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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 14
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Hollenberg, Felix: Zur Reform der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0194

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft tK

Kartellverhältnis eingingen. So wie jetzt die
Dinge liegen, wird der Lokalverein Wien stets das
fünfte Rad am Wagen sein, und dieses Rad ist
nicht nur überflüssig, sondern auch jedem Fortschritt
geradezu hinderlich. Auch in diesem Punkte sollte
inan den Verhältnissen, wie sie durch die politischen
Umwälzungen geworden sind, ruhig ins Auge sehen
und ohne unnötige Bedenken das trennen, was doch
in der bisherigen Horm nicht beieinander bleiben kann.
Wenn nun die Resormbewegung, durch einen
kleinen Lokalverein angeregt, vielleicht nicht mit der
gleichen Sicherheit ihren Weg geht, als ob sie von
einem der großen Lokalvereine propagiert wurde,
ihre werbende Araft ist doch so stark, daß sie ihr Ziel
erreichen wird, auch wenn harte und schwere Kämpfe
sich über die einzuschlagenden Wege und über die
Nützlichkeit einzelner Detailfragen erheben sollten.
Der in Aussicht stehende Siegespreis ist so
groß, der Nutzen, der für die deutschen Künst-
ler erlangt wird, so unschätzbar, daß man
auch scharfen Auseinandersetzungen nicht
aus dem Wege gehen darf, sondern sie ohne
Wanken und Schwanken durchfechten muß,
will man im wohlverstandenen Znteresse
Aller handeln.
Wägen sich rückschrittliche Gewalten noch so
sehr jeder Verbesserung entgegenstemmen, die natur-
gemäße Entwicklung der Dinge wird über sie zur
Tagesordnung sortschreiten.
Die ersten Widerstände, die sich der Reform
entgegenstellten, äußerten sich in der Horm „weiser
Bedenken". Diese Bedenken bezogen sich im wesent-
lichen auf zwei Punkte: Einmal wurde die Befürch-
tung ausgesprochen, daß durch die vorgeschlagenen
Reformen eine derartige Steigerung der Rotglieder-
bciträge nötig sei, daß die Rotglieder diese Beiträge
nicht inehr leisten könnten —- also austreten werden;
und zum Anderen wurde die phantastische Ansicht
laut — und es gibt leider Intelligenzen, denen der-
artige Gründe einleuchten —, daß die kleinen Lokal-
vereine es darauf abgesehen haben, sich auf Kosten
der großen Vereine Vorteile zu verschaffen, daß so
eine Art „Teilen" eingeführt werden solle. Da
diesen beiden Bedenken eine ganz eminente Wichtig-
keit beigemessen wurde, so ist es wohl angebracht, zu
prüfen, ob sie tatsächlich begründet sind, und wenn
sie es sind, in welcher Weise sie sich äußern werden.
Was die ersten beiden Bedenken betrifft, so
ist für jeden vernünftigen Wenschen ja selbstver-

ständlich, daß, wer ernten will, vorher säen muß
und daß, wenn man aus einer Einrichtung Nutzen
ziehen will, es zuerst diese Einrichtung überhaupt
zu schaffen gilt. Es handelt sich aber nicht darum,
Geld wegzuwerfen, sondern eine gute Kapitalanlage
zu treffen, und wenn es auch nur in bescheidenem
Waße gelingt, Schädlinge von den deutschen Künst-
lern abzuhalten — von positiven Leistungen ganz
zu schweigen —, so rentiert sich diese Kapital-
anlage schon ganz vorzüglich.
Zetzt werden von den Lokalvereinen pro Rot-
glied s Alk. an die Kasse der Allgenreinen Deut-
schen Kunstgenossenschast abgeliefert. Das macht
bei etwa 3000 Rotgliedern eine bescheidene Summe,
mit der eine nennenswerte Arbeit nicht geleistet
werden kann. Bei einer Steigerung des Beitrags
aus sO Alk. pro Kopf ergäbe sich aber ein ganz
bedeutender Betrag, der bei weitem nicht nötig
wäre, um die wichtigsten und dringendsten Resorm-
punkte: Besoldete Beamte, Preßorgan, Rechts-
schutz rc. in vollkommenster Weise durchzuführen.
Diese Steigerung des Beitrages, der bedeutende
Vorteile gegenüberstünden, würde aber die Wirkung
haben, daß die Allgemeine Deutsche Kunstgenossen-
schaft nicht nur keine Rotglieder verlieren, sondern
zweifellos eine große Wenge neuer Rotglieder ge-
winnen würde. Wenn nämlich die Allgemeine
Deutsche Kunstgenossenschaft wirkliche Vorteile
böte, so würden sich eine große Anzahl von
Künstlern, die bisher keiner Korporation angehören,
der Genossenschaft anschließen. Daß in der Tat
eine Erhöhung des Rotgliedsbeitrages einen Verlust
von Rotgliedern nicht zur Holge hat, im Gegenteil,
daß eine Erhöhung des Beitrages unter gleichzei-
tig e r E r h ö h u n g d e r L e i st u n g e n eine große wer-
bende Kraft zur Gewinnung neuer Rotglieder besitzt,
das sah ich vor einigen Zähren im Lokalverein
Stuttgart I. Dort wurde lange Zeit ein sehr mini-
maler Rotgliederbeitrag erhoben. Nachdem davon
der Beitrag an die Pauptkasse abgeliesert war, blieb
ein Rest übrig, mit dem nichts mehr geinacht werden
konnte. Die Rotglieder zahlten ungern, da sie keine
Vorteile hatten, die Vereinskasse blieb leer, der Verein
vegetierte. Dann wurde der Beitrag um das 2 Wsache
heraufgesetzt. Die Holge war, daß der Verein
sich jetzt an auswärtigen Ausstellungen beteiligte,
daß er anderen Rnternehmungen seine Aufmerk-
samkeit zuwenden konnte, die Kasse füllte sich und
wenigen Austritten stand eine ganze Reihe von
 
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