preise übernommen. Wird dieser Preis beim Ver-
kaufe überschritten, erhält der Kunsthändler das Doppelte, Drei-
fache, Zehnfache des angesetzten Preises, so zahlt er dem
Künstler gleichwohl nur die bei der Uebernahme vereinbarte
Summe und keinen Pfennig mehr. Auch das steht zuweilen
im Belieben unserer Kunsthändler, daß sie einen Künstler ver-
tragsmäßig in der Weise binden, daß derselbe zu bestimmten
Terminen ein bestimmtes Bild gegen eine feste, sofort aus-
zahlbare Summe zu liefern hat, dagegen ein weiteres Bild
an irgend wen immer nicht verkaufen darf. Die hierbei ver-
einbarte Summe steht natürlich weit unter dem Verkaufspreis
des bestellten Bildes. Einem Künstler ohne Namen wird es
unter diesen Umständen doppelt schwer, überhaupt nur die Auf-
merksamkeit auf sich zu ziehen. Denn der Mangel eines Namens
wird auch vom Kunsthändler entsprechend betont, um den
Preis zu drücken, wenn der betreffende Künstler nicht etwa
sofort abgewiesen werden sollte.
Der Kunsthändler hat kein ideales Interesse an der
Kunst. Er ist nur Kaufmann. Den Geschmack des Publikums
zu heben und nach bestimmter Richtung zu lenken, dem Un-
geschmacke desselben entgegenzutreten, fällt ihm nicht ein. Das
bezahlt sich nicht, wenn der Käufer einen bestimmten Künstler-
namen seiner Galerie einverleiben will, so wird der Kunst-
händler sofort mit dem entsprechenden Angebote bei der Hand
sein. Für eine einmal beliebte, wenn auch künstlerisch minder-
wertige Nalweise, für eine Kunst, welche innerlich hohl ist,
wird er sich in dem Augenblicke interessieren, da er merkt, daß
der Geschmack des Publikums sich dieser Kunst zuwendet.
Gewiß gibt es Ausnahmen unter den Kunsthändlern. Aber
diese sind eben nur Ausnahmen. Sie lassen den Künstler nur
um so schmerzlicher empfinden, wie es sein könnte und wie
es tatsächlich ist."
Am Schlüsse seiner Ausführungen tritt der
Verfasser dafür ein, daß hier der Staat helfend
eingreifen müsse, „damit die Künstler ihre Erzeug-
nisse nach eigenen Dispositionen selbst kostenlos aus-
stellen und zum verkaufe anbieten können. Der
Staat gebe die Räume her, sorge für Wander-
ausstellungen, .vermittele selbst den
Verkauf derselben . . . . Wir sind nicht
dieser Meinung über den Beruf uud die Fähigkeit
des Staates, in dieser Weise ein Welser zu sein.
Wir glauben vielmehr -—- naheliegende Beispiele
beweisen —- daß die Lösung aller dieser und anderer
Fragen nur durch die Angehörigen des eigenen
Standes, nur durch die Künstler selbst ge-
schehen kann.
KUcierfälscbungen.
Die Fälschungen von Bildern lebender Künstler,
bezw. das Fälschen von Unterschriften auf Gemälden,
sind Dinge, die schon vielfach zur Kenntnis der Geffent-
lichkeit gelangt sind. Mehrfach entstehen, wenn wieder
einmal ein solcher Fall entdeckt wird, zwischen dein
geschädigten Käufer und dem geschädigten Künstler,
den die Fälschung betrifft, Meinungsverschiedenheiten
über das Recht des Verhaltens bei einer solchen
Gelegenheit. Es kommt vor, daß der Künstler, wenn
ein solches Bild ihm zur Beurteilung über die Echt-
heit vorgelegt wird, die Berechtigung zu besitzen
glaubt, das Bild kurzer Haud zurückbehalten und
nach eigenem Ermessen damit verfahren zu dürfen.
Ein solcher Fall, der einen groben Irrtum seitens

des Künstlers in sich schließt, der leicht dazu führen
kann, daß der Künstler in die unangenehmsten Prozesse
verwickelt wird, liegt uns gegenwärtig vor. Um un-
sere Leser nach Möglichkeit vor Schaden zu bewahren,
bringen wir denselben hiermit zur allgemeinen Kennt-
nis. Man schreibt uns:
„Auf einer Auktion kaufte ich ein Gemälde, welches
die deutlicheZeichnung des Künstlers enthielt, von welchem
dasselbe sein sollte. Da mir der Charakter des Bildes von
dem der übrigen Bilder des Malers verschieden erschien,
sandte ich dasselbe dem betr. Künstler zu, mit der Bitte,
mir anzugeben, ob und bezw. in welchem Jahre etwa er
dasselbe gemalt habe. Der Künstler schreibt mir nun, es
sei eine Fälschung und er behalte das Bild. Als ich den
von mir ausgelegten Preis beanspruche, schreibt er, daß er
das Bild der Polizei übergeben wolle.
Wie habe ich mich zu verhalten?
Muß der Maler das Bild zurückgeben, oder hat er
irgend ein Recht, dasselbe zurückzubehalten?
Habe ich das Recht, gegen die betr. Auktionsleitung
oder den früheren Besitzer wegen Rücknahme des Bildes vor-
zugehen?"
Auf diese Fragen erhalten wir von uns nahe-
stehender juristischer Seite die folgende Antwort:
MD. H Der Käufer ist Eigentümer des
Bildes und bleibt es unter allen Umständen.
Niemand ist berechtigt, ihn: dasselbe vorzuenthalten.
Der Käufer kann also den Künstler auf Herausgabe
verklagen.
2. Der Kauf ist nichtig, weil sich der Käufer
über eine wesentliche Eigenschaft, die ihm auch zu-
gesichert war, nämlich, daß das Bild gerade von
dein Künstler herrühre, von welchem ein Werk zu
erwerben er beabsichtigte, im Irrtum befunden hat.
Der Käufer kann den Auktionator, denn dieser
hat den Kauf selbständig mit ihm abgeschlossen, auf
Rücknahme des Bildes verklagen. (B.G.B. ßß s s9,
sich9 u. ^60).
3. Der geschädigte Künstler kann Strafantrag
stellen auf Grund des tz ssi; des Gesetzes zum Schutze
der Warenbezeichnungen: „Wer wissentlich ... Waren
. . . mit dem Namen eines anderen widerrechtlich
versieht u. s. w." (Das Bild befand sich im Handels-
verkehr, was genügt, um es gesetzlich als Ware
zu bezeichnen.) Der Künstler kann aber auch vollen
Schadenersatz fordern. Auf sein Verlangen kann
auch auf eine Buße bis zu HO 000 Mk. erkannt
werden. Damit wäre allerdings jeder weitere Ent-
schädigungsanspruch ausgeschlossen. (H (8 cit. Ges.)
Mir warnen!
Von verschiedenen Seiten erhielten wir in
diesen Tagen Anfragen über ein Schreiben, das
gegenwärtig, von Berlin aus verschickt, unter den
deutschen Künstlern die Runde zu machen scheint.
Dasselbe hat folgenden Wortlaut:
„Kunst und Kunstwissenschaft".
Illustrierte Werke für die gesamte Kunst u. Kunstwissenschaft,
eine Chronik des modernen Kunstlebens.
Die Werke, elegant gebunden, erscheinen regelmäßig am
0 Januar, z. April, Juli, z. Oktober und gelangen in
Berlin, Leipzig, Petersburg und Wien zur Ausgabe.
 
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