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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 52
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Die Geschichte eines Denkmals
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Der Leipziger Künstlerverein und seine Stiftung
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0715

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Heft 52.

Die Werkstatt der Kunst.

7N

mußte der Künstler neue Modelle fertigen. Ausschuß und
Bürgermeister schlossen wieder Verträge mit dem Bildhauer.
Dann neue lange Debatten in der Bürgerschaft. Um endlich
zum Ziel zu kommen, beauftragte der Denkmalsausschuß den
Künstler nochmals, ein Modell anzusertigen, dieses vor Ein-
sendung drei Lübecker Söhnen, dem Geh. Gberbaurat Ministerial-
direktor Hinckeldey und den Geh. Bauräten von der Hude
und v. Groszheim zur Begutachtung vorzulegen und sich von
ihnen beraten zu lassen. Amtlich wurden diese drei Herren
von Lübeck um ihren Rat gefragt.
Nun wurde aber mittlerweile der Platz vor dem Holsten-
tor als einzig richtiger Standort gewählt. Der Bildhauer
machte auch dafür ein Modell, und die drei aus Lübeck
stammenden Architekten empfahlen warm die Ausführung des
neuen Entwurfes. Jetzt, so hieß es, würde endlich das Denk-
mal zustande kommen. Da wurden der Lübecker Senator
vr. Fehling und Bankdirektor Stiller beauftragt, als Bevoll-
mächtigte des Staates Lübeck mit dem Künstler zu verhan-
deln. wieder wurde ein neuer Ausführungsvertrag ausge-
arbeitet; ferner aber wurde dem Künstler, der bisher allen
Anforderungen bereitwillig nachgekommen war, ein eventueller
Abfindungsvertrag zur Unterschrift vorgelegt. Der Bildhauer
weigerte sich entschieden, einen solchen Vertrag zu unter-
zeichnen, indem er erklärte, daß er nunmehr doch auf die
Uebertragung der Ausführung rechnen müsse; auch entspräche
die vorgeschlagene Abfindungssumme (7000 Mk.) nicht im
entferntesten seinen Auslagen. Der Senator vr. Fehling redete
als Bevollmächtigter eines Bundesstaates dein Künstler zu,
mit dem Hinweise, daß dies nur eine formale Sacke sei, und
so gab Professor v. Uechtritz vertrauensvoll seine Unterschrift.
Nun kam es zur Entscheidung:
Der Denkmalsausschuß erklärte es für unnötig, die
Bürgerschaft wieder zu befragen und den Entwurf vorzu-
legen. Der zuletzt gewählte Platz vor dem Holstentor ist noch
lange nicht verwendbar für ein Denkmal. Dieser Gedanke
kam erst jetzt. Von dem Denkmalsplan wurde jetzt abgesehen
und der Entschluß gefaßt, die Verbindung mit dem Künstler
zu lösen. Der Bildhauer hat nun kein Recht mehr, den Klage-
weg zu beschreiten und Schadenersatz zu fordern; die ersten
Verträge sind zwar von beiden Teilen unterzeichnet, aber die
letzte Unterschrift gilt. Der Grundstein auf dem Lübecker
Marktplatz liegt fest und ruhig! was würde man sagen,
wenn eine Privatperson in dieser Art handeln würde? Hier
aber ist es ein Bundesstaat. Das ist die ruhmreiche Ge-
schichte des Lübecker Kaiferdenkmals, die der Künstlerverband
seinen Mitgliedern erzählt, damit sie daraus wichtige Lehren
ziehen....
Der Leipziger Kunsllerverem
unä seine Stiftung.
Unsere Leser werden sich der Mitteilungen er-
innern, welche wir vor einiger Zeit nach dem „Kunst-
wart" über den Künstlerverein in Leipzig und seine
ihm zugefallene Stiftung von HOO 000 Mk. veröffent-
lichten. Innerhalb des Vereins, so berichtete der
„Kunstwort", hatte sich eine Gruppe, ein „Künstler-
bund", gebildet, welche ihre eigenen Wege zu gehen
versuchte.
„Die Absonderung fand aber nicht den Beifall des
Vereinsvorsitzenden, des Professors Seffner, und er benutzte
die Stiftung, um gegen den Künstlerbund vorzugehen. In
einer jüngsten Generalversammlung setzte der Vorstand den
Antrag durch, daß kein Mitglied des Vereins einer künstle-
rischen Vereinigung Leipzigs angehören dürfe, durch welche
dem Künstlerverein Schaden erwachsen könne. Der Vorstand
gab selber zu, daß dies ein Ausnahmegesetz gegen den Künftler-
bund sein solle. Entweder sollten also die Bundesmitglieder
den Bund auflösen und alle Vorteile, die sie als Ausstellungs-
gruppe beanspruchen können, fahren lassen, oder sie wurden

