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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 47
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Der Delegiertentag des Verbandes Süddeutscher Kunstvereine
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0646

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft §7.

Als dritterverhandlungsgegenstand der Tages-
ordnung erfolgt die Beratung über den Antrag des
Kunstvereins Würzburg: . . . „Beschluß zu fassen,
ob eine Förderung des Ausstellungswesens durch
Verbreiterung der bestehenden Basis, sei es durch
Ausdehnung des Turnus —> Hereinziehung einer
größeren Kunststadt —, sei es durch Anschluß an
einen anderweitigen Turnus, erzielt werden könne
und ob sich die Unterbreitung dieser Angelegenheit
dem neugeschaffenen verbände der deutschen Kunst-
vereine empfehle."
Nach lebhafter Erörterung, an der sich beson-
ders die Vertreter von Würzburg, Augsburg, Nürn-
berg, Stuttgart beteiligen, wird der Antrag abge-
lehnt, weil man den bestehenden süddeutschen Turnus
nicht zu sehr ausdehnen wolle, andererseits weil
man es zur Zeit als nicht empfehlenswert ansehe,
dem neugegründeten Verbände Deutscher Kunst-
vereine in solchen Angelegenheiten näher zu treten,
der mit seinem Vororte Dresden bis jetzt habe noch
nichts von sich verlauten lassen. Dagegen wird be-
schlossen, aus weitere Verbesserung der «Dualität des
Ausstellungsmaterials entschieden hinzuwirken. Auf
Antrag Professors Stier beschließt die Versammlung
einstimmig: „Der Delegiertentag beauftragt den Vor-
ort Stuttgart, die Aufnahme-Jury möglichst streng
auszuüben, damit nur künstlerisch wirklich
gute Werke in den Turnus kommen."
Liner Anregung des Barons v. Kreß-Nürn-
berg ensprechend, mit dem Kunstverein München
wegen Beschaffung guter Bilder Münchener
Künstler für den Turnus in engere Fühlung zu
treten, wird ein vom Ratsassessor Hauber-Augs-
burg gestellter Antrag: „Zwei Herren zu beauf-
tragen, mit dem Kunstverein München deswegen in
mündliche Verhandlungen zu treten und im nächsten
Jahre einem außerordentlichen Delegiertentage über
die Ergebnisse dieser Beratungen zu berichten", an-
genommen. Als Delegierte werden Professor Stier-
Stuttgart und Professor Brochier, Direktor der
Kunstgewerbeschule, Nürnberg, mit dein Recht der
Kooptation gewählt. Beschlossen wird ferner, die
außerordentliche Delegiertenversammlung nach Nürn-
berg einzuberufen. Zum Vorort für s906/07 wird
einstimmig Stuttgart wiedergewählt. Ein von
Kommerzienrat Nister-Nürnberg gestellter Antrag,
der Vorort Stuttgart wolle eine Eingabe an die in
Betracht kommenden Eisenbahnverwaltungen richten,
um eine Ermäßigung der Frachtkosten für die
den Turnus durchlaufenden Kunstwerke zu erlangen,
wurde angenommen.
Nachdem noch hofrat l)r. Frank-Hof dem Vor-
sitzenden für die umsichtige Leitung der Versamm-
lung im Namen der Delegierten den Dank ausge-
drückt hatte und der Vorsitzende für die gastliche
Aufnahme der Stadt Augsburg und dem dortigen
Kunstverein herzlich gedankt hatte, wurde die Ver-
sammlung um s Uhr geschlossen. — Lin gemein-
schaftliches Mahl vereinigte hierauf die Delegierten,

wobei ernste und heitere Reden von Vertretern der
Stadt Augsburg und dem dortigen Kunstverein ge-
halten wurden. —
Diesem Berichte unsererseits noch einige Er-
läuterungen hinzuzufügen, möchten wir nicht unter-
lassen: Die Kritik des Delegiertentages, zunächst be-
merkt, an der bisherigen Tätigkeit des neugegründeten
Verbandes deutscher Kunstvereine wird in Dresden
gewiß nicht mit angenehmen Empfindungen ver-
merkt werden — aber ist diese Kritik unberechtigt?
wir müssen gestehen, daß es auch uns, die wir als
Zeitschrift des Verbandes gewählt worden sind,
einigermaßen in Verwunderung setzt, von einer be-
sonderen Tätigkeit des Verbandes, welche doch der er-
folgte Zusammenschluß als Schlußfolgerung ergibt,
nichts zu vernehmen. Vielleicht nimmt der Vorort
Dresden diese Gelegenheit wahr, um sich über die
möglicherweise vorhandenen Gründe dieses Ver-
haltens zu äußern.
was ferner den Beschluß des Delegiertentages
anbetrifft, darnach zu streben, die Güte der Aus-
stellungen möglichst zu heben, so liegt es, objektiv
betrachtet, in der Tat im eigensten Interesse der
Künstler, kann es ihrem künstlerischen Rufe nur
förderlich sein, haben sie in wirtschaftlicher Beziehung
ganz andere Erfolge zu erwarten, wenn sie sich
bemühen, die Ausstellung der Kunstvereine durch
Ueberlassung wertvollster Werke zu wirklich guten
zu gestalten. Man möge sich immer den Zweck
der Kunstvereine vor Augen halten, der doch ein
hoher ist. Man möge sich nicht verleiten lassen,
die Kunstvereine gleichsam als Ablagerungsplätze
zu betrachten, worüber sich die Vereine mit Recht
beklagen und mit Bedauern betonen, daß ihnen
auf diese weise eine für die Künstlerschast segens-
reiche Tätigkeit ungemein erschwert werde.
Die sodann auf die Anregung des Barons Kreß
erfolgte Beschlußfassung, betreffend die engere Füh-
lung mit der Münchener Künstlerschaft, ist im Inter-
esse dieser außerordentlich begrüßenswert. Sie hat
einerseits ihren Grund in dem Umstande, daß gerade
von München aus die Ausstellungen der süddeutschen
Kunstvereine durchschnittlich mit schwächeren Arbeiten
beschickt werden, während man von Norddeutschland
aus sich des geraden Gegenteils befleißigt. Anderer-
seits hat man offenbar den lebhaften Wunsch, durch
diesen Beschluß der Münchener Künstlerschast in wei-
testen: Maße förderlich zu sein und ihr größere, um-
fangreiche Absatzgebiete zu schaffen. Auch hier raten
wir unsere:: Freunden mit aller Entschiedenheit zu
sorgfältiger Auswahl dessen, was sie den Kunst-
vereinen anbieten. Denn die Vereine, wenn sie
auch klein sind, haben doch das aufrichtige Bestreben,
ihren Mitteln entsprechende Ankäufe zu bewerk-
stelligen, wobei noch zu bemerken ist, daß in der-
selben weise die Vereine durchaus nicht einer be-
stimmten Richtung einseitig huldigen wollen, sondern
daß das Gute in völliger Unparteilichkeit dort er-
worben werden soll, wo es sich eben findet.
 
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