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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 48
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Eine Bank für Kunst und Kunstgewerbe, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0658

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65H

Die Werkstatt der Kunst.

Heft §8.

die Bank init ihren Einnahmen auf die Ueberschüffe
angewiesen, die sie beim verkauf der Kunstwerke
über den darauf gegebenen Vorschuß hinaus nach
Deckung aller Spesen erzielt. Auch das kann gewiß
eine Gewinnquelle für sie sein. Denn wenn auch
der Hauptanspruch an dein Verkaufserlös des Kunst-
werkes, soweit er den Vorschuß übersteigt, den: be-
teiligten Künstler zusteht, so wird doch eine ange-
messene Ouote davon der Bank als Entlohnung für
ihre Tätigkeit, eventuell auch als Entschädigung für
die bisher zinslose Kapitalauslage, überlassen werden
müssen, wie aber, wenn der vielleicht nicht init
geiiügender künstlerischer Sachkenntnis ausgestattete
Leiter der Bank seinerzeit mehr an Vorschuß her-
gegeben hat, als bei der Veräußerung des Kunst-
werkes erlöst werden kann, oder wenn gar die Kunst-
werke sich als unverkäuflich erweisen sollten? Künst-
ler ersten Ranges werden ja die Bank als Vermittlerin
überhaupt nicht in Anspruch nehmen, und diejenigen,
die ihre Unterstützung nötig haben, könnten am Ende
Produkte schaffeil, für die der Markt fehlt.
Das Kapital hat aber heute so mannigfache
Gelegeilheit, Unterkunft mit ganz sicherer Aussicht auf
regelmäßige normale Verzinsung und einigermaßen
sicherer Aussicht auf erklecklicheil Nebengewinn zu
finden, daß es sich auf ein Unternehmen, welches
keiiles von beidein bietet, nicht einzulassen braucht.
Nun meint der Verfasser des Aufsatzes, es gäbe
ja schoil Bankunternehmungen für ähnliche Zwecke,
die mit unbestrittenem Erfolg tätig seien. Die ihm
dabei vorschwebenden Banken sind aber keine der
seiiligen gleichgearteten Institutionen.
Es ist richtig, daß Landwirtschaftsbanken
zu dem Zweck gegründet werden, um den Land-
wirten Kredit zu verschaffeil. Dazu findet sich jeder-
zeit das erforderliche Kapital, und zwar deshalb,
weil hier die Unterlagen für den Kredit Gegen-
stände allgemeiner Gebrauchsfähigkeit sind. Ist der
das Darlehen empfangende Landwirt für seine Per-
son nicht iil der Lage, seine Schuld zum festgesetzteil
Termin zurückzuzahlen, dann zahlt sie entweder ein
ailderer, der im Subhastationsverfahren Eigentümer
des Pfandobjektes wird, oder die Bank wird selbst
Eigentümerin eines Objektes, für das es beim ge-
wöhnlichen Verlauf der Dinge an Reflektanten nicht
fehlt. Die Bank braucht nur vor der Pergabe des
Darlehens den richtigen Maßstab an die Bewer-
tung des Objektes gelegt zu habeil, was ihr bei
soliden Beleihungsgrundsätzen gewiß keine Schwierig-
keiteil macht.
Montanbanken init der von dem Verfasser
des Aufsatzes vermuteten Bedeutung gibt es nicht.
Das Kohlensyndikat ist eine Vereinigung von Pro-
duzenten ohne Anlehnung an eine Spezialbank, deren
es deshalb nicht bedarf, weil Kohle ein Gebrauchs-
artikel ist, der einen bestimmten Marktpreis hat. Zur
Not bekäme das Kohlensyndikat seine Vorräte von
jeder Großbank anstandslos beliehen, dazu brauchte
es keine spezielle Kohlenbank.

Wenn Glasgower Warrants (bekanntlich Lager-
scheine über aufgestapeltes Roheisen) von Banken
ohne Besinnen beliehen werden, dann geschieht das
ebenfalls aus dein Grunde, weil das dein Vorschuß
als Unterpfand dienende Rohmaterial jederzeit ver-
käuflich ist, einen Marktpreis hat, der die Grenzen
des Risikos erkennen läßt. Ist das Roheisen aber
verarbeitet, dann geht ihm die Eigenschaft der jeder-
zeitigen Beleihbarkeit verloren. Auf Vorrat fertig-
gestellte eiserne Brücken, sie mögen noch so kunst-
volle Konstruktionen aufweisen, werden von keiner
Bank beliehen, weil sie kein jederzeit realisierbares
Pfandobjekt darstellen.
Ls mag wie Blasphemie klingen, aber zum
besseren Verständnis der hier beabsichtigteil Gegen-
überstellung muß es gesagt werden, daß eine Bank
eher noch die unbemalte Leinwand beleihen könnte,
als das auf ihr dargestellte Kunstwerk, weil sie sich
aus echterer innerhalb der voll ihr bei der Beleihung
eingehaltenen Wertgrenzen jederzeit bezahlt machen
kann, aus letzterem nur, wenn sich ein Liebhaber
dafür findet.
Das ist der rein banktechnische Standpunkt, dessen
Anwendung anscheinend hart klingt, für eine so ideale
Sache, wie es die Kunst ist, aber nützlich ist zur Ver-
hinderung voll Enttäuschungen.
Zu demselben Gegenstände schreibt der „All-
gemeinen Zeitung" der Vorsitzende des Münchener
Kunstvereins Graf v. Moy noch folgendes:
?^ie Gründung einer „Bank für Kunst" scheint
mir ein sehr schwieriges Unternehmen unter anderem
auch deshalb, weil die Werte stetem Wechsel unter-
worfen sind; — eine „Bank für Kunstgewerbe"
schiene mir eher lebensfähig; doch glaube ich, daß
hier — wie bei Landwirtschaftsbanken — nur die
großeil Unternehmungen wirklicheil Nutzell zieheil
würden. Ich muß mich also in dieser Frage einer
sehr pessimistischen Ansicht hingeben, dennoch würde
es mich freuen, wenn ich darin irreil würde, denn
ich finde es vor allem höchst begrüßenswert, wenn
bei uns auf jede Art möglichst zahlreiche Kreise
zur Ueberzeuguilg gebracht werden, daß wir der
vieleil Kunst, die uns geboteil wird, in finanzieller
Weise beizuspringen schuldig sind.
Es gibt gerade iil Süddeutschland noch immer
wohlhabende Leute, die die Vorteile der Kunst iil
ihrer ganzen Mannigfaltigkeit gern genießeil, ohne
daran zu denken, daß sie sich hierdurch den Künstlern
verpflichteil. pierwegeil ist es sehr verdienstlich,
wenn die Zeitungen unermüdlich dahin wirkeil, daß
noch durch viel regereil Ankauf von Kunstwerken
wie durch künstlerische Ausgestaltung der Wohnungen
unseren braveil Künstlern jene Lebensbedingnngen
geschaffen werden möchten, deren sie bedürfeil, um
sich ihrer Kunst entsprechend hingeben zu können.
In diesem Sinne sind die Artikel über „Grün-
dung einer Bank" u. s. w. schoil an sich nützlich; —
auch ist der darin enthaltene Gedanke ausgezeichnet,
„es möchten die Absatzgebiete für Kunstwerke durch
 
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