aus dem Verein ausgeschlossen und dadurch um die Vorteile
der Stiftung gebracht. Die Bündler und einige andere Künstler
traten auf diese Zumutung hin aus dem »Künstlervereine'
aus ... ."
Diesen Behauptungen gegenüber bestritt der
Vorstand des Leipziger Künstlervereins in einer dem
„Kunstwart" übermittelten Berichtigung, daß der Vor-
stand den Antrag durchgesetzt habe, „daß kein Mit-
glied des Vereins einer künstlerischen Vereinigung
Leipzigs angehören dürfe, durch welchen dem Künstler-
verein Schaden erwachsen könne", und erklärte,
daß alle mit der Stiftung in Zusammenhang stehen-
den und den „Künstlerbund" berührenden Angelegen-
heiten durchaus nach Ueberzeugung des gesamten
Vorstandes sowie der ganzen ordentlichen Mitglieder-
versammlung zum Ausdruck gekommen seien.
Auf diese Berichtigung hin schrieb der Korre-
spondent des „Kunstworts", Vr. Friedrich Selle,
u. a. folgendes:
„ . . . . Allerdings ist das Statut der Stiftung zum Be-
schluß erhoben worden, als die Mitglieder des Bundes noch
dem Vereine angehörten und unter ihrer Zustimmung; aber
wurde der Verein mit dem fertigen Statut überrumpelt
und vom Vorstande darauf hingewiesen, daß eine Aenderung
in Rücksicht auf die mit dem Testamentsvollstrecker getroffenen
Vereinbarungen nicht ratsam sei, da bei einer Verzögerung
vielleicht die ganze Stiftung von Erben oder Behörden in
Frage gestellt werden könnte; und 2. war damals der Knebel-
antrag gegen den Bund noch unbekannt und die Bündler
also noch völlig arglos. ....
Der Vorstand kann nicht ablengnen, daß er den Antrag
eingebracht und damit sein Vorgehen gegen den Bund be-
gonnen hat. von unparteiischer Seite auf das höchst Bedenk-
liche des Antrages aufmerksam geinacht, zog ihn der Vor-
stand »vorläufig' zurück, führte aber seine Politik gegen die
Bündler derart rücksichtslos weiter, daß sie sich gezwungen
sahen, aus dem Verein auszutreten. Charakteristisch hierzu
ist, daß der Vorstand denselben Knebelantrag nach knapp einem
halben Jahre nochmals einbrachte; da lehnte nun selbst die
Versammlung der ordentlichen Mitglieder, die früher eine der-
artige Politik unterstützten, den fragwürdigen Antrag ab.
Die Tatsache also, daß der Verein selbst — leider zu spät —
das Vorgehen des Vorstandes nicht gutgeheißen hat, nützt in
seiner Erwiderung der Vorstand aus, um den Makel eben
dieses Vorgehens von sich abzuwälzen ....
Herr Professor Seffner hat vor seinen Vorstandsmit-
gliedern und vor Zeugen offen eingestanden, »daß der Vor-
stand die Stiftung als Machtmittel gegen den Bund benutze,
und daß ihm das niemand verdenken könne'. Ferner: »daß
er gewisse Leute ein für allemal im Verein nicht haben
wolle' .... Die Leugnung eines persönlichen Mißfallens als
eines treibenden Motives für den ersten Vorsitzenden müssen
wir auf Grund dieses Materials als unwahr bezeichnen."
Nach Lage der Dinge konnte den Ausfüh-
rungen des Herrn Or. Selle gegenüber eine noch-
malige Entgegnung des Leipziger Künstlervereins
nicht ausbleiben. Nachdem der „Kunstwart" es ab-
gelehnt hatte, sich weiter mit der Angelegenheit zu
befassen, appellierte der Verein an die „Werkstatt"
und ersuchte uns um die Veröffentlichung der nach-
folgenden Erklärung:
„Die Differenzen zwischen dem Vorstande des Leipziger
Künstlervereins und dem Leipziger Künstlerbund haben mit
der Gröppler'schen Stiftung an sich gar nichts zu tun, denn
sie bestanden schon lange, ehe an diese Stiftung zu denken
war. Der Künstlerbund bildete sich zu einem Verein im Vereine
aus, machte seinen Sonderintereffen die Veranstaltungen des
 
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