Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Hollenberg, Felix: Zur Reform der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft, [7]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0041

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
wemks«
-er
«unk


OrgLm kürdle
Interessen der M
dendenNwnttler.

Redakteur: Ernst Oloss.

IV. Jakrg. ^ I)est 2. ^ 1^. OKI. 1904.

j^ur Kelorm cler Allgemeiner» Deutschen Runstgenossenschakt.
VII.

Unzählige kunstgeschichtliche Untersuchungen
und Forschungen sind erschienen und erscheinen alle
Jahre weiter, Bände, vom umsangreichen Echiffs-
katalog bis zur „subjektiven Betrachtung, die an
sich ein Kunstwerk ist". Aast alle Aragen werden
gelöst, und ich zweifle nicht, daß man sich noch
bemüht, festzustellen, welchen Kautabak Rembrandt
bevorzugte und ob Raffael sich lieber mit „Gilka"
oder mit „Iloonelcamp ofNa^bnter" zum schaffen
inspirierte. Nur über ein Gebiet fehlen die Aor-
schungen: U)ie waren die materiellen Existenz-
bedingungen der alten Meister der verschie-
denen Kunstepochen gelöst? N)ie war ihre
Lebenshaltung? U)ie ihre soziale Stellung?
Daß die Verhältnisse damals fundamental
anders, offenbar günstiger lagen, das geht schon
aus der ganz anders gearteten künstlerischen Er-
ziehung hervor. Mie der chandwerkslehrling, so
lernte damals der angehende Künstler bei seinem
Meister, und, wie aus dem chandwerkslehrling zu-
gleich ein Geschäftsmann wurde, so wurde auch
er schon frühzeitig in den geschäftlichen Teil der
Kunst eingeführt. Dem Handwerker ist aber der
Verkauf seiner Arbeiten ebenso wichtig, wie deren
Produktion, und der Künstler schämte sich in früherer
Zeit durchaus nicht, sich zu der gleichen, naturge-
mäßen Ansicht zu bekennen. Mährend des Echaf-
sens —- und das ist das Entscheidende —- war

er Künstler, beim Verwerten seiner Arbeit Ge-
schäftsmann. And wenn man auch heute, wo
man trotz aller idealen Redensarten meist den ent-
gegengesetzten Meg macht, über diesen naiven und
veralteten Standpunkt lacht, er war doch der einzig
richtige, und wir könnten es im Znteresse der Kunst
nur aufs wärmste begrüßen, wenn die Künstler
sich wieder zu diesen natürlichen Anschauungen
durchringen könnten. Viele der alten Meister, die
wir als Künstler uneingeschränkt bewundern, könnten
als geschickte Kaufleute nicht minder unsere Be-
wunderung Hervorrufen.
Die einfache Aeberzeugung, daß jeder Arbeiter-
feines Lohnes wert sei, und daß der, der arbeitet,
auch essen soll, galt damals auch für den Künstler.
cheute wird der Künstler fast ausschließlich aus
Akademien und ganz ausschließlich „rein künst-
lerisch" ausgebildet. lieber den geschäftlichen Teil
der Kunst erfährt er kein Mort. Und doch wäre
dieser Teil naturgemäß von der gleichen Bedeu-
tung. Daß beide sich wohl vereinigen lassen, das
beweisen gerade die Beispiele vieler der alten Meister,
die recht gewandte, ja raffinierte Geschäftsleute
waren, ohne daß ihre Zdeale darunter litten.
cheute sitzen wir da, voller „Zdeale" und sehen
den Mald vor lauter Bäumen nicht. Die einfachste
Logik sollte uns lehren, daß wir unseren rein künst-
lerischen Bestrebungen weit besser nachgehen könnten,
 
Annotationen