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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 26
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Kongress zur Bekämpfung der Farben- und Malmaterialien-Fälschung
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Das Nackte in der Kunst
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Eine Ausstellung von Werken sächsischer Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0492

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488

Die Werkstatt der Aunst.

Heft 36.

Aongresses unsere Leser seinerzeit zu unterrichten.
Allerdings versprechen wir uns von der Abhal-
tung dieses in Eile zusammengerufenen Aongresses
nicht viel mehr als die Niederlegung von Wünschen,
die Einsetzung von Aommissionen, Absendung von
Petitionen u. dergl., denn es ist kaum zu erwarten,
daß die vielen in den „Leitsätzen" angedeuteten
Fragen in der kurzen Zeit von wenigen Tagen
eine definitive Erledigung finden könnten, und wenn
sich der Aongreß auch in so viele Sektionen teilt,
als Programmpunkte vorhanden sind. Der am
meisten umstrittene ist wohl die Stellungnahme
gegenüber der Erwirkung eines Reichsgesetzes oder
von Verordnungen bei den einzelnen Bundesregie-
rungen betr. die Bekämpfung der Farben- und
Material-Fälschungen bezw. betreffs einer amtlichen
Aontrolle des Farben- und Malmittel-Handels. Für
Interessenten sei bekanntgegeben, daß sich das Bu-
reau des Aongresses in München, Maistraße 59/0,
befindet, woselbst alle erforderlichen Auskünfte er-
teilt werden.
Vas vackte in cler Kunst
ist schon wieder einmal zum Stein des Anstoßes
geworden und zwar diesmal, damit es an Ab-
wechslung nicht fehle, im Auslande, und damit
die Blamage um so größer sei, auf einer Welt-
ausstellung!
Der bekannte belgische Bildhauer I. Lam-
beaux hatte in der Gartenanlage der Lütticher
Ausstellung seine Gruppe Ae Raune morcku, die
in den Aunstausstellungen zu Brüssel, Paris, Düssel-
dorf und St. Louis rückhaltslos als ein Meister-
stück der Plastik eingeschätzt worden war, ausge-
stellt, und sein mit einer Nymphe kämpfenden pan
erregte auch in Lüttich allgemeine Bewunderung.
Einige einflußreiche ultramontane Blätter befürch-
teten jedoch, das Aunstwerk könnte das Scham-
gefühl eines Teiles der Besucher der Ausstellung
verletzen, und forderten die Beseitigung der Gruppe.
Indem sich nun die Direktion der Aunstausstellung
dieser Forderung fügte, entfesselte sie in der ge-
samten liberalen und unabhängigen Presse einen
Sturm der Entrüstung. Lambeaux richtete, wie die
„Münch. N. Nachr." nach der „Aöln.Ztg."mitteilen,
an den Generalkommiffar der schönen Aünste, Baron
Beekmann, das folgende ausgezeichnete Schreiben:
„Ls scheint, daß meine Gruppe 1.6 ViMlle moräu
unter dein Vorwände auf höheren Befehl entfernt worden
ist, sie verletze das Schamgefühl. Ich mußte diese Tat-

sache durch die Zeitung erfahren, denn man hat es nicht
einmal für notwendig erachtet, mich von dieser absonder-
lichen und ungerechtfertigten Maßregel zu verständigen.
Ich bin davon überzeugt, daß Sie, Herr Generalkommiffar,
so viel Kunstgefühl besitzen, um mein ernstes Kunstwerk
richtig zu beurteilen. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein,
so sind Sie doch ein Gentlemann und hätten meine Gruppe
nicht in derselben brutalen weise entfernt, wie man
einen Kerl vor die Tür wirft, der sich schamloser Hand-
lungen schuldig macht. Ich brauche mich daher wohl bei
Ihnen nicht gegen einen verdacht zu verteidigen, der mich
kränken müßte, wenn er bis an mein Künstlergewissen
heranreichte. Ich brauche Sie auch nicht erst darauf auf-
merksam zu machen, daß Vs VLUUS moräu, ohne irgend-
wie das Schamgefühl verletzt zu haben und ohne der bel-
gischen plastischen Kunst Schande zu bereiten, in den Aus-
stellungen zu Paris, Düsseldorf und St. Louis aufgestellt
war, wo meine Gruppe den Großen Preis davontrug.
Sie wissen vielleicht auch, daß eine aus Männern aller
Parteien bestehende Kommission der Regierung vorge-
schlagen hatte, die Gruppe für das Kgl. Museum in Brüssel
zu erwerben. Ich weiß nicht, aus welcher Provinzialsakristei
die einflußreichen Menschen hervorgegangen sind, die ein
Werk als schlecht und schamwidrig verurteilen, das von
den zuständigsten Kunstrichtern des In- und Auslandes
bewundert worden ist. Ich habe bereits eine lange künst-
lerische Laufbahn hinter mir, und die Achtung, die ich
stets der Kunst entgegenbrachte, schützt mich gegen die
niederträchtigen Deutungen einiger anonymer Tartüffe.
Ich bedaure die Elenden, die im Vaterlande von
Rubens und Iordaens nichts Nacktes sehen
können, ohne daß sich sofort ihre krankhafte
Einbildung regt. Damit man mich aber durch Um-
triebe und Machenschaften bei den Preisrichtern als Künstler
nicht schädigen kann, ersuche ich Sie, an allen von mir
ausgestellten Werken einen Zettel mit den Worten llors
couoours anbringen zu lassen."
Am s6. Mai erhielt Lambeaux in Brüssel die
Mitteilung von der Eisenbahn, daß aus Lüttich
ein Aolli von einigen tausend Ailogramm an seine
Adresse zurückgesandt worden sei und am Bahn-
hof zu seiner Verfügung stehe. Wegen der Rück-
sichtslosigkeit des Verfahrens soll der Aünstler beab-
sichtigen, die Leiter der Ausstellung wegen Schaden-
ersatzes zu verklagen, da seine Gruppe doch in
aller Form vom Ausschuß der Abteilung der schönen
Aünste ausgenommen worden war.
Eine Ausstellung von Merken
säcksiscker Künstler
beabsichtigt in umfassender Weise während der
nächstjährigen großen Dresdner Aunstgewerbeaus-
stellung der Sächsische Aunstverein.
Die Agl. Akademie der bildenden Aünste, die
Dresdner Aunstgenoffenschast und die Aünstlerverei-
nigung „Elbier" haben zugesagt, das Unternehmen
zu unterstützen und in den zu dessen Vorbereitung
und Durchführung eingesetzten Ausschuß Vertreter
abgeordnet. Der Ausschuß hat am 22. v. Mts.
die Angelegenheit beraten. Alle in Sachsen lebenden
Aünstler sind eingeladen, zu dieser „Sächsischen
 
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