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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 4.1904/​1905

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Heft 52
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Aus dem heiligen Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.42122#0713

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steäaktem: tzemrick Sleiuback.

IV. Zlakrg. ^ Heit Z2. ^ 2Z. Sepl. 190Z.

In diesem r^eile unserer Leitscbritt erteilen wir jedem Künstler das freieMort. Mir sorgen dafür. dar tunlichst keinerlei
Angriff« auf Personen oder Genossenscksften abgedruckt werden. okne dass vorder der Angegriffene die MLgiicl'keit gekabt
Kälte. in demselben IZefte zu erwidern. Oie kedaktion kalt sidt vollständig unparteiisdi und gibt durd» den Abdruck keineswegs
- eine Oebereinstimmung rnit den aus diese Meise vorgetragenen Meinungen zu erkennen. .

)Ius äem keiligen Köln.

Kaum ist das Mainzer Jammergeschrei über
ein ill der Darmstädter Gartenbau-Ausstellung zu
sehendes „gewisses Etwas" zu unseren Mhren ge-
drungen (siehe „w. d. K." Heft 5s), so hören wir
schon wieder von einer Rettung der Sittlichkeit in
den Nheinlanden. Das Verdienst dieser neuesten
großeil Tat gebührt dem heiligen Köln.
Dort hat in diesen Tageil Herr Nich. Leus bei
eineil neuen Kunstausstellungssalon eröffnet, Herr
Lenobel ließ es sich viel Geld und Mühe kosten, sein
Ausstellungslokal auf das würdigste auszustatten und
den Kölnern gute Bilder vorzuführen. Um zu An-
kündiguugs- und Bekanntmachungszwecken seines
neueil Unternehmens als Plakat ein entsprechendes
Kunstwerk zu erhalten, setzte sich Herr Lenobel mit
dem Maler, Herrn Hans Deiters in Düsseldorf
in Verbindung, welcher ein Kunstblatt schuf, dar-
stellend, wie unsere Abbildung zeigt, eine weibliche
Idealfigur und zwar eineil Halbakt, mit der Palette
in der Linken, ein schlankes Venusfigürchen in der
Rechten haltend, gedacht als Personifizierung der
hohen Kunst. Die ganze Arbeit, ein vortrefflicher
Kunstdruck nach einer Steinzeichnung, atmet höchsteil
sittlichen Ernst; ein Blick auf das Antlitz der Figur
sagt sdem Kunstfreuud alles. Der Tag kam, an
welchem diese schöne Arbeit als Plakat öffentlich
angeschlagen werden sollte, was geschieht indes
zur höchsten Ueberraschung der Herren Deiters und
Lenobel?
Herr Lenobel erhielt folgende Brieslein, das
erste datiert vom 5 s. August:
„Nach Benehmen mit dem stellvertretenden Vorsitzen-
den unserer Gesellschaft (in Abwesenheit des ersten Vor-
sitzenden) teile ich Ihnen ergebenst mit, daß ich den An-
schlag Ihrer Plakate an die öffentlichen Plakatsäulen und
-Tafeln nicht übernehmen kann, von einer Rücksprache
mit dem Polizei-Präsidenten sehe ich deshalb ab.
pochachtend
Plakaten-Gesellschaft Kölner Buchdrucker.
Der Geschäftsführer: Oust. Leclltolä,
Brückenstraße 6."
Das zweite vom 6. September uud zwar dieses
Inhalts:
„ . . . . vorige Woche sandte Herr Gust. Bechtold,
der Geschäftsführer der Plakaten-Gesellschaft, seinen Ver-
treter, Herrn Schmidt, zu mir. Dieser wies mir Ihr Plakat
vor mit dem Bemerken, daß Herr Bechtold Bedenken trage,
dasselbe an den öffentlichen plakatentafeln ankleben zu


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5V kA. 1 /N.

lassen. Ich teilte ihm mit, daß auch ich der Auffassung
sei, daß dieses Bild, welches eine bis auf den Gürtel
nackte Frauenfigur darstelle, nicht zur Plakatierung geeignet
sei. Es sei zweifellos, daß dasselbe in weiten Kreisen Kölns
erheblichen Anstoß erregen würde, da es an den plakaten-
säulen und -Tafeln den Kindern und in den Lntwicklungs-
jahren stehenden jungen Mädchen und jungen Leuten
zwingend vor Augen trete. Wenn eine derartige, künst-
lerisch aufgefaßte Figur in einem Museum oder in einem
nur gegen Eintrittsgeld zugänglichen Kunstsalon ausge-
stellt würde, könne wohl ein Linwand dagegen nicht er-
 
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