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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 43
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Eine Bank für Kunst und Kunstgewerbe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0589

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l^eäaktem: I)emrlck Slemback. IV. Jakrg. ^ tzelt 43. * 24. Juli 190Z.

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Der nachfolgende Aufsatz erschien vor kurzem im
Feuilleton der „Allgemeinen Zeitung" und verdient,
wegen der grundsätzlichen Bedeutung des darin ent-
wickelten Gedankens, ohne Zweifel in ganz beson-
derer Weise die Aufmerksamkeit unserer Leser. Der
Verfasser schreibt:
„Menu inan die Landwirtschaft heben will, gründet man
eine Landwirtschaftsbank; zur Förderung des Berg-- und Hütten-
wesens errichtet man Montanbanken; zur Belebung von Handel
und Industrie entsprechende Spezialbanken; die Immobilien-
geschäste finden ihren Mittelpunkt in Grundstücks- und Hypo-
thekenbanken; soll der Verkehr Deutschlands mit Gstasien ge-
fördert werden, so kommt das in Gründung einer deutsch-
ostasiatischen Bank zum Ausdruck; überall hat man gefunden,
daß die Gründung einer Spezialbank ein ausgezeichnetes Mittel
ist, als Sammelpunkt aller zur Erreichung eines bestimmten
Zweckes dienenden Bestrebungen zu dienen; haben diese Be-
strebungen erst einmal eine solche Stütze gefunden, so ergeben
sich fortwährend neue Aufgaben von selbst.
München ist die Stadt für Kunst und Kunstgewerbe;
das bayerische Herrscherhaus erachtet es seit Ludwigs t. Zeiten
mit als seine vornehmste Aufgabe, die Kunst zu fördern; die
bayerische Staatsregierung zeigt stets ein warmes Interesse
für Kunst- und Kunstgewerbeschulen und Ausstellungen; die
Stadt München ist stolz auf ihr Renomee als Kunststadt, sie
weiß, daß ihr Blühen und Gedeihen eng mit allen künst-
lerischen Bestrebungen verbunden ist.
Und doch geschieht hier zu wenig für Kunst und Kunst-
gewerbe. ,Die Kunst geht nach Brots das ist ein triviales,
aber ein wahres Mort; auch der gottbegnadete Künstler muß
für sich und seine Familie materielle Ansprüche stellen, um
so mehr, da derselbe als fein empfindender Mensch nur in
einem schönen und sorgenfreien, von häßlichen Eindrücken
freien Milieu leben möchte und sogar leben muß; wie der
Ingenieur sich am wohlsten fühlt, wenn tausend Maschinen
um ihn summen und schaffen, wie der Offizier an der Spitze
feiner Soldaten nur er selbst ist — so kann der Künstler nur
voll wirken und schaffen in einer schönen Umgebung.
Man sagt, daß jeder Mensch in seinem Leben nur so-
viel Sonnenschein und Herzenswärme von sich geben kann,
wie er in der empfänglichsten Zeit, der Jugend, eingeatmet
hat; nun wohl, der Künstler, der ewig junge, ewig schaffende,

braucht immer Schönheit um sich, wenn anders er der Ver-
künder des Schönen, Wahren und Guten fein soll.
Es ist also nicht nur die Aufgabe der in Betracht kom-
menden Faktoren, Schulen zu gründen und Ausstellungen zu
veranstalten, — der Künstler will und muß Geld verdienen;
der Künstler ist gewissermaßen ein Heimarbeiter; in feinem
Atelier, in der Stadt oder auf dem Lande, arbeitet er im
Stillen für sich, wie ein Landweber, der auf seinem Webstuhle
ein Stück Zeug in seiner Behausung herstellt; der Webers-
mann weiß aber, daß er sein Stück nach Fertigstellung in die
Fabrik abliefern kann und Geld bekommt, der Künstler weiß
dies nur in ganz seltenen Fällen; fein fertiges Bild steht in
der Ecke und wartet, bis ein gnädiger Kunsthändler sich seiner
annimmt; inzwischen kann der Künstler verhungern.
warum gründet man nicht eine Kreditbank für
Künstler, worin Bilder beliehen werden? Dies ist
geradezu eine Notwendigkeit! Aber mit dem Beleihen ist es
nicht getan, der Künstler will verkaufen.
Nun ist München und das Gebirge wohl eine günstige
Schaffensstätte, aber kein genügendes Absatzgebiet; München
ist einerseits zu wenig Handels- und Industriestadt, uud da-
her verhältnismäßig arm, andrerseits ist München selbst etwas
übersättigt mit Kunst; es erscheint daher dringend geboten,
fortwährend kleine Ausstellungen außerhalb zu veranstalten,
sowohl in bayerischen jdrovinzstädten, wie besonders auch in
reichen Industriegegenden, z. B. im Saargebiet, am Rhein,
an der Ruhr u. s. w. Aber man könnte das Absatzgebiet noch
erweitern, indem man mit den großen Schiffahrts- und Eisen-
bahngesellschaften Abkommen treffen und diesen Bilder auf
Kommission für ihre Schiffe und Eisenbahnen geben würde.
Sehr viele reiche Leute gehen entweder gar nicht in Kunst-
ausstellungen oder gehen flüchtig durch, ohne zu denken, daß
die Bilder nicht nur angesehen, sondern auch gekauft werden
sollen; im Laufe einer längeren Lisenbahnfahrt oder gar einer
zehntägigen Seefahrt ist die Sache schon anders, und das Inter-
esse kann durch Beamte der Gesellschaften, welche an dem Ver-
kauf interessiert sind, noch gefördert werden; auch die großen
Hotels in Badeorten, an der See und in den Bergen sollten
für den Bilderverkauf interessiert werden; an Regentagen kann
man sogar einmal für das oder jenes Bild eine kleine Lotterie
veranstalten; so lange die Großindustriellen und Bankdirektoren
in ihren Geschäftssorgen stecken, haben sie für die Kunst wenig
Interesse; im Urlaub aber und besonders unter dem Einfluß
der schönen Natur ist der Sinn für die Schönheit der Kunst
 
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