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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 44
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Eine Bank für Kunst und Kunstgewerbe, [2]
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Cassirer, Paul: Eine Entgegnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0602

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593

Die Werkstatt der Kunst.

Heft

viduellen Schaffenszentrun:, und den kapitalkräftigen
Leuten, Gesellschaften, auch den Städten selbst eines
bestimmten Absatzgebietes zu stehen.
Je mehr wirtschaftliche Initiative von einem
gut geleiteten und verständnisvollen Mittelpunkt aus
entfaltet wird, um so ruhiger kaun der Künstler
wirken und schaffen; aber der frei schaffende Künstler
braucht eine solche Fürsorge so gut wie der Arbeiter,
den sein Fabrikherr für regelmäßige Betätigung sucht.
Allerdings darf die Zentrale nicht in privaten Hän-
den einzelner, auch uicht iu staatlichen Händen sein,
sondern sie soll durch Zusammenwirken aller Fak-
toren geschaffen und unterhalten werden, denen an
Entwicklung von Kunst und Kunstgewerbe gelegen ist.
L.
Eine Entgegnung.
Aus Noordwijkaan: Zee (Niederland) schreibt
uns unterin 2f.Iuli Herr Paul Eassirer:
„Auf den ,Offenen Brief an die Mitglieder des
Deutschen Künstlerbundes' in Heft ^2 Ihrer Zeit-
schrift hätte ich einiges zu erwidern. Ich bitte Bis,
meine Zeilen in Ihrem nächsten Hefte zu veröffent-
lichen, wobei ich bemerke, daß ich Hierselbst leider
nicht das betreffende Material zur Hand habe. Durch
die publizierung der weiteren Korrespondenz mit
Herrn Eornils könnte ich nämlich leicht selbst dem
empfindlichsten Künstler — und wer in aller Welt
wäre empfindlicher als Künstler — beweisen, daß
Herr Eornils durchaus uicht rigoros behandelt wor-
den ist. Soweit ich mich an die brieflichen und
mündlichen Unterhandlungen erinnere, ist folgendes
geschehen:
Herr Eornils erhielt auf seine Anmeldung einer
Kollektivausstellung, die eine große Anzahl von Num-
mern umfassen sollte, ein Schreiben des Inhalts,
daß es nach den Statuten nicht gestattet sei, Kol-
lektivausstellungen einzusenden. Das war ein for-
meller Irrtum. In den Statuten des Künstlerbundes
ist von einer Beschränkung der Zahl der Einsen-
dungen nicht die Rede. Auf seine Neklamation er-
hielt er den in Ihrer Zeitschrift veröffentlichten Brief,
den ich durchaus nicht humoristisch gemeint habe.
Herr Eornils leitete aus der Bestimmung, daß wäh-
rend der Dauer der Künstlerbuud-Ausstellung in
Berlin keine Kollektiv-Ausstellung in einem anderen
Berliner Salon stattfinden dürfte, den Anspruch auf
eine Kollektivausstellnng in den Räumen des Deut-
schen Künstlerbundes her. Ich versuchte durchaus
ernsthaft ihn: darzulegen, daß dies ein Irrtum sei,
allerdings ein mir sehr naiv erscheinender Irrtum.
Ich habe ineine Antwort später mehreren Künst-
lern — auch solchen, deren Werke zurückgewiesen
worden sind — vorgelegt. Sie alle fanden dieselbe
durchaus richtig und wohlwollend. Herr Eornils
beruhigte sich aber nicht, suchte erst mich auf und
sodann Herrn Professor Liebermann. Einige Tage
später erhielt ich von diesem einen Brief, den er
leider nicht veröffentlichte. In diesen: Schreiben wurde

mein Nat, sich unnütze Kosten zu ersparen, als über
die Grenzen meines Amtes hinausgehend gerügt.
Genügte Herrn Eornils diese Genugtuung
noch nicht?
Ich hatte im Drange der Geschäfte — und die
rechtzeitige Fertigstellung der diesjährigen Ausstel-
lung des Künstlerbundes erforderte einige Arbeit —
einen Fehler gemacht, und dieser ist von Herrn Pro-
fessor Liebermann mit meinem wissen durchaus
schonungslos gerügt worden, was verlangt Herr
Eornils noch mehr? welche Strafe erachtet er
meinem Verbrechen für angemessen? Re dis in
iäem! ist doch wohl ein nicht nur für die Rechts-
sprechung, sondern auch für den Anstand gültiger
Spruch. Herr Eoruils hat mich bei Herrn Professor
Liebermann verklagt. Ihm wurde Recht gegeben,
warum klagt er noch einmal in Ihrer Zeitschrift?
Und nun möchte ich mir die Frage gestatten:
war nicht meine Antwort praktisch richtig, wenn
sie auch theoretisch einen Eingriff in die Freiheit
deutscher Kunst darstellt? wird irgend ein Leser Ihrer
Zeitschrift zu finden sein, der daran glaubt, daß
einem gänzlich Unbekannten der Raum für eine um-
fangreiche Kollektivausstellung eingeräumt wird, wenn
im ganzen 500—flOO Werke ausgenommen werden?
Ist das schon einmal geschehen? wo und wann?
Und endlich: Herr Eornils hat trotz des Briefes
von Professor Liebermann, in welchem seiner Re-
klamation Recht gegeben wurde und in welchen: er
ferner in wohlwollendster weise gebeten wurde, nun
doch sämtliche Werke einzusenden, sich nicht an der
Künstlerbund-Ausstellung beteiligt. Seine ganze An-
gelegenheit hat also der Jury des Künstlerbundes
nicht Vorgelegen.
Ganz unbegreiflich aber ist es mir, was das
alles damit zu tun hat, daß ich Kunsthändler bin.
Laufen angestellten Beamten keine Irrtümer unter?
Herr Eornils scheint nur die Ansicht insinuieren zu
wollen, ich wäre gegen die Aufnahme seiner Werke
gewesen, weil sie unverkäuflich wären. Ich jedoch,
zunächst bemerkt, wußte gar nichts von diesen Werken.
Ich habe sie nie gesehen, noch von ihnen gehört,
konnte also nicht ahnen, ob sie leicht verkäuf-
lich wären oder schwer. Dann aber habe ich in:
Deutschen Künftlerbund gar nicht das Amt für oder
gegen jemandens Werke zu sein. Ich gehöre nicht
der Jury an. welche Behauptung, ich wäre im-
stande die (6 Juroren zu bestimmen, nach meinen
wünschen zu urteilen!
In: übrigen aber werden auch ineine grim-
migsten Feinde — und ich glaube einige zu haben,
die meine Tätigkeit in der Sezession in früheren
Jahren aus der nächsten Nähe mit angesehen
haben, — nicht behaupten, daß ich jemals darauf
gedrängt habe, viel .verkäufliche' Arbeiten in die Aus-
stellungen der Sezession zu bringen, wer van Gogh
zu verkaufen versteht, den: ist längst das Unter-
scheidungsvermögen für das, was leicht oder was
schwer verkäuflich ist, verloren gegangen. Und dann:
 
